Eike Schmidt
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Kandidatur steht

Ex-Uffizien-Chef und das Rennen um Florenz

„Ich kandidiere als Bürgermeister von Florenz.“ Mit diesen Worten hat der in Deutschland geborene Kunsthistoriker Eike Schmidt am Wochenende offiziell verkündet, worüber in der toskanischen Hauptstadt bereits seit Monaten spekuliert wurde. Schmidt gilt als Wunschkandidat von Italiens Mitte-rechts-Regierung. Die in Florenz regierenden Sozialdemokraten wollten eine Kandidatur bis zuletzt verhindern – und äußern weiter Zweifel an Schmidts Wählbarkeit.

Offiziell geht Schmidt als unabhängiger Kandidat ohne Parteibuch in das Rennen um Florenz – gleichzeitig mit der Ankündigung seiner Kandidatur stellte der 55-Jährige aber auch klar, mit Hilfe der Mitte-rechts-Parteien ins Rathaus einziehen zu wollen. „Ich werde heute die Mitte-rechts-Parteien bitten, diesen Wahlkampf zu unterstützen“, sagte Schmidt nach Angaben der Nachrichtenagstentur ANSA am Samstag.

Der Ende 2023 in Italien eingebürgerte Schmidt und langjährige Direktor der weltberühmten Uffizien legte zuletzt immer wieder die sich verschlechternde Sicherheitslage, fehlende Chancen für Italiens Jugend, aber auch die unter Übertourismus leidende toskanische Hauptstadt in die Auslage. Wahlprogramm gibt es bisher keines – Beobachter rechnen aber bereits mit einer auf „Law & Order“ fokussierten Kampagne.

Direktor der Uffizien in Florenz, Eike Schmidt nach der Wiedereröffnung des Museums im Juni 2020
Reuters/Jennifer Lorenzini
Schmidt bei der Uffizien-Wiedereröffnung (Juni 2020) nach dem CoV-Lockdown

„Law & Order“-Kampagne erwartet

Allen voran die von Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni angeführten rechtspopulistischen Fratelli d’Italia (FdI, Brüder Italiens) buhlen schon lange um Schmidts Kandidatur. Erhärtet wurden die Spekulationen rund um eine mögliche Kandidatur bei der zeitgleich mit der EU-Wahl am 8. und 9. Juni angesetzten Kommunalwahl dann mit der im November in Florenz feierlich verliehenen italienischen Staatsbürgerschaft.

Bis Ende vergangenen Jahres war der gebürtige Freiburger Direktor der Uffizien, mit fünf Millionen Besuchern pro Jahr eines der bekanntesten Museen der Welt. Für seine Arbeit bekam er über die Parteigrenzen hinweg viel Lob. Er gilt auch als bestens vernetzt. Nach zwei Amtszeiten wurde der Vertrag aber nicht mehr verlängert. Daraufhin wechselte der studierte Kunsthistoriker in gleicher Funktion ans Nationalmuseum Capodimonte nach Neapel.

Allerdings wurde schon vor seinem Abgang darüber spekuliert, dass es nur ein Abschied auf Zeit sein könnte: Schmidt liebäugelte seit Monaten sehr offen mit einem Wechsel in die Politik. Von Neapel gibt es nun einen von Schmidt angekündigten und von der Opposition scharf kritisierten schnellen Abschied. Seinen Rücktritt werde er „deutlich vor den gesetzlich vorgeschriebenen 45 Tagen“ einreichen: „Ab Mitte des Monats werde ich zu hundert Prozent vor Ort in Florenz sein“, wie Schmidt laut italienischen Medienberichten vom Montag versicherte.

Mitte-rechts geschlossen hinter Schmidt

Die drei römischen Regierungsparteien – Fratelli d’Italia, Lega und Forza Italia – versicherten Schmidt indes bereits geschlossen ihre Unterstützung. Kulturminister Gennaro Sangiuiliano erklärte, ein Bürgermeister Schmidt in Florenz wäre die Verkörperung eines „europäischen Bürgers“. Man werde Schmidt „hartnäckig unterstützen“, zitierte die Zeitung „Il Tempo“ am Montag den FdI-Abgeordneten Giovanni Donzelli, der hier von „guten Nachrichten für Florenz“ und „sehr schlechten Nachrichten für die Linke“ sprach.

Für Forza-Italia-Senator Maurizio Gasparri gebe es der Zeitung zufolge kaum Zweifel, dass Schmidt die Florenz-Wahl für sich entscheiden wird. Erklärtes Ziel von Mitte-rechts sei es vielmehr, nach der roten Hochburg Florenz bei der 2025 anstehenden Regionalwahl die gesamte Toskana zu erobern.

In Umfragen lag zuletzt mit rund 40 Prozent die unter anderen von PD-Chefin Elly Schlein unterstützte Linkspolitikerin Sara Funaro für das höchste Amt in Florenz in Führung. Gegenwind droht hier angesichts gleich mehrerer Kandidatinnen und Kandidaten auch aus den eigenen Reihen. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“) zufolge lag Schmidt unterdessen bei Umfragen schon über 30 Prozent, „obschon er zum Zeitpunkt der Befragungen noch gar kein offizieller Kandidat war“.

„Liebe Eike, viel Glück“

Von Amtsinhaber Dario Nardella, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren darf, kamen am Montag wohl ironisch gemeinte Glückwünsche in Schmidts Muttersprache. „Liebe Eike, viel Glück“, zitierte das Onlineportal Firenze Today den scheidenden Bürgermeister, der sich eigenen Angaben zufolge aber nicht weiter in den Wahlkampf einmischen und auch nicht dessen Liste kommentieren wolle.

Der sozialdemokratische Präsident der Toskana, Eugenio Giani, bezeichnete die Kandidatur unterdessen als „nichts Neues“- sie sei vielmehr schon seit Monaten erwartet worden. Dazu stellte Giani möglicherweise noch nicht gänzlich geklärte Vorbehalte in den Raum. Im Zusammenhang mit Schmidts noch laufender Tätigkeit als Museumsdirektor in Neapel sei dieser „derzeit“ jedenfalls „nicht als Bürgermeister wählbar“.

Zu- und Absage an KHM

Schmidt ist seit den 1990er Jahren tief in Florenz verwurzelt. Seine Doktorarbeit schrieb der Kunsthistoriker über die Elfenbeinskulpturen der Medici, der bekanntesten Herrscherfamilie der Stadt. Zu seinen früheren Stationen gehören auch Museen in Washington und Los Angeles.

In Österreich sorgte Schmidt 2017 im Zusammenhang mit der Neubesetzung beim Kunsthistorischen Museum (KHM) für Schlagzeilen. Obwohl er bereits als Nachfolger für Sabine Haag als neuer KHM-Direktor vorgesehen war, sagte Schmidt kurzfristig ab. Hintergrund war eine damals wieder in Reichweite gekommene Verlängerung seiner damals an sich auslaufenden Amtszeit in den von ihm 2015 übernommenen Uffizien.