Insgesamt sollen mehr als 300 Kampfdrohnen, ballistische Raketen und Marschflugkörper, großteils aus dem Iran, teils auch vom Jemen und dem Libanon aus, gestartet worden sein, erreichten aber bis auf wenige Ausnahmen ihre Ziele auf israelischem Territorium nicht. Der Angriff auf Israel war der erste von iranischem Territorium aus überhaupt.
Laut Bericht des „Wall Street Journal“ von Montag, basierend auf Angaben aus Israel, waren zumindest 170 Drohnen, 120 Raketen und 30 Marschflugkörper in Richtung Israel abgefeuert worden. Die Wirkung „hätte katastrophal sein können“. In Israel wurde ein siebenjähriges Kind schwer verletzt, eine Militäreinrichtung beschädigt.
Nicht ohne Verbündete
Dass der Angriff weitgehend abgewehrt werden konnte, war laut der US-Zeitung der hoch entwickelten israelischen Luftabwehr – „Iron Dome“ und „Arrow“ – geschuldet und vor allem auch der Unterstützung der US-Armee im Mittelmeer-Raum und einzelner arabischer Länder, etwa Jordaniens. Die meisten Drohnen vom Typ Schahed wurden abgeschossen, noch bevor sie den israelischen Luftraum erreichten – laut israelischen Angaben „99 Prozent“.
Die Drohungen der letzten Tage aus dem Iran hätten Israel und den USA Zeit zur Vorbereitung gegeben, so das „Wall Street Journal“. Der Angriff sei damit keineswegs überraschend gekommen. Ob Israel im Falle eines eskalierenden Krieges einen vergleichbaren Angriff alleine abwehren könne, sei fraglich.
„Test“ der israelischen Luftabwehr?
Laut dem britischen „Guardian“ und dem „Wall Street Journal“ könnte der Angriff auch ein „Test“ der israelischen Luftabwehr gewesen sein. Nachbarländer des Iran sollen vorgewarnt worden sein, dennoch habe der Angriff eine „ernsthafte Bedrohung“ für jedes Verteidigungssystem dargestellt.
Der iranische Generalstabschef Mohammed Bagheri hatte den Angriff auf Israel am Sonntag als einen Erfolg bezeichnet und weitere nicht notwendig genannt. Dessen faktische Wirkung müsse allerdings eher eine Enttäuschung für die Islamische Republik gewesen sein, schrieb der „Guardian“.
Ex-NATO-Chef sieht Indiz
Der frühere NATO-Generalsekretär George Robertson rief Israel zu Zurückhaltung in seiner Antwort auf den iranischen Angriff auf. Dieser sei zwar eine „dramatische Eskalation“ gewesen, doch wollte Teheran offenkundig keinen Treffer landen. „Es scheint klar, dass der Iran seinen Angriff so eingestellt hat, dass er von den Israelis eingedämmt werden kann“, sagte der ehemalige britische Verteidigungsminister am Montag im APA-Interview in Wien.
Der Iran stellte die Operation mit dem Titel „Aufrichtiges Versprechen“ als Vergeltungsschlag für die Tötung hochrangiger Offiziere in Syrien dar. Am 1. April waren bei einem mutmaßlich von Israel geführten Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in Damaskus zwei Brigadegeneräle getötet worden.
Unterstützung von US-Kampfjets und -Kriegsschiffen
An der Seite der USA hätten bei der Abwehr der iranischen Luftangriffe einige arabische Länder etwa Radardaten weitergegeben und Jordanien seinen Luftraum geöffnet, berichtete das „Wall Street Journal“. Das US-Militär fing nach eigenen Angaben mit Unterstützung von Zerstörern des European Command am Samstag und Sonntag mehr als 80 Drohnen und mindestens sechs ballistische Raketen mit Ziel Israel ab und zerstörte sie. Diese seien vom Iran und dem Jemen aus abgefeuert worden, teilt das US-Zentralkommando (Centcom) auf X (Twitter) mit.
Laut „Washington Post“ fiel der Angriff des Iran größer aus, als es die US-Armee erwartet hatte. Diese war aber offenbar trotzdem gut vorbereitet. Zwei Fliegerstaffeln, eine davon mit Hauptquartier in Großbritannien, die andere im US-Bundesstaat North Carolina, seien mit F-15E-Kampfjets im Einsatz gewesen und hätten an die 70 Drohnen abgeschossen.
Unterstützung sei auch vom Boden und dem Meer aus gekommen. Die beiden US-Zerstörer „USS Carney“ und „USS Arleigh Burke“ hätten vom östlichen Mittelmeer aus ballistische Raketen abgefangen, auch über dem Irak sei eine Rakete von einer Patriot-Luftabwehreinheit der US-Armee in Erbil abgeschossen worden.
Lange Vorarbeit
In einer weiteren Analyse nannte das „Wall Street Journal“ am Montag die Abwehr des Angriffs auf Israel eine „eindrucksvolle Demonstration kollektiver Verteidigung“, für die es bisher keinen Präzedenzfall gegeben habe. Die USA hätten jahrelang eine stille und „zerbrechliche“ Koalition gegen eine solche Bedrohung aus dem Iran etwa auch unter Einbeziehung Saudi-Arabiens und Katars geschmiedet.
Das sei eher informell und still geschehen, viele technische und diplomatische Hindernisse seien dabei zu überwinden gewesen, vor allem hätten sich sunnitisch-arabische Staaten nicht dem Verdacht aussetzen wollen, Israel vor dem Hintergrund des Krieges im Gazastreifen zu Hilfe zu kommen.