Abfangraketen über Ashkelon
Reuters/Amir Cohen
Nahost

Israel bestätigt Angriff des Iran

Der Iran hat nach israelischen Angaben mehr als 100 Drohnen auf Ziele in Israel abgefeuert. Das bestätigte Armeesprecher Daniel Hagari Samstagabend. Es werde Stunden dauern, bis die Drohnen ankämen. Die Flugabwehr stehe bereit. Das Militär sei in höchster Alarmbereitschaft und überwache die Situation, hieß es in einer Mitteilung, die die Armee über Telegram versendete.

Das Luftabwehrsystem sei in höchster Alarmbereitschaft, ebenso wie Kampfjets und Marineschiffe. Sprecher Hagari betonte, die Armee beobachte die Lage und alle Abwehrsysteme seien bereit. Zudem werde der GPS-Empfang in verschiedenen Landesteilen unterdrückt. Israel schloss seinen Luftraum.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu berief in Tel Aviv im Militärhauptquartier das Kriegskabinett ein, hieß es aus seinem Büro. Offen war zunächst, ob Israel mit einem Gegenangriff auf den Iran reagieren würde. Verteidigungsminister Joav Galant hatte zuletzt wiederholt betont, ein Angriff werde nicht unbeantwortet bleiben.

Drohnen abgefangen, Sirenen und Explosionen zu hören

Zahlreiche Drohnen wurden laut Berichten bereits abgefangen, darunter auch von den USA, berichten Insider. An verschiedenen Orten Israels waren in der Nacht Sirenen zu hören, zudem Explosionen. Bisher gab es keine Berichte über Verletzte. Der Iran feuerte laut einem Bericht des israelischen Senders Channel 12 auch Marschflugkörper auf Israel ab. Deren Flugzeit sei kürzer als die der Drohnen. Das israelische Militär bestätigte das bisher nicht.

Gleichzeitig mit dem iranischen Angriff auf Israel feuerte die Hisbollah-Miliz im Libanon Raketen auf die israelisch besetzten Golanhöhen ab. Die mit dem Iran verbündete Miliz teilte in der Nacht auf Sonntag mit, sie habe einen israelischen Armeestützpunkt auf den Golanhöhen mit „Dutzenden Raketen vom Typ Katjuscha“ angegriffen. Das israelische Militär rief die Bewohner und Bewohnerinnen der Golanhöhen, von Newatim, Dimona und Eilat dazu auf, sich bereitzuhalten, um falls notwendig Schutz zu suchen.

Iran: Auch Angriff mit Raketen

Iranische Staatsmedien bestätigten den Vergeltungsschlag gegen Israel. „Eine breite Drohnenoperation der Revolutionsgarden gegen Ziele im besetzten Land (Israel, Anm.) hat vor Minuten begonnen“, hieß es am Samstag im Staatsfernsehen kurz vor Mitternacht (Ortszeit). Bei der Operation mit dem Namen „Aufrichtiges Versprechen“ würden spezifische Orte in Israel mit Drohnen und Raketen angegriffen, hieß es in einer Erklärung der Revolutionsgarden, die über die staatlichen Medien verbreitet wurde.

Eine Iranische Frau verfolgt die Nachrichten auf einem Fernseher
APA/AFP/Atta Kenare
Die iranischen Staatsmedien berichteten von dem Angriff

Der iranische Verteidigungsminister Mohammed Resa Aschtiani warnte jeden Staat davor, „seinen Luftraum oder sein Territorium für Angriffe Israels auf den Iran“ zur Verfügung zu stellen. Jeder Staat, der den Iran angreife, werde eine „entschlossene Reaktion“ erhalten. Das meldeten iranische Nachrichtenagenturen.

Der Iran forderte die USA auf, sich aus dem Konflikt mit Israel herauszuhalten. Der iranische Angriff sei eine Reaktion auf die „Aggression“ Israels gegen ein iranisches Konsulargebäude in der syrischen Hauptstadt Damaskus, erklärte die iranische Vertretung bei der UNO am Sonntag auf X (Twitter). Auch Jordanien wurde vor einer Einmischung gewarnt, sagte ein militärischer Vertreter gegenüber der Agentur Fars.

