Außenansicht des EU Parlament in Brüssel
IMAGO/Monasse T/Andia
Einigung nach langem Streit

EU-Parlament beschließt Asylreform

Nach einem langen und heftigen Streit hat das EU-Parlament am Mittwoch für eine Verschärfung des EU-Asylrechts gestimmt. Die Reform läuft darauf hinaus, die Asylregeln zu überholen. Kontrolle und Verringerung der Zuwanderung sind das Ziel. Zufrieden ist niemand – es war ein denkbar ungeliebter Kompromiss, aber die Mehrheit fand ihn nötig. Die Neuwahl des Parlamentes steht bevor, und die Parteien der politischen Mitte fürchten eine Kampagne von rechtsaußen.

Die europäischen Regierungen wollen wissen, wer nach Europa kommt. Sie wollen es strenger kontrollieren als bisher – und sie wollen vor allem erreichen, dass weniger Menschen kommen. Die Asylverfahren sollen vereinheitlicht und verkürzt werden und wenn möglich überhaupt an den Außengrenzen stattfinden. Zudem sollen Abschiebungen erleichtert werden. Das alles bezweckt der neue Asyl- und Migrationspakt.

Der Pakt ist eigentlich ein Konvolut aus Regelungen und Gesetzen, über die seit der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015/2016 in unterschiedlicher Heftigkeit diskutiert worden ist. Viele hundert Seiten umfasst er inzwischen und behandelt alle möglichen Aspekte, von der Registrierung von Flüchtlingen, der Speicherung von Daten, etwa denen von Minderjährigen, bis zum Bau von Lagern an den Außengrenzen.

In diesen Lagern sollen die Menschen untergebracht werden, die wahrscheinlich nicht als Flüchtlinge anerkannt werden. Diejenigen, die aus Ländern kommen, die jüngst und sozusagen von Amts wegen eine niedrige Anerkennungsquote aufweisen – auch Kinder und Minderjährige, wenn sie nicht alleine unterwegs sind, sondern mit Familie.

Unterkünfte in einem Flüchtlingslager
Reuters/Elias Marcou
Das Lager Moria auf Lesbos diente manchen als Vorbild, manchen als Abschreckung

Flüchtlingslager an Außengrenzen bleiben strittig

Menschenrechtsorganisationen befürchten das Schlimmste. Eine Einschränkung des Asylrechts genauso wie menschenunwürdige Zustände in Lagern an bzw. außerhalb der EU-Grenzen, möglicherweise in einem Drittstaat, mit dem die eine oder andere europäische Regierung oder die EU als Ganze ein Abkommen geschlossen hat.

Heftige Kritik hat auch ein Krisenmechanismus ausgelöst, der sich in dem Pakt findet und es einer Regierung erlaubt, eine Krise auszurufen, wenn die Zahl von Flüchtlingen stark steigt. In dem Fall können auch Menschen in Lagern interniert werden, bei denen die Wahrscheinlichkeit der Anerkennung als Flüchtlinge groß ist.

Die Aufenthaltsdauer in solchen Lagern darf laut Pakt nicht mehr als 24 Wochen dauern. Bis dahin muss das Asylverfahren, das künftig laut Plan zügiger erledigt wird, endgültig abgeschlossen und erledigt sein. Bei negativem Ausgang würde die Rückführung des oder der Betroffenen folgen, immer vorausgesetzt, dass es ein Abkommen gibt.

Sitzung im EU Parlament in Brüssel
APA/AFP/John Thys
Das EU-Parlament stimmte für die Reform, die Zustimmung der Regierungen gilt als Formsache

Nach der Einigung ist vor der Einigung

Die Parteien im EU-Parlament haben der Asylreform letztlich mit Mehrheit zugestimmt, einig sind sie sich nicht. In jeder Parteiengruppe aus dem politischen Zentrum gibt es Abgeordnete, die Zweifel an der Regelung haben und dagegen sind, Christdemokraten, Liberale, Sozialdemokraten und Grüne. Nur die Vertreter und Vertreterinnen der Parteien von rechts, etwa der FPÖ, und linksaußen votierten recht einhellig dagegen. Für alle gilt, dass viele Fragen offenbleiben und erst in den nächsten Jahren erarbeitet werden müssen.

Vieles in dem Pakt ist nämlich nur grundsätzlich vereinbart worden, bleibt aber auszuformulieren und umzusetzen: die künftige Solidarität zum Beispiel, die eine Teilung der Lasten vorsieht. Die EU-Länder mit Außengrenze sollen nicht den Eindruck haben, alleine gelassen zu werden. Eine verpflichtende Verteilung von Flüchtlingen ist freilich nicht vorgesehen. Die Union hat gelernt.

Binnenländer sollen ihre Solidarität künftig anders unter Beweis stellen können. Durch Verstärkung beim Grenzschutz zum Beispiel, durch Hilfe bei der Unterbringung von Menschen oder durch einen finanziellen Beitrag. Es wird an der Kommission liegen, einen Modus Operandi zu erarbeiten. Ungarn hat bereits angekündigt, nichts dergleichen zu tun.