Ein Vater liegt mit seinem Kind auf einer Wiese
ORF/Dominique Hammer
Umfrage

Große Kluft bei Väterkarenz

Eine große Mehrheit der heimischen Führungskräfte steht einer Karenzzeit von Vätern zwar positiv gegenüber, wie eine Befragung des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) ergab. In der Realität sieht es jedoch anders aus. So sind sowohl Teilzeit als auch mehr als sechs Monate lange Abwesenheiten vom Job unter Jungvätern sehr selten, so das ÖIF. Hintergrund für diese Kluft sind sowohl Geschlechter- als auch andere Rollenklischees.

Denn Männer, die sich für mehr Zeit mit dem Kind entscheiden, gelten ihren Führungskräften laut Umfrage als weniger ambitioniert und werden weniger gerne befördert. Lange Anwesenheit am Arbeitsplatz etwa wird immer noch als Maßstab für die Hingabe zum Job gesehen. Doch immerhin „weisen die Ergebnisse dieser Studie auf eine Flexibilität und Anpassungsbereitschaft der Führungskräfte hin“, schreibt das ÖIF.

Für die Onlineerhebung im Auftrag von Bundeskanzleramt und Familienministerium wurden 412 Führungskräfte (264 Männer, 148 Frauen) gebeten, Arbeitszeitwünsche fiktiver männlicher Mitarbeiter, die vor Kurzem Väter geworden waren, mit Hilfe einer standardisierten Umfrage zu bewerten, heißt es in dem ÖIF-Bericht. Der Wunsch der Mitarbeiter: entweder die Arbeitszeit langfristig von 40 auf 25 Stunden zu reduzieren oder ein Jahr Elternkarenz in Anspruch zu nehmen.

Hälfte der Führungskräfte: Mutter besser geeignet

Die Führungskräfte wurden nach ihren hypothetischen Einschätzungen gefragt – aus dieser „Handlungsbereitschaft“ könne nicht auf das künftige Verhalten geschlossen werden, schränkt das ÖIF ein. Denn die Bewertung der fiktiven Situation führe zu keinen realen Konsequenzen und „fällt deshalb möglicherweise zu positiv aus“.

Vater hält Kind in Arm während Arbeit
Getty Images/Camille Tokerud
Ein Vater mit seinem Kind vor einem Computer

„Studien zeigen, dass ein starker Wunsch des Vaters nach einer Beziehung zum Kind und nach mehr Zeit für das Kind sozial bereits akzeptiert ist und sich auch in Elternrollenvorstellungen bereits eingeschrieben hat“, so das ÖIF. Doch das gelte nur bedingt, relativiert das Institut diese Studien. Denn laut der Umfrage ist die Hälfte der Führungskräfte der Ansicht, dass „im Allgemeinen Mütter besser geeignet sind, sich um die Kinder zu kümmern, als Väter“ und dass „Kinder darunter leiden, wenn die Mutter berufstätig ist“.

Dazu passend geht die Hälfte der befragten Führungskräfte davon aus, dass „im Allgemeinen das Familienleben darunter leidet, wenn die Frau Vollzeit berufstätig ist“. Wenn Männer ihre Arbeit reduzieren, dann wird es lieber gesehen, dass sie das für mehr Zeit mit ihrem Kind tun, als wenn sie damit eine Partnerin unterstützen wollen.

Stereotype als Problem

Damit stehen Stereotype sowohl der Geschlechterrollen als auch des Arbeitsverhaltens einer Ausweitung von Väterkarenzen im Wege. „Für langfristige Förderung von Geschlechtergleichstellung müsste das Ziel sein, sowohl traditionelle Geschlechtsrollenvorstellungen als auch Normen idealer Arbeitskraft aufzubrechen. Geschieht nicht beides parallel, kann Unterstützung durch Führungskräfte sogar paradoxe Auswirkungen haben“, heißt es dazu beim ÖIF.

Vater mit Kinderwagen in Wien
ORF/Christian Öser
Ein Vater mit dem Kinderwagen bei einem Spaziergang

Durch das fiktive Beispiel und die damit erwartbaren positiveren Aussagen der Führungskräfte könne man allerdings auch auf Faktoren schließen, die für Beurteilungen und Entscheidungen von Führungskräften wichtig sind. So ist die Ersetzbarkeit der Antragsteller ein wichtiger Punkt. Fachkräfte, deren Wissen niemand anderer hat, werden weniger gern unterstützt. Auch ist das Verständnis für Führungskräfte, die mehr Zeit mit ihren Kindern wollen, geringer als für einfache Mitarbeiter.

Arbeitszeitreduktion gilt als ambitionierter als Karenz

Eine Teilzeitlösung wird von den Führungskräften lieber gesehen als eine mehrmonatige Väterkarenz, was auch damit zu tun hat, dass die Arbeitsreduktion im Teilzeitmodell für das Unternehmen leichter zu bewältigen ist. Wer die Arbeitszeit reduziert, gilt außerdem als ambitionierter als Männer mit langer Abwesenheit.

Männer sollten sich auch nicht darauf verlassen, dass Frauen in Führungsposition für ihre Karenzanliegen offener sind. Männliche Führungskräfte seien eher bereit, Männer beim Wunsch nach Karenz zu unterstützen. Das könnte daran liegen, dass sich gleiches Geschlecht zwischen Beschäftigten und Führungskräften positiv auf die Wahrscheinlichkeit einer Beförderung und Karriereunterstützung auswirkt, vermerkt das ÖIF.