„Posterboy“ wider Willen: 30. Todestag von Kurt Cobain

Er und seine Band Nirvana sind „Posterboys“ einer ganzen Generation gewesen – eine Rolle, mit der sich Sänger Kurt Cobain in seiner kurzen Karriere immer weniger zurechtgefunden hat. Er zerbrach an der plötzlichen kommerziellen Vereinnahmung seiner Hoffnungslosigkeit. Abgerutscht in den Drogensumpf, setzte er sich vor genau 30 Jahren, am 5. April 1994, die Schrotflinte an den Kopf.

Nirvana wurde 1987 von Cobain und Krist Novoselic (Bass) in Aberdeen im US-Staat Washington gegründet. Die erste LP „Bleach“, ein hartes und sprödes Album zwischen Punk und Industrial Rock, blieb zunächst nur Kennern vorbehalten. Mit Dave Grohl an den Drums und Butch Vig als Produzenten gelang dem Trio der Durchbruch: Die Single „Smells Like Teen Spirit“ trat im Herbst 1991 ihren Siegeszug an. Die Plattenfirma Geffen spekulierte vor Veröffentlichung des Albums „Nevermind“ mit 250.000 verkauften Tonträgern – 30 Millionen sollten es bis heute werden.

Kurt Cobain
IMAGO/Joe Giron

Wende in der Popindustrie

Wenige Jahre zuvor hätte die Plattenindustrie „Nevermind“ wohl als zu sperrig und nicht verkäuflich abgelehnt. Nirvana verband harten Rock mit Punk und durchaus poppige Ansätze mit düsteren Klängen, mit Texten voll Wut, Depression und Selbstzweifeln.

Die Veröffentlichung markierte eine Wende in der Popindustrie: Nicht mehr das Glatte, sondern das Kompromisslose und Abweichende wurde zum Verkaufsschlager. Der vorgeblich authentische Underground wurde zum neuen Mainstream, die Rebellion salonfähig. Ebenfalls 1991 prägte Douglas Coupland in seinem gleichnamigen Buch den Begriff der „Generation X“, der ersten Generation seit Kriegsende, bei der sich das Versprechen eines ökonomischen Aufstiegs nicht mehr einzulösen schien – und die in Nirvana ihr Sprachrohr sah.

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Angekündigtes Ende

Als „zu poliert“ urteilte Cobain später die „Nevermind“-Produktion ab. Das Nachfolgealbum „In Utero“ klang dann auch deutlich kantiger. In „Rape Me“, das die Akkordfolge von „Smells Like Teen Spirit“ zitiert, sang er gegen den Erfolg an. Die Single-B-Seite „I Hate Myself and Want to Die“ sprach eine noch deutlichere Sprache.

Die Europatour zu „In Untero“ brachen Nirvana nach einer Überdosis von Cobain in Rom im März 1994 ab, dieser begab sich in den USA in eine Entzugsklinik. Aus der sollte er sich rund einen Monat später absetzen. Unter Heroineinfluss beging er Suizid. Er hinterließ Ehefrau Courtney Love, einst Sängerin der Band Hole und mittlerweile Schauspielerin, Tochter Francis Bean Cobain, die heute bildende Künstlerin ist, – und ein Werk aus nur drei Alben, das nach wie vor als bahnbrechend gilt.

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