Tätigkeit von Kurz und Vertrauten in Abu Dhabi wirft Fragen auf

Abu Dhabi plant, im Falle eines Einbruchs der Erdölnachfrage aufgrund des Klimawandels auf klimafreundlichen Wasserstoff umzusteigen. Die Vereinigten Arabischen Emirate, zu denen Abu Dhabi gehört, streben an, bis 2030 25 Prozent des Weltverbrauchs an Wasserstoff zu produzieren. Dabei spielt auch der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine Rolle, wie der „Standard“ gestern berichtete.

Im April 2022 wurde Kurz Direktor der Europaniederlassung des emiratischen Staatskonzerns Masdar mit Sitz in Amsterdam. Masdar ist das wichtigste Wasserstoffunternehmen in Abu Dhabi und gehört dem staatlichen Ölkonzern Adnoc und dem Staatsfonds Mubadala.

Köstinger und Berchtold involviert

Auch zwei enge Vertraute von Kurz, Elisabeth Köstinger, ehemalige Landwirtschaftsministerin, und Etienne Berchtold, ehemaliger Pressesprecher von Kurz und nun Botschafter in Abu Dhabi, waren offenbar involviert. Im Sommer 2021 unterzeichnete Kurz noch in seiner Position als Kanzler eine Willenserklärung zur Gründung einer „Wasserstoffallianz“ zwischen Österreich und Abu Dhabi. Im Herbst trat er zurück und verdingt sich seither als privater Unternehmensberater.

Im März 2022 wurde die Wasserstoffallianz offiziell gegründet, aufseiten Österreichs unterschrieb Köstinger – wiewohl fachlich unzuständig. „Warum ausgerechnet sie, das hat damals keiner so recht verstanden“, sagte ein Insider. Die zuständige Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) sei jedoch nicht involviert gewesen.

Vom Callcenter in die Botschaft

Berchtold wurde im August 2022 Botschafter in Abu Dhabi – Kurz war damals seit wenigen Monaten bei Masdar beschäftigt. Berchtolds Ernennung war höchst umstritten, denn er brachte keine Erfahrung als Botschafter mit. „Ein unterlegener Bewerber aus dem Außenministerium klagt vor der Bundesgleichbehandlungskommission, weil er sich diskriminiert fühlt. Die Regierung verteidigt daraufhin die Ernennung Berchtolds gar mit dem Argument, dass er während des Studiums in einem Callcenter gearbeitet habe und somit mit Protokollfragen vertraut sei“, schreibt der „Standard“.

Kurz habe ihn unbedingt auf diesem Posten sehen wollen und sich solcherart ein „Backoffice“ im für ihn wichtigen Abu Dhabi geschaffen, wird gemutmaßt. Faktum ist, dass Berchtold seit seinem Antritt als Botschafter für Masdar die Werbetrommel rührt, schreibt der „Standard“.

Zweifel an Abu Dhabis Klimainteressen

Umstritten ist, wie ernsthaft Abu Dhabi den Kampf gegen den Klimawandel angeht. Das Emirat hat laut „Financial Times“ ein Team von Lobbyisten engagiert, um Kritik abzuwehren und politische Unterstützung zu gewinnen. Auftraggeber der Lobbyinginitiative: Masdar. Weder Berchtold noch Köstinger wollten eine Stellungnahme abgeben.