Spionageskandal: Karner verspricht „lückenlose Aufklärung“

Nachdem im Spionageskandal rund um den in U-Haft befindlichen Ex-Staatsschützer Egisto Ott zuletzt weitere Details rund um die Weitergabe geheimer Informationen an den russischen Geheimdienst ans Licht gekommen sind, hat Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“ in der Affäre eine „lückenlose und restlose Aufklärung“ versprochen.

Die Ermittlungen zu den „schwerwiegenden Vorwürfen“ seien „voll im Gange“, sagte der Innenminister. Welche Informationen etwa der russische Geheimdienst mit den weitergegebenen Handys österreichischer Spitzenbeamter bekommen habe, wollte Karner mit Verweis auf laufende Ermittlungen nicht sagen.

„Hohe kriminelle Energie“

Versäumnisse des Innenministeriums in der Vergangenheit wollte Karner nicht erkennen: Die Polizei habe „massiv ermittelt“, der etwa 100-seitige Haftbefehl unterstreiche das, so Karner. Zum Umstand, dass Ott trotz zweier Suspendierungen und einer U-Haft weiter Informationen für Russland sammeln konnte, verwies Karner auf die Aufhebung der Suspendierung durch das Bundesverwaltungsgericht („Das ist nun einmal das Dienstrecht“). Zudem gab Karner zu bedenken, dass „in diesem Fall eine hohe kriminelle Energie da“ sei, was „intensive Ermittlungen“ nötig mache.

Durch Razzia war BVT „ein Jahr blind“

Einmal mehr verwies der ÖVP-Minister in der Schuldfrage auf FPÖ-Chef und Ex-Innenminister Herbert Kickl. Dieser habe das BVT, den damaligen Staatsschutz, mit der rechtswidrigen Hausdurchsuchung „zertrümmert“, wodurch man international „ein Jahr blind gewesen“ sei. Karner verwies auf den (damals noch aufrechten) Freundschaftsvertrag der FPÖ mit der Wladimir-Putin-Partei „Geeintes Russland“, auch diese Dinge müsse man „lückenlos aufklären“.

Karner sieht keine Verantwortung bei ÖVP

Eine Verantwortung bei der ÖVP – die jahrzehntelang das Innenministerium führte – wollte Karner mit Verweis auf den nun existenten Haftbefehl nicht sehen. „Viele Maßnahmen wurden gesetzt, um Spionage zu verhindern“, so Karner. Nun seien alle dafür verantwortlich, für Aufklärung zu sorgen. Dass die ÖVP die Razzia unterstützt habe, wollte Karner nicht gelten lassen: „Eine Partei unterstützt keine Hausdurchsuchung“, es seien Entscheidungen von Behörden gewesen.

„Moderne Möglichkeiten“ für Ermittlungen gefordert

Die BVT-Nachfolgerin Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) genieße nun wieder internationale Beachtung, wichtig sei, dass man neue Mittel für Ermittlungen bekomme, so Karner. Sinnvoll sei ein Gesamtpaket. Wenn man etwa sage, man wolle Strafen im Bereich Spionage verschärfen (wie das das Justizministerium zuletzt forderte), dann müsse man auch „neue moderne Möglichkeiten“ für die Ermittlungen bekommen, so Karner. Er verwies auf eine Überwachung der Internettelefonie, wogegen sich die Grünen sperren.

Der Kampf gegen russische Desinformation sei auch eine gesellschaftliche Aufgabe, so Karner. Es gelte zu hinterfragen, was man „liest, hört oder sieht“. Bei Schutzmaßnahmen gegen Cyberangriffe gebe es aber generell „Luft nach oben“, gestand Karner ein.

SPÖ: ÖVP mitverantwortlich

Kritik an Karners Aussagen kam von der SPÖ: „Die ÖVP hat die katastrophalen Zustände, unter denen das Marsalek-Netzwerk mit Ott und Weiss (Martin, Ex-BVT-Spionagechef, Anm.) im BVT operieren konnte, zu verantworten. Karl Nehammer hat damals als Generalsekretär die Zerstörung des BVT durch Kickl unterstützt, und heute will Karner nichts mehr davon wissen“, sagte SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner.

„Überwachungsplänen“ von Bundeskanzler Karl Nehammer und Karner erteilte Einwallner eine „klare Absage“: „Die ÖVP kann offensichtlich nicht mehr klar denken. Nachdem eine enorme Sicherheitslücke im ehemaligen Nachrichtendienst öffentlich geworden ist, ist das Erste, was der ÖVP einfällt: Wir wollen in die Handys der Österreicher reinschauen können.“ Die ÖVP mache Kickl damit gleich das „nächste Angebot“ und wolle gemeinsam mit der FPÖ wieder die Österreicher und Österreicherinnen überwachen.

FPÖ: Abwälzen der Verantwortung „unglaubwürdig“

Die FPÖ wies die Vorwürfe in ihre Richtung zurück: „Die ÖVP agiert derzeit nach dem bekannten Sprichwort ‚Der Dieb schreit: Haltet den Dieb!‘“, so FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer in einer Aussendung. Die „ÖVP-Versuche“, die eigenen Verantwortlichkeiten auf die Freiheitlichen abzuwälzen, seien „unglaubwürdig und durchschaubar“: „Der Innenminister kann diesen Skandal nicht von sich und seiner Partei abkoppeln. Der Hauptverdächtige in dieser Causa machte unter ÖVP-Innenministern Karriere und konnte anscheinend sogar weitermachen, obwohl bereits der Spionageverdacht evident war“, sagte Amesbauer.

Auch die mutmaßlichen Verbindungen zu den „Wirecard-Kompagnons (Jan, Anm.) Marsalek und (Markus, Anm.) Braun“ würden zur ÖVP führen. „Ersterer dinierte im Jahr 2017 nachweislich mit dem damaligen Innenminister (Wolfgang, Anm.) Sobotka in der österreichischen Botschaft in Moskau, zweiterer ging als Mitglied des ‚Think Austria‘-Beratungsgremiums unter Sebastian Kurz im Kanzleramt ein und aus.“