Polen: Debatte über liberaleres Abtreibungsrecht

Das polnische Parlament will sich heute mit einer Liberalisierung des Abtreibungsrechts befassen. Die derzeitige Gesetzgebung ist eine der strengsten in der EU.

Ministerpräsident Donald Tusk hatte im Wahlkampf versprochen, Frauenrechte zu stärken und den Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch zu erleichtern. „Jede polnische Frau wird selbst über ihre Mutterschaft entscheiden können“, versprach Tusk im Herbst.

Doch in den mittlerweile knapp fünf Monaten, in denen Tusk das Land regiert, ist dieses zentrale Projekt nicht richtig vorangekommen. Denn unter den drei politischen Gruppierungen, aus denen sich Tusks Mitte-links-Koalition zusammensetzt, herrscht Uneinigkeit über das Thema.

Verschärfung unter PiS-Regierung

Im Jahre 2020 hatte das Verfassungsgericht unter der damaligen nationalkonservativen PiS-Regierung das strenge polnische Abtreibungsrecht weiter verschärft. Seitdem ist ein Schwangerschaftsabbruch nur nach einer Vergewaltigung oder Inzest erlaubt oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist. Weist das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen auf, dürfen Frauen keinen Abbruch vornehmen.

In der Folge hatte es in den vergangenen Jahren mehrfach Fälle gegeben, bei denen schwangere Frauen während der Behandlung im Krankenhaus gestorben waren, nachdem sich die Ärzte trotz Komplikationen nicht für eine Abtreibung entschieden hatten.

Drei Koalitionspartner, drei Vorschläge

Die drei Koalitionspartner, aus denen sich Tusks Regierung zusammensetzt, haben dem Parlament insgesamt vier Gesetzentwürfe zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts vorgelegt.

Der Entwurf von Tusks liberalkonservativer Partei Bürgerkoalition sieht die Legalisierung von Abbrüchen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche vor. Das Linksbündnis Lewica fordert dasselbe in einer eigenen Novelle. Für den Fall, dass die Liberalisierung scheitert, will Lewica in einem weiteren Antrag zumindest die Strafbefreiung durchsetzen.

Aus der Reihe schert der Dritte im Bunde, der christlich-konservative Dritte Weg. Die Partei schlägt die Rückkehr zur Kompromisslösung vor, die bis zum Urteil des Verfassungsgerichts galt. Das würde bedeutet, dass Schwangerschaftsabbrüche in Polen nur nach einem Verbrechen oder bei Gefahr für Schwangere und Fötus legal werden.