Staaten sperren Luftraum

Die jordanischen Behörden teilten mit, iranische Drohnen abzuschießen, sollten sie den jordanischen Luftraum verletzen. Unbestätigten Quellen zufolge soll Jordanien Dutzende Drohnen abgefangen haben, die Jerusalem als Ziel hatten.

Jordanien sperrte den Luftraum am Abend, ebenso der Irak. Jordanien dementierte in der Nacht Medienberichte, wonach das Land den Notstand ausgerufen hat. Zudem sagte der Kommunikationsminister, der Luftraum sei nicht gesperrt worden. Auch der Libanon und weitere Staaten sperrten ihren Luftraum, Fluglinien leiteten ihre Flüge um.

Sunak verurteilt Angriffe

Der britische Premierminister Rishi Sunak verurteilte den Angriff. „Diese Angriffe bergen die Gefahr, die Spannungen zu verschärfen und die Region zu destabilisieren“, heißt es in einer Erklärung. „Der Iran hat wieder einmal bewiesen, dass er darauf aus ist, in seinem eigenen Hinterhof Chaos zu säen.“ Großbritannien werde sich weiter für die Sicherheit Israels und aller regionaler Partner – „einschließlich Jordaniens und des Irak“ – einsetzen.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von einer „beispiellosen Eskalation“. „Die EU verurteilt den inakzeptablen iranischen Angriff auf Israel auf das Schärfste", schrieb Borrell auf X. Es sei eine schwerwiegende Bedrohung für die regionale Sicherheit“. Frankreich verurteilte den Angriff als „neue Stufe“ der Destabilisierung und sicherte Israel ebenfalls Unterstützung zu. Das erklärte Außenminister Stephane Sejourne am Samstag auf X. Teheran gehe damit „das Risiko einer militärischen Eskalation ein“.

Das ägyptische Außenministerium rief in einer Erklärung zu „äußerster Zurückhaltung“ auf. Dann können die Region und ihre Bevölkerung vor weiterer Instabilität und weiteren Spannungen bewahrt werden. Die Luftabwehr des Landes sei in „höchstee Alarmbereitschaft“, ein Krisenstab beobachte die Lage „genau“ und erstatte Präsident Abdel Fattah al-Sisi stündlich Bericht, so der staatsnahe ägyptische Fernsehsender Al-Kahera News unter Berufung auf einen hochrangigen Sicherheitsbeamten.

Israel erhöhte Alarmbereitschaft

Israel hatte angesichts der angespannten Sicherheitslage kurz vor dem Angriff die Alarmbereitschaft weiter erhöht: Die Armee gab neue Schutzanweisungen für die Zivilbevölkerung heraus, die zunächst bis Montagabend gelten sollten. US-Präsident kehrte vorzeitig ins Weiße Haus zurück, um mit seinem Sicherheitsteam über die Angriffe zu beraten.

Biden werde fortlaufend über die Lage informiert und werde sich am Samstagnachmittag mit seinem Sicherheitsteam im Weißen Haus zu Beratungen treffen, teilte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats mit. Der Angriff werde sich „wahrscheinlich über mehrere Stunden hinziehen“.

USA sicherten Unterstützung zu

Die militärischen Spannungen im Nahen Osten hatten sich extrem verschärft, nachdem bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff auf das Botschaftsgelände des Iran in Syrien am 1. April zwei iranische Brigadegeneräle getötet worden waren. Die Regierung in Teheran hatte wegen des Israel zugeschriebenen Angriffs Vergeltung angekündigt.

Biden hatte Israel angesichts des befürchteten Angriffs des Iran mehrfach die volle Unterstützung der USA zugesichert. Am Samstag erneuerte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin diese Zusicherung. Am Samstag setzte der Iran ein Schiff mit „Verbindungen“ zu Israel fest. Israel drohte umgehend mit Konsequenzen und forderte etwa, dass die EU die iranischen Revolutionsgarden als „Terrororganisation“ einstuft.