Das Wirecard-Logo in der Zentrale des Unternehmens
APA/Matthias Balk
Akten

Ott bot Jenewein laut NEOS Wirecard-Job an

Schlag auf Schlag geht es bei den Erkenntnissen zum mutmaßlichen russischen Spion Egisto Ott: Wie NEOS am Montag bekanntgab, findet sich im Strafakt Ott auch ein Jobangebot an den ehemaligen FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein. Laut Akt ging es um eine Stelle als Lobbyist beim damaligen Börsenwunderkind Wirecard.

Wie eng waren die Verflechtungen zwischen Russland und österreichischen Parteien? Wie nah war der Spion und mutmaßliche Milliardenbetrüger Jan Marsalek an den demokratischen Institutionen dran? Was lieferte Ott direkt aus den Netzwerken des Verfassungsschutzes? NEOS will ein weiteres Indiz für ein enges Naheverhältnis zwischen der FPÖ und Ott gefunden haben, wie der Fraktionsführer in den beiden aktuellen U-Ausschüssen, Yannick Shetty, am Montag in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz sagte.

Am Freitag habe man den umfangreichen Strafakt übermittelt bekommen, so Shetty. Zwischen Jenewein und Ott habe es in den Jahren 2017 und 2018 einen engen Austausch gegeben. Jenewein sei damals nicht nur FPÖ-Fraktionsführer im BVT-Untersuchungsausschuss gewesen, sondern auch die rechte Hand des damaligen Innenministers Herbert Kickl, so Shetty.

Geheime Teilnehmerliste übergeben?

Ott sei etwa mit hoch klassifizierten Dokumenten aus dem Büro Kickl versorgt worden, sagte Shetty. So habe eine Mitarbeiterin Jenewein etwa rechtswidrig eine Liste mit österreichischen Teilnehmenden am Berner Club, dem informellen Austausch europäischer Geheimdienste, gegeben, ohne dass durch Wasserzeichen erkennbar gewesen wäre, wo sie herkamen.

Die Liste habe Jenewein offenbar nicht über den U-Ausschuss erhalten und habe sich daher um eine andere Quelle umgesehen, die er – so NEOS – bei der FPÖ gefunden habe. Es gebe „noch keine Hinweise“, dass Kickl selbst davon gewusst habe, er gehe aber davon aus, dass die Mitarbeiterin ihren Vorgesetzten bei der Weitergabe solcher sensiblen Daten eingebunden habe.

NEOS: Ott bot Jenewein Job bei Wirecard an

Wie NEOS am Montag bekanntgab, findet sich im Strafakt Ott auch ein Jobangebot an den ehemaligen FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein. Laut