Der neue slowakische Präsident Peter Pellegrini schüttelt dem Premier Robert Fico die Hand
AP/Denes Erdos
Nach Präsidentenwahl

Slowakei bleibt weiter auf autoritärem Kurs

Klarer als erwartet hat am Samstag der slowakische Parlamentspräsident Peter Pellegrini die Stichwahl um das Präsidentenamt für sich entschieden. Mit seinem Sieg stimmte die Slowakei auch für die Fortsetzung des autoritären und russlandfreundlichen Kurses von Ministerpräsident Robert Fico (Smer). Der EU dürfte es außerdem Sorgen bereiten, dass Pellegrini nach seinem deutlichen Wahlsieg die „nationalen Interessen der Slowakei“ betonte.

Der 48-Jährige kommt nach Auszählung fast aller Wahlzettel auf gut 53 Prozent der Stimmen. Expertinnen und Experten hatten damit gerechnet, dass das Rennen zwischen Pellegrini und dem prowestlichen Diplomaten Ivan Korcok noch enger wird. Korcok erhielt in der Stichwahl über 1,2 Millionen Wählerstimmen, laut dem offiziellen Endergebnis um 165.000 weniger als Pellegrini.

Entscheidend für den Wahlausgang war die rekordhohe Wahlbeteiligung von 61,14 Prozent, analysierten Beobachter. Peter Pellegrini habe ein sehr starkes Mandat erhalten, hieß es. Der Triumph des Sozialdemokraten dürfte auch Auswirkungen auf den außenpolitischen Kurs des EU- und NATO-Landes haben, das im Osten an die von Russland angegriffene Ukraine grenzt.

Während sein unterlegener Kontrahent Korcok stets für eine entschlossene militärische Unterstützung der Ukraine eintrat, mahnte Pellegrini im Wahlkampf zur Vorsicht bei Waffenlieferungen, damit die Slowakei nicht in den Krieg hineingezogen werde. Zudem machte er bereits vorab deutlich, dass Kiew sich aus seiner Sicht auf Friedensgespräche mit dem russischen Aggressor einlassen solle.

„Pellegrini hat Krieg zum Wahlkampfthema gemacht“

ORF-Korrespondentin Andrea Kandioler-Kiml analysiert, wie Peter Pellegrini die Stichwahl um das Präsidentenamt in der Slowakei für sich entscheiden konnte. Das Thema Krieg machte er zum zentralen Wahlkampfthema.

Aufwind für Ficos Politik

Kurz nach Mitternacht bedankte sich Pellegrini bei seinen Wählerinnen und Wählern sowie Anhängerinnen und Anhängern. „Es ist für mich eine große Verpflichtung, eine gewaltige Ehre“, meinte er. Nach allem, was er im Wahlkampf einstecken habe müssen, zugleich aber auch eine große Genugtuung, fügte er hinzu. An seiner Seite stand bei der Dankesrede auch der linkspopulistische Ministerpräsident Fico. Es habe sich gezeigt, dass ein Großteil eine Fortsetzung dieser Politik wünsche, kommentierte er die Ergebnisse.

Diese bedeuten auch weiteren Aufwind für Fico, der mehr Kontrolle über die Medien, eine Aufweichung der Antikorruptionsgesetze und weniger Hilfe für die Ukraine anstrebt. Und es zeigt auch, dass die regierungskritischen Proteste auf den Straßen und der Widerstand eines Teils der bürgerlichen Gesellschaft, der liberalen Opposition und Medien nicht die Gesamtstimmung im tief polarisierten EU- und NATO-Land Slowakei widergespiegelt haben.

Proteste gegen die Regierung in Bratislava am 15. März
AP/TARS/Jaroslav Novak
Die regierungskritischen Proteste in der Slowakei scheinen dem designierten Präsidenten Pellegrini nicht geschadet zu haben

Umstrittene politische Entscheidungen

Fico hatte die staatliche Militärhilfe an das Nachbarland Ukraine zur Verteidigung gegen Russland gestoppt, weil diese nur eine Fortsetzung des Krieges bedeute, während er für Frieden sei, argumentierte er. Der Ukraine-Kurs war auch ein wichtiges Thema im Wahlkampf um den Präsidentenposten.

