Schimpanse im Regenwald
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Afrika

Mineralienabbau gefährdet Menschenaffen

Das rasche Wachstum sauberer Energietechnologien führt zu einem Nachfrageboom nach wichtigen Mineralien wie Kupfer, Lithium, Nickel und Kobalt. Die Abkehr von fossilen Brennstoffen gilt als essenziell, um die Folgen der Erderwärmung abzufedern – gleichzeitig stellt der Bergbau zur Gewinnung der kritischen Mineralien eine ernsthafte Bedrohung für die biologische Vielfalt dar. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass bis zu einem Drittel der afrikanischen Menschenaffen bedroht sind.

„Afrika erlebt einen beispiellosen Bergbauboom, der Wildtierpopulationen und ganze Ökosysteme bedroht“, schreiben die Forscher in der am Mittwoch in „Science Advances“ veröffentlichten Studie. „Afrika verfügt über rund 30 Prozent der weltweiten Bodenschätze, doch weniger als fünf Prozent des Mineralienabbaus finden in Afrika statt, was das enorme Wachstumspotenzial dieses Sektors verdeutlicht.“

Doch der Bergbau führe zur Abholzung von tropischem Regenwald. Hinzu kämen weitere Auswirkungen wie der Bau von Straßen, die Ansiedlung von Menschen in bisher nicht bewohnten Gebieten, Jagd und die mögliche Übertragung von Krankheiten. Schätzungsweise 180.000 Gorillas, Bonobos und Schimpansen, heißt es in der Studie, seien in ihrem Lebensraum bedroht. Zudem müssten die Bergbauunternehmen ihre Biodiversitätsdaten derzeit nicht offenlegen, das wahre Ausmaß der Gefahr für die Biodiversität und insbesondere die Menschenaffen könnte somit noch höher sein.

Vom Aussterben bedroht

Primaten zählen schon jetzt zu den am stärksten bedrohten Artengruppen: 67 Prozent aller Primatenarten werden derzeit von der Roten Liste der bedrohten Arten der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur (IUCN) als bedroht eingestuft, bei 42 Prozent ist ein anhaltender Rückgang der Bestände zu verzeichnen. Menschenaffen sind besonders gefährdet, alle 14 Unterarten sind derzeit entweder als gefährdet oder vom Aussterben bedroht gelistet.

Gorillas im Regenwald
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Gorillas zählen zu den am meisten bedrohten Tierarten überhaupt, die Zerstörung ihrer Lebensräume ist einer der Hauptgründe

Das Forschungsteam des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Naturschutzorganisation Re:wild nutzte für die Studie Daten zu Abbaustätten in 17 afrikanischen Ländern, die entweder bereits in Betrieb genommen worden sind oder derzeit erschlossen werden. Dabei glich es die Orte dieser Bergbaustätten mit den Lebensräumen von Menschenaffenpopulationen ab, wobei sie davon ausgingen, dass Tiere in einem Umkreis von zehn Kilometern direkt betroffen seien, in einem Umkreis von 50 Kilometern indirekt.

Menschenaffen in Westafrika am stärksten betroffen

Die stärksten Überlappungen zwischen einer hohen Dichte von Affen und Bergbaugebieten – inklusive der 10-km- und 50-km-Pufferzonen – fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den westafrikanischen Ländern Liberia, Sierra Leone, Mali und Guinea. Besonders stark überlappten Bergbau und der Lebensraum von Schimpansen in Guinea. Hier könnten mehr als 23.000 Schimpansen oder bis zu 83 Prozent der Affenpopulation Guineas direkt oder indirekt von Bergbauaktivitäten betroffen sein.

Die kritischsten Gebiete – jene, in denen sich eine hohe Dichte von Menschenaffen und gleichzeitig starke Bergbauaktivitäten finden – seien im Allgemeinen nicht geschützt. „Die Tatsache, dass Daten zu Bergbauprojekten kaum offengelegt werden, beeinträchtigt unser wissenschaftliches Verständnis davon, welchen Einfluss Bergbau wirklich auf die Menschenaffen und ihren Lebensraum hat“, hielt Erstautorin Jessica Junker fest. Junker arbeitet bei Re:wild und leitete die Studie während ihrer Zeit bei iDiv und an der MLU.

Arbeiter in einer Kupfer-Kobalt-Mine in der Demokratischen Republik Kongo
Reuters/Kenny Katombe
Malochen für die Energiewende: Arbeiter in einer Kupfer-Kobalt-Mine in der Demokratischen Republik Kongo

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten auch mögliche Überschneidungen von Bergbaugebieten und kritischem Lebensraum generell – also von Gebieten, die essenziell für ihre einzigartige Biodiversität sind, unabhängig von den Menschenaffen. Hier verzeichneten die Forschenden eine Überlappung von 20 Prozent. Die indirekten und langfristigen Auswirkungen des Bergbaus seien nur schwer mit Zahlen zu belegen, sind diese doch oftmals noch lange nach dem eigentlich Abbauzeitraum nachweisbar. Diese Risiken werden von den Bergbauunternehmen jedoch nur selten berücksichtigt oder gar abgemindert, heißt es in der Zusammenfassung der Studie.

Ausgleichsmaßnahmen kaum treffsicher

Die entsprechenden Kompensations- bzw. Ausgleichsmaßnahmen basieren dann auf einer Abschätzung der Auswirkungen, die nach Meinung der Forschenden häufig ungenau sind und zu gering angesetzt werden. Zudem sind solche Ausgleichsmaßnahmen lediglich für die Dauer des Bergbauprojektes ausgelegt (meist ca. 20 Jahre), wohingegen die Auswirkungen auf die Menschenaffen oft dauerhaft sind.

„Die Abkehr von fossilen Brennstoffen ist für das Klima richtig und wichtig. Sie muss aber in einer Art und Weise erfolgen, die die Biodiversität nicht aufs Spiel setzt. In der jetzigen Form könnte sie sogar unseren Umweltzielen abträglich sein“, hielt Junker fest. „Unternehmen, Kreditgeber und Staaten müssen anerkennen, dass es manchmal für die Eindämmung des Klimawandels und die Vermeidung zukünftiger Epidemien von größerem Nutzen sein kann, einige Gebiete unangetastet zu lassen.“