Britischer Wissenschaftler Peter Higgs
Reuters/Toby Melville
1929–2024

Peter Higgs ist tot

Der britische Physiknobelpreisträger Peter Higgs ist tot. Der 94-Jährige starb am Montag in seinem Zuhause, wie die schottische Universität Edinburgh am Dienstag mitteilte. Mit seiner Theorie zur Masse von Elementarteilchen wurde der Engländer weltberühmt. Die Entdeckung des Higgs-Bosons – auch „Gottesteilchen“ genannt – am Forschungszentrum CERN in der Schweiz katapultierte den Theoretiker in die Hall of Fame der Physik.

Gemeinsam mit dem Belgier Francois Englert wurde Higgs 2013 für die Vorhersage des Masseteilchens mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. „Ich bekomme den Preis für etwas, für das ich 1964 zwei oder drei Wochen gebraucht habe. Das war nur ein sehr kleiner Teil meines Lebens“, sagte Higgs einst. Seine Idee damals: So wie Gravitation Dingen ihr Gewicht verleiht, geben Urteilchen ihnen ihre Masse. Ein Gedanke, der den Physiker Jahrzehnte später weltberühmt machen sollte.

Angeblich beim Wandern in den schottischen Highlands kam Higgs als junger Forscher an der Universität Edinburgh auf diese Theorie, die fast ein halbes Jahrhundert keiner beweisen konnte. Der Durchbruch gelang schließlich am Kernforschungszentrum CERN in der Schweiz. Viele meinten, auch die Forschungseinrichtung hätte dafür den Physiknobelpreis verdient – doch Organisationen werden damit nicht geehrt.

Britischer Wissenschaftler Peter Higgs und schwedischer König Karl Gustav während Nobelpreisverleihungszeremonie
IMAGO/TT/Fredrik Sandberg
Peter Higgs und der schwedische König Carl Gustaf während der Nobelpreisverleihungszeremonie

Als Forscher die Entdeckung des Higgs-Teilchens am 4. Juli 2012 in Genf verkündeten, saß der Namensgeber mit im Publikum. Es war eine Sternstunde der Physik. Doch was machte den Beweis seines Teilchens so spektakulär? Mit seiner Theorie lieferte Higgs die Antwort auf eine wichtige Frage über das Universum: Was verleiht allen existierenden Dingen ihre Form und Größe?

Higgs lehnte den Begriff „Gottesteilchen“ ab

Obwohl die beiden theoretischen Physiker Higgs und Englert Mitte der 1960er Jahre etwa gleichzeitig auf die Massetheorie gekommen waren, setzte sich Higgs als Namensgeber durch und nicht Englert – was dem öffentlichkeitsscheuen und bescheidenen Physiker eher unangenehm war. Er war der Ansicht, dass er mehr Ruhm bekomme, als ihm zustand. Die Entwicklung der These und die Entdeckung der Teilchen sei eine Gruppenleistung gewesen.

Den Namen „Gottesteilchen“ für seine Entdeckung lehnte der Atheist ab. Der Higgs-Mechanismus funktioniert wie eine Art Sirup, der an Elementarteilchen klebt, sie abbremst und ihnen so Masse verleiht. Das Higgs-Feld, der Sirup, zeigt sich über das Higgs-Teilchen.

Physiker mochte Trubel nicht

Die Liste der wissenschaftlichen Preise und Ehrentitel, mit denen der Forscher ausgezeichnet wurde, ist lang. Die Ernennung zum „Sir“ lehnte er jedoch 1999 dankend ab. Es sei zu früh dafür gewesen, sagte er später der BBC – und sowieso wolle er einen solchen Titel nicht.

Auch mit seinen politischen Einstellungen machte er von sich reden: So blieb Higgs aus Protest gegen die Palästinenserpolitik Israels der Verleihung des renommierten Wolf-Preises in Jerusalem fern. Er unterstützte die Anti-Atomwaffen-Bewegung – aber als diese sich auch gegen die zivile Nutzung der Atomkraft richtete, war Schluss damit.

Interesse an Higgs ungebrochen

Higgs wurde am 29. Mai 1929 in Newcastle upon Tyne im Nordosten Englands als Sohn eines Toningenieurs geboren. Als Kind litt er unter Asthma und wurde anfangs von seiner Mutter unterrichtet.

Bis zu seinem Tod stand der Wissenschaftler bei Kollegen sowie Kolleginnen und Medien hoch im Kurs. Mit der Zeit gab Higgs immer seltener Interviews, beschäftigte sich lieber mit Musik, Filmen und Büchern und vor allem mit seiner Familie, wie eine Sprecherin der Uni Edinburgh einmal sagte.

„Bemerkenswerter Mensch“

„Peter Higgs war ein bemerkenswerter Mensch – ein wirklich begabter Wissenschaftler, dessen Vision und Vorstellungskraft unser Wissen über die Welt, die uns umgibt, bereichert haben“, sagte der Vizekanzler der Universität Edinburgh, Peter Mathieson. „Seine Pionierarbeit hat Tausende von Wissenschaftlern motiviert, und sein Vermächtnis wird noch viele weitere Generationen inspirieren.“