Plastikfiguren in Form des Drogenbarons Pablo Escobar
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Gericht lehnt Antrag ab

Pablo Escobar darf keine EU-Marke werden

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat am Mittwoch den Antrag der Erben von Pablo Escobar abgelehnt, dessen Namen als Marke einzutragen. Das kolumbianische Unternehmen Escobar Inc. hatte zuvor versucht, den Namen beim EU-Amt für geistiges Eigentum (EUIPO) europaweit für Produkte in zahlreichen Kategorien schützen zu lassen – von Parfüm über Schusswaffen und Handys bis zur Restaurantkette. Gegen das Urteil kann noch vor dem höchsten europäischen Gericht, dem EuGH, vorgegangen werden.

Das EuG folgte der Argumentation des EUIPO, das in seiner Ablehnung hauptsächlich moralische Gründe aufführte. Escobars Name und das, was die europäische Öffentlichkeit damit verbinde, stehe im Widerspruch zu den Werten der EU, die organisierte Kriminalität stelle eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit dar.

Die Escobar Inc. argumentierte vor dem EuG, dass Escobar mittlerweile längst nicht mehr für seine kriminellen Aktivitäten bekannt sei. Die europäische Öffentlichkeit würde ihn ohnehin eher mit dem von ihm gegründeten Zoo in Verbindung bringen. In vielen Gegenden Kolumbiens würde man ihn darüber hinaus als Wohltäter und Stifter von Schulen und Krankenhäusern wahrnehmen und sogar „Robin Hood“ nennen.

Besucher vor einem Nilpferd im vom Drogenbaron Pablo Escobar gegründeten Zoo in Puerto Triunfo, Kolumbien
picturedesk.com/AFP/Raul Arboleda
Escobar hatte zu Lebzeiten eine Vielzahl exotischer Tiere angesammelt und seinen Zoo für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht

Es gelte, so die Anwälte des Unternehmens, zudem die Unschuldsvermutung – ein fundamentales Recht in der EU. Escobar sei nie für die ihm vorgeworfenen Verbrechen verurteilt worden. Abgesehen davon, dass sein Name sowohl in den USA als auch in Österreich von den jeweiligen Patentämtern als eingetragene Marke angenommen worden sei, hätte das EUIPO auch andere zweifelhafte Namen akzeptiert. Geschützt seien laut Markenregister der EU etwa „Secret Hitler“ und „Stalin Cookies! Cookies that rule!“.

Der Schutz des Namens ist nicht das einzige Geschäftsfeld der Escobar Inc., die ursprünglich 1984 vom Bruder des Drogenbarons, Roberto Escobar, gegründet wurde. Die Firma diente dem Medellin-Kartell zur Geldwäsche, bis Roberto Escobar wegen seiner kriminellen Machenschaften Anfang der 1990er Jahre für mehrere Jahre ins Gefängnis wanderte und Pablo Escobar wenig später laut offiziellen Angaben beim Fluchtversuch von einer kolumbianisch-amerikanischen Spezialeinheit erschossen wurde.

Neue Geschäftsfelder, neuer CEO

Roberto Escobar wurde 2003 wegen guter Führung aus der Haft entlassen und gründete 2014 die Escobar Inc. neu. Dass sich unter anderem mit den Namensrechten viel Geld verdienen ließe, scheint ihm damals ein erst 20-jähriger Schwede nähergebracht haben: Olof K. Gustafsson soll – laut dessen eigener Darstellung in schwedischen Medien – nach Kolumbien gereist sein, um über die Rechte des Namens Pablo Escobar für ein Videospiel zu verhandeln. Er wurde vom Fleck weg als CEO engagiert, seither pflastern teils verblüffend schmerzbefreit-dreiste Geschäftsideen und Rechtsstreitigkeiten den Weg der Firma.

Teetassen mit dem Porträt des Drogenbarons Pablo Escobar
picturedesk.com/AFP/Raul Arboleda
Pablo Escobar gründete das Medellin-Kartell – ein ebenso brutales wie kriminelles Wirtschaftsimperium

Milliardenforderung an Netflix wegen „Narcos“

2016 ging die Escobar Inc. gegen Netflix vor. Die Produktionsfirma hatte für die Serie „Narcos“ die Jagd der US-amerikanischen Anti-Drogen-Behörde DEA auf Pablo Escobar verfilmt. Die Firma beanspruchte im Nachhinein alle Rechte an der Story – und verlangte eine Milliarde Dollar. Zudem wies Roberto Escobar den Streaminganbieter daraufhin, dass die Filmarbeiten an den Originalschauplätzen nicht sicher seien – und tatsächlich wurde ein für die Netflix-Serie tätiger Locationscout 2017 ermordet in Mexiko aufgefunden. Sein Tod wurde nie aufgeklärt.

Escobar warnte in Interviews: Dreharbeiten in Kolumbien, die sich auf ihn oder seinen Bruder beziehen würden, seien ohne Genehmigung „sehr gefährlich“. Wenige Monate später soll die Escobar Inc. die Klage ohne weitere Erklärung zurückgezogen haben. Wie und ob Geld geflossen ist, blieb offen.

Historische Aufnahme des Drogenbarons Pablo Escobar im Jahr 1982
IMAGO/ZUMA Press/El Tiempo
1989 war Pablo Escobar laut Forbes-Schätzung mit einem Privatvermögen von 2,7 Mrd. Dollar der siebentreichste Mann der Welt

Gegen Trump und Musk

2019 versuchte Escobar gemeinsam mit Gustafsson, sich in die US-Politik einzumischen, in dem sie eine Crowdfunding-Aktion starteten, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump finanzieren sollte. Innerhalb von zehn Stunden sammelte er auf GoFundMe.com zehn Millionen Dollar, bevor die Plattform die Sammlung abbrach.

Im selben Jahr legte sich Escobar Inc. mit Milliardär Elon Musk an: Dieser hatte 2018 einen Propanbrenner in Form eines Flammenwerfers auf den Markt gebracht. Escobar bot ein Jahr später ein zum Verwechseln ähnliches Produkt an und klagte Musk – dieser habe eine früher gemeinsam diskutierte Idee gestohlen. Escobar forderte 100 Mio. Dollar in Cash oder Tesla-Aktien. Über den Ausgang des medial ausgetragenen Streits wurde nichts bekannt – die Käuferinnen und Käufer von Escobars Produkt warteten jedenfalls umsonst auf ihre bezahlten Flammenwerfer.

Krumme Geschäfte mit gefalteten Handys

Im Anschluss verlegte sich Escobar Inc. auf Mobiltelefone. Auf der eigenen Website und unter Domains wie Ripapple.com und Ripsamsung.com bot man „vergoldete“ iPhones („Escobar Gold 11 Pro“) und ein faltbares Plagiat des Samsung Galaxy Fold („Escobar Fold 1“) an. Wieder fanden sich mehrere hundert Gutgläubige, die sich um ihr Geld geprellt sahen. Quasi alle seriösen Onlinebezahldienste – von Paypal über Stripe und Klarna – haben die Konten von Escobar Inc. mittlerweile geschlossen.

Die Firma lässt sich davon nicht abschrecken: Aktuell bewirbt sie auf ihrer Homepage die wenig vertrauenerweckend wirkende „weltweit erste physische Kryptowährung“ Escobar Cash, die auf einer „revolutionären patentierten Technologie“ basieren soll.

Dass man sich von ursprünglichen Geschäftsmodellen wie der Geldwäsche gänzlich verabschiedet hat, ist unwahrscheinlich – im Dezember 2023 wurde Gustafsson im spanischen Marbella verhaftet. In einem Madrider Gefängnis wartet er nun auf eine Entscheidung über die von den US-Behörden beantragte Auslieferung: Ihm droht ein Prozess wegen Geldwäsche, Betrugs und Kunstschmuggels.