Zudem tauschte Fico die Leitung der Polizei und wichtiger staatlicher Behörden aus und leitete im vergangenen Dezember eine umstrittene Justizreform in die Wege, in der die liberale Opposition wie auch die EU-Kommission eine Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in der Slowakei sehen.

Auf Antrag der scheidenden Präsidentin Zuzana Caputova hin setzte das Verfassungsgericht Teile der Reform inzwischen vorläufig außer Kraft. Jüngst werden Fico und seiner Regierung auch Angriffe auf die Pressefreiheit vorgeworfen. Das Oppositionslager befürchtet, dass Pellegrini als Präsident nur der verlängerte Arm Ficos im Präsidentenpalast sein werde.

Abspaltung von Smer 2020

Pellegrini gehört mit der von ihm gegründeten Partei Hlas (dt. Stimme) zur Dreiparteienkoalition unter der Führung Ficos. Von dessen Smer-Partei hatten sich Pellegrini und Gleichgesinnte 2020 auch deshalb abgespalten, weil Fico immer nationalistischer agierte und Korruptionsverdacht in seinem Umfeld nach dem international beachteten Mord am Investigativjournalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter 2018 zu Massenprotesten und zum Rücktritt Ficos führte.

Pellegrini übernahm daraufhin auch vorübergehend das Amt des Regierungschefs. Zuvor wurde er 2014 zum Parlamentspräsidenten ernannt. Nach der Parlamentswahl im Herbst 2023 hatte Pellegrini darauf verzichtet, selbst die Führung eines Regierungsbündnisses aus liberalen und konservativen Parteien gegen Wahlsieger Fico zu übernehmen. Weil er mit diesen Partnern nicht seine Vorstellung eines starken Sozialstaats hätte verwirklichen können, trat er lieber in eine Koalition mit Fico ein.

Kritikerinnen und Kritiker werfen Pellegrini vor, seitdem auch seine klar prowestlichen außenpolitischen Positionen an die Koalitionspartner angepasst zu haben. Das betrifft vor allem Waffenlieferungen an die Ukraine, die er im Unterschied zu Fico und der SNS ursprünglich befürwortet hatte.

Kritik an Wahlkampftaktik

Der unterlegene Korcok gestand seine Niederlage ein, kritisierte dabei aber zugleich die Wahlkampftaktik des Regierungslagers heftig. Nicht nur habe sich erwiesen, „dass man Präsident werden kann, indem man Hass verbreitet“. Man könne auch gewinnen, wenn man den anderen zum „Kandidaten des Krieges“ mache, erklärte er in Anspielung auf das von Regierungspolitikern verbreitete Narrativ, dass Korcok als Präsident die Slowakei in den Krieg im Nachbarland Ukraine hineinziehen würde.

Der unterlegene slowakische Präsidentschaftskandidat Ivan Korcok bei seiner Rede
Reuters/Eva Korinkova
Der liberale Ivan Korcok gestand Samstagabend seine Niederlage ein, sparte dabei jedoch nicht mit Kritik

Faktisch hat der Präsident in der Slowakei überwiegend repräsentative Aufgaben. Seine Bedeutung steigt aber – wie in Österreich – in Krisenzeiten. Er kann etwa ein Expertenkabinett nach seinen Vorstellungen einsetzen, wie es Caputova nach dem Sturz der rechtskonservativen Regierung Eduard Hegers im Vorjahr getan hatte.

Sie selbst wollte sich nicht mehr für eine zweite Amtszeit bewerben, auch wegen häufiger Verbalattacken des Regierungslagers gegen sie und ihre Familie. Die Amtszeit der aktuellen Präsidentin läuft am 15. Juni aus. Dann legt Pellegrini seinen Amtseid als neuer Präsident der 5,4 Millionen Slowakinnen und Slowaken ab.

Van der Bellen gratuliert

Bundespräsident Alexander Van der Bellen gratulierte Pellegrini zum Wahlsieg. „In diesen herausfordernden Zeiten wird (eine konstruktive Kooperation, Anm.) der Schlüssel sein, um die exzellenten Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern als Nachbarn und Partner innerhalb der EU weiter zu stärken“, so Van der Bellen am Sonntag auf X (Twitter).