Israelische Sicherheitskräfte in Jerusalem
AP/Ohad Zwigenberg
Vergeltungsdrohung des Iran

USA und Israel in Alarmbereitschaft

Nach dem mutmaßlich von Israels Armee durchgeführten Luftangriff auf ein Gebäude der Botschaft des Iran in Damaskus mit mehreren Toten erwarten die USA einen iranischen Vergeltungsschlag. Der Sender CBS berichtete am Freitag unter Berufung auf US-Regierungsvertreter, dass das Ziel und der Zeitpunkt des erwarteten Angriffs zwar unbekannt seien, man aber davon ausgehe, dass eine Attacke auf eine diplomatische Einrichtung Israels bis zum Ende des Ramadan nächste Woche denkbar sei.

Beim Sender CNN hieß es unter Berufung auf einen hochrangigen US-Regierungsvertreter, die USA bereiteten sich mit Hochdruck auf einen „erheblichen“ iranischen Angriff in der nächsten Woche vor. Diese Annahme werde auf israelischer Seite geteilt – auch dort liefen entsprechende Vorbereitungen. Der Angriff könne „auf unterschiedliche Weise verlaufen“, hieß es. Auch die israelische Seite halte einen Angriff für unvermeidlich, berichtete CNN.

Der US-Sender CBS berichtete unter Berufung auf US-Regierungsvertreter über Geheimdienstinformationen, wonach der Iran einen Angriff mit Drohnen und Marschflugkörpern plane. Die Frage sei, ob diese von iranischem Gebiet oder eher aus dem Irak oder aus Syrien losgeschickt würden. Die Angaben aus den Berichten ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Bericht: Auch Iran in höchster Alarmbereitschaft

Am 1. April waren bei einem Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus zwei Brigadegeneräle und fünf weitere Mitglieder der mächtigen Revolutionsgarden getötet worden. Das iranische Außenministerium und die US-Regierung gehen davon aus, dass Israel den Angriff ausgeführt hat. Von israelischer Seite wurde der Vorfall nicht kommentiert.

Der iranische geistliche Führer Ajatollah Ali Chamenei drohte mit Vergeltung. „Das boshafte Regime wird durch unsere tapferen Männer bestraft werden“, sagte das Staatsoberhaupt einen Tag nach dem Luftangriff. Die „New York Times“ („NYT“) zitierte am Freitag zwei namentlich nicht genannte iranische Beamte, wonach das Land seine Streitkräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt hat.

Getöteter General beigesetzt

Einer der getöteten iranischen Brigadegeneräle, Mohammed Resa Sahedi, wurde am Samstag in seinem Geburtsort Isfahan im Zentraliran beigesetzt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA nahmen Tausende Menschen an der staatlich organisierten Beisetzung des hochrangigen Mitglieds der iranischen Revolutionsgarden (IRGC) teil.

Trauerzug für die durch einen israelischen Luftschlag in der syrischen Hauptstadt Damaskus getöteten Angehörigen der Islamischen Revolutionsgarden in Teheran
Reuters/WANA/Majid Asgaripour
Trauerzug für die in Damaskus getöteten Angehörigen der Revolutionsgarden in Teheran

Der iranische Generalstabschef Mohammed Bagheri sagte nach der Beisetzungszeremonie: „Die Ermordung von General Sahedi und seiner Kameraden war ein Selbstmordakt Israels und wird den Zerfall dieses Regimes beschleunigen.“ Für den Angriff in Damaskus machte Bagheri auch die USA als engen Verbündeten Israels verantwortlich. „Die USA tragen die Hauptverantwortung für den Damaskus-Angriff und müssen daher Rechenschaft ablegen“, so Bagheri laut Nachrichtenagentur Tasnim.

Israel droht mit Konsequenzen

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drohte für den Fall einer Attacke des Iran auf sein Land mit Konsequenzen. „Wir werden wissen, wie wir uns zu verteidigen haben, und wir werden nach dem einfachen Prinzip handeln: Wer immer uns schadet oder plant, uns zu schaden, dem werden wir auch schaden“, sagte Netanjahu am Donnerstagabend.

Angesichts der Sicherheitslage hat Israel Urlaube in allen Kampfeinheiten zeitweilig gestoppt. Israels Armee kündigte zudem die Mobilisierung von Reservisten der Raketenabwehr an. Auch störte die Armee das Positionsbestimmungssystem GPS in Israel, um „Bedrohungen zu neutralisieren“. Israelische Medien werteten das als Verweis auf die Drohungen aus dem Iran.

Bericht: Biden bittet Gaza-Vermittler um Druck auf Hamas

Die Gefahr eines militärischen Konflikts mit dem Iran überschattet die Bemühungen der USA, an diesem Wochenende in Kairo einen Durchbruch bei den ohnehin schwierigen indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und Freilassung von Geiseln im Gaza-Krieg zu erzielen.

US-Präsident Joe Biden bat Medienberichten zufolge den Emir von Katar, Scheich Mosa Nasser Al Missned, und den ägyptischen Staatspräsidenten Abdel Fattah al-Sisi in Briefen darum, Druck auf die Hamas auszuüben, damit die Terrororganisation einem Abkommen zur Freilassung israelischer Geiseln zustimmt. Auf dem Tisch liege ein Vorschlag, der eine sechswöchige Feuerpause und die Freilassung von 40 Geiseln vorsehe, berichtete das Nachrichtenportal Axios in der Nacht auf Samstag unter Berufung auf einen ranghohen US-Beamten.

Hochrangiges Treffen

Um den indirekten Verhandlungen zum Durchbruch zu verhelfen, solle CIA-Direktor William Burns in der ägyptischen Hauptstadt mit dem Chef des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad, David Barnea, sowie Katars Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani und dem ägyptischen Geheimdienstminister Abbas Kamel zusammentreffen.

Seit Wochen vermitteln die USA, Katar und Ägypten zwischen Israel und der Hamas, um eine Feuerpause und einen Austausch der am 7. Oktober 2023 aus Israel verschleppten Geiseln gegen palästinensische Häftlinge zu erreichen. Knapp 100 Entführte in der Gewalt der Hamas dürften nach israelischen Schätzungen noch am Leben sein.

Zu den Geiseln, die gemäß vorliegendem Abkommen freigelassen werden sollen, gehörten israelische Soldatinnen und andere Frauen, Männer im Alter von über 50 Jahren sowie Männer in kritischem Gesundheitszustand, schrieb der gewöhnlich gut unterrichtete israelische Journalist Barak Ravid in seinem Axios-Bericht.

Druck auf Netanjahu

Im Gegenzug würde Israel rund 700 in Israel inhaftierte Palästinenser freilassen, darunter etwa 100, die lebenslange Haftstrafen wegen der Ermordung von Israelis verbüßen, hieß es weiter. US-Präsident Biden hatte Israels Regierungschef Netanjahu in einem Telefonat am Donnerstag aufgefordert, „unverzüglich“ ein Abkommen zu schließen, um die Geiseln zurückzuholen.