FPÖ-Parteichef Herbert Kickl
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Kickl in „Rot-Blau“-U-Ausschuss

Heftiger Streit über Haus in Klagenfurt

Die Befragung von FPÖ-Chef Herbert Kickl im U-Ausschuss zu „rot-blauem Machtmissbrauch“ am Donnerstag ist von zahllosen Unterbrechungen geprägt gewesen. Die Emotionen gingen hoch, Kickl schrammte zweimal knapp an einer Aussageverweigerung vorbei. Inhaltlich sorgte vor allem eine Liegenschaft in Klagenfurt, die zugleich Firmensitz einer Werbeagentur ist, an der Kickl beteiligt war, für Aufregung. In einem anderen Streitpunkt kündigte die FPÖ eine Strafanzeige gegen die ÖVP wegen „Manipulation“ eines Beweismittels an.

Die Themenpalette bei der Befragung reichte vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und der Spionageaffäre um Egisto Ott über Postenvergaben, Beraterverträge und die Inseratenvergabe an rechte Medien bis hin zu einer Werbeagentur, die Kickl mitgründete, und die Besitzverhältnisse an dem Haus, in dem die Agentur ihren Firmensitz hat.

Grundsätzlich bezweifelte Kickl bei fast allen Fragen – ausgenommen jenen seiner eigenen Fraktion – die Zulässigkeit, was zu ausgedehnten und großen Emotionen bis hin zu Schreiduellen führte. Mehrmals wies ihn Verfahrensrichterin Christa Edwards darauf hin, dass Fragen sehr wohl zulässig seien – andererseits untersagte sie auch mehrere Fragen wegen mangelnder Zuständigkeit.

Bei Details zu Vorgängen im BVT – konkret zur Rolle Otts und seiner Suspendierung, zur geplanten Reform des BVT und zur Rolle des späteren Wirecard-Lobbyisten und deutschen Sicherheitsexperten Klaus-Dieter Fritsche – bis hin zur Inseratenvergabe wiederholte Kickl immer wieder, dass er als Minister sich höchstens um die politische Grundsatzentscheidung gekümmert habe. Die operative Umsetzung sei dann Aufgabe der zuständigen Abteilungen im Ministerium gewesen. Zu vielen Fragen sagte Kickl, das sei „nichts, womit man sich als Minister beschäftigt“.

FPÖ-Parteichef Herbert Kickl beim U-Ausschuss zum „Rot-Blauen Machtmissbrauch“
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Kickl befand immer wieder, dass die ihm gestellten Fragen nicht zum U-Ausschuss-Gegenstand passen

ÖVP fragt nach Einnahmen via Treuhandvertrag

Beim Thema, ob und wie Kickl an der Agentur Ideenschmiede (später Signs) via Treuhandvertrag beteiligt war, gab es mehr als halbstündigen Streit über die Zulässigkeit der Frage. Kickl sprach von einem „Schauspiel“ mit Wahlkampfhintergrund. Auf langes Nachfragen der Verfahrensrichterin bei der ÖVP gab die ausgesprochen geduldige Edwards fast entnervt auf und ließ die Frage mit dem Verweis zu, dass die gratis erfolgte Zurverfügungstellung eines Logos durch die Agentur an die Polizei ja Folgeaufträge auslösen hätte können. Hintergrund ist, dass die Agentur Signs dem Innenministerium kostenlos ein Logo für eine Polizeieinheit zur Verfügung stellte.

Kickl im U-Ausschuss auf Konfrontationskurs

Im Untersuchungsausschuss zu „rot-blauem Machtmissbrauch“ im Parlament war am Donnerstag FPÖ-Chef Herbert Kickl als Auskunftsperson geladen. Thema der Befragung waren unter anderem die Beziehungen der FPÖ zu Russland und der wegen Spionageverdachts verhaftete Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott.

Die Frage, ob er Zahlungen von der Ideenschmiede oder Signs bekommen habe, verneinte Kickl schließlich. Der Ausschussvorsitzende unterbrach Kickl bei Antworten und verwies unter anderem darauf, das sei jetzt keine Plenarrede.

FPÖ-Chef sieht „Missbrauch des U-Ausschusses“

Als NEOS-Fraktionsführer Yannick Shetty das Thema erneut auf die Kärntner Agentur Ideenschmiede (später Signs) lenkte, an der Kickl laut Shetty via Treuhandregelung beteiligt gewesen sei, verweigerte Kickl erneut eine Antwort und sprach unter anderem von einem „Missbrauch des U-Ausschusses“. Er verwies auf rechtskräftig eingestellte Verfahren. Diese Vorwürfe nun zu wiederholen sei eine „Sauerei“. Als Minister habe er keinerlei privatwirtschaftliche Aktivitäten gehabt, so Kickl auf weitere Nachfrage und nach langer Debatte.

SPÖ: Nebeneinnahmen aus Firmensitzmiete

Die SPÖ fragte ebenfalls nach der Werbeagentur Signs, Kickl vermisste erneut den Bezug zum Untersuchungsgegenstand. SPÖ, ÖVP und NEOS zeigten sich verwundert, dass die Agentur dem Ministerium gratis ein Logo zur Verfügung gestellt habe und laut Medienbericht auch ein Angebot für ein Logo von Kickls Pferdestaffel stellte. SPÖ-Fraktionsführerin Eva-Maria Holzleitner startete in das Thema, indem sie von Kickl wissen wollte, wo der Sitz des Unternehmens ist.

Hintergrund: Laut NEOS gibt es einen Treuhandvertrag zwischen Kickl und dem Signs-Chef, wonach Kickl Hälfteeigentümer des Gebäudes in Klagenfurt, das auch als Firmensitz von Signs firmiert, ist. Alle Mieteinnahmen – vor allem jene von Signs – stehen laut Treuhandvertrag, so die SPÖ, Kickl zu. Und dem Vertrag zufolge könne sich Kickl jederzeit den Anteil des Signs-Chefs schenken lassen. Er darf laut dem Treuhandvertrag auch nicht sagen, dass Kickl Miteigentümer ist.

Zuvor hatte Kickl dagegen bei der Befragung betont, in seiner Zeit als Minister keine zusätzlichen Einkünfte bezogen zu haben. Klubobleute dürfen keine Nebeneinkünfte haben.

Kickl: Vertrag wurde „nie realisiert“

Kickl wies die Frage als prinzipiell unzulässig zurück, die Verfahrensrichterin sah das freilich anders. Nach langer Debatte antwortete Kickl trotz Vorbehalts, die Immobilie habe in seiner Zeit als Innenminister dem Geschäftsführer der Signs gehört. „Was gar nichts damit zu tun hat, ist ein Treuhandvertrag, der nie realisiert wurde. Es war eine Situation, in diese Immobilie hineinzugehen, dadurch ist der potenzielle Partner der alleinige Inhaber der Immobilie.“ Seit damals habe er „keinen Cent“ aus der Immobilie lukriert. Auf die Frage, ob der Vertrag aufgelöst wurde, antwortete Kickl: Der Vertrag sei nie realisiert worden.

Über „Problemfall Ott“ nie informiert worden

Verfahrensrichterin Edwards begann die Befragung nach der Frage, wie Ott nach Aufhebung der Suspendierung wieder in BVT-Funktion gelangte. Dazu habe er keine Informationen, so Kickl. Er kritisierte vielmehr Ex-BVT-Chef Peter Gridling, dass dieser ihn zu Amtsantritt nicht über die Problematik Ott informiert habe.

Kickl betonte, die ÖVP wolle ihm unterstellen, er habe Ott in eine zentrale Stelle heben wollen. Er kenne Ott aber gar nicht, und all das sei eine Unterstellung der ÖVP.

Ausschussvorsitzender Wolfgang Gerstl
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Vorsitzender Wolfgang Gerstl (ÖVP) musste die Sitzung mehrmals unterbrechen

Kickl findet Frage nicht zulässig

Gleich bei der ersten Frage der Grünen – wie seine Beziehung zum Ex-FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein war und sei – verweigerte Kickl die Antwort, obwohl die Verfahrensrichterin die Frage als zulässig erklärte. Nach längerer Debatte gab es die erste Stehung, also Unterbrechung und Beratung über das weitere Vorgehen. Sachlicher Hintergrund ist, dass es Chats gibt, in denen Jenewein Ott eine Position in der geplanten Neuorganisation des BVT verspricht. Auch nach Vorlage eines Dokuments blieb Kickl bei der Weigerung zu antworten, behauptete aber im Weiteren, die Frage ohnehin bereits beantwortet zu haben.

„Keine Wahrnehmung“ zu Gespräch mit Jenewein

Kickl ortete trotz der klaren Entscheidung der Verfahrensrichterin eine „Unordnung“ im U-Ausschuss, räumte aber nach der langen Debatte ein, dass er Jenewein kennt. Zu seiner Rolle bei der BVT-Reform antwortete Kickl, das sei interne Angelegenheit des Ministeriums gewesen, geleitet von BVT-Chef Gridling, und als externen Experten habe er Fritsche engagiert. Dieser gilt als Wirecard-Lobbyist und wird derzeit im Konnex mit der Spionageaffäre genannt, war früher aber auch Geheimdienstkoordinator der deutschen Regierung. Eine bewusste Wahrnehmung zu Gesprächen mit Jenewein zum Thema verneinte Kickl, schloss ein Gespräch aber nicht aus.

Kickl: „Kenne Marsalek persönlich nicht“

Weiters sagte Kickl aus, dass er Jan Marsalek nicht persönlich kenne, aber dass dieser im Ministerium war und dort das Projekt „Pyramide“ präsentierte. Dabei sei es um ein Migrationsprojekt gegangen. Kickl verwies zugleich darauf, dass Marsalek auch nach seiner Zeit öfters im Ministerium gewesen sei und etwa den derzeitigen, von der ÖVP berufenen Bundespolizeidirektor Michael Takacs getroffen habe. Das Handy von Takacs war eines der drei von Spitzenbeamten, deren Daten nach einem Bootsunfall widerrechtlich offenbar über Ott an Russland weitergeleitet worden sein sollen.

Wegen einer Behauptung der ÖVP zum Thema Ministeriumsinserate kam es zu heftigem Streit zwischen ÖVP und FPÖ. Die Freiheitlichen beschuldigten die ÖVP, ein manipuliertes Dokument vorgelegt zu haben, und kündigten eine Strafanzeige wegen Vorlegens eines gefälschten Beweismittels an. Die ÖVP wies den Vorwurf empört zurück.

Als Letztes war die FPÖ mit ihren Fragen an ihren Klubchef an der Reihe. Fraktionsführer Christian Hafenecker und Kickl zeigten verbal in Sachen Postenschacher und Inseratenvergabe auf die ÖVP. Was er bei Amtsantritt Ende Dezember 2017 im BVT vorgefunden habe, sei ein Sicherheitsrisiko gewesen („Dritte-Welt-Niveau“), so Kickl zu Hafenecker. Er habe ein riesiges Loch beim Polizeipersonal vorgefunden, „in Wahrheit war die ÖVP das Sicherheitsrisiko“, so Kickl. Was prompt zu einer Geschäftsordnungsdebatte führte. Die Befragung wurde schließlich nach Ablaufen der vierstündigen Fragezeit abgebrochen und beendet.

ÖVP will Kickl erneut laden

Die ÖVP will sich weiter mit Kickl beschäftigen und kündigte eine erneute Ladung an. Unter anderem sollen weiter Chats zwischen dem ehemaligen FPÖ-Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein und dem wegen Spionageverdachts in U-Haft sitzenden Ott thematisiert und auch Kickl erneut befragt werden, sagte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker bei einer Pressekonferenz am Freitag.