Michel bei Nehammer: „Mehr Verteidigungsbereitschaft“

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat gestern in Wien zu einem Gipfeltreffen geladen. Staats- und Regierungschefs aus fünf Mitgliedsstaaten sowie der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, kamen dafür in die Bundeshauptstadt. Auf der Agenda standen Gespräche über Ziele und Prioritäten der EU für die kommenden fünf Jahre. Seit dem Herbst laufen dazu eine Reihe informeller Konsultationen, beim EU-Gipfel im Juni nach der EU-Wahl soll dann eine „Strategische Agenda“ beschlossen werden.

Neben Michel haben die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, der maltesische Premierminister Robert Abela, der slowakische Ministerpräsident Robert Fico, der slowenische Ministerpräsident Robert Golob sowie Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis teilgenommen. Die ebenfalls eingeladene lettische Regierungschefin Evika Silina sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur LETA ihre Teilnahme wegen ihres vollen Terminplans kurzfristig ab.

Nach den Worten Michels muss die EU mehr militärische Kapazitäten und Verteidigungsbereitschaft entwickeln. Das sei der erste Punkt für die „Strategische Agenda“, wie er auch im ORF-Interview sagte.

Neutralität „respektieren“

Die Neutralität Österreichs stellte Michel im Gespräch mit der APA nicht infrage: „Wir werden immer die spezifische Situation unserer Mitgliedsstaaten respektieren.“ Auf die Frage, ob auch Neutrale ihre Verteidigungsausgaben erhöhen müssten – in einem Entwurf der Agenda ist von einer „substanziellen Erhöhung der europäischen Verteidigungsausgaben die Rede“ –, sagte Michel: „Ich spüre aufseiten der EU ein neues Paradigma, die Realität hat sich geändert.“ Heute müsse man „mehr Verantwortung in diesem Bereich übernehmen“.

Nehammer: Migration und Wirtschaft im Fokus

Nehammer will bei den Debatten zwei Prioritäten Österreichs betonen, wie er vor dem Treffen mitteilte: den Kampf gegen illegale Migration und eine stärkere Wirtschaft, um Wohlstand zu erhalten und auszubauen. „Mir ist wichtig, aktiv an vorderster Stelle mitzureden, wenn es um die Zukunft der EU geht und um die Prioritäten für die kommenden Jahre“, so der Bundeskanzler laut Aussendung. „Wir müssen unsere Wirtschaft wettbewerbsfähiger für den Weltmarkt machen – durch weniger Verbote, mehr Freiheiten und mehr Fokus auf Forschung und Innovationskraft unserer Wirtschaft.“

Nehammers Forderungen zur Migration zielen auf einen robusten Außengrenzschutz mit Verfahren an der Außengrenze und dem weitergehenden Ziel, die Asylverfahren in sicheren Drittstaaten durchzuführen. Außerdem will er eine konsequente Durchsetzung von Rückführungen und einen entschlossenen Kampf gegen Organisierte Kriminalität und Schlepperei.

Kritik an der „Strategischen Agenda“ kam von Umweltorganisationen: Die Themen Umwelt und Klima würden eine „untergeordnete Rolle“ spielen, erklärte Greenpeace. Die bisherigen Pläne seien noch „sehr schwach und mit großen Lücken beim Umweltschutz“, kritisierte auch der WWF in einer Aussendung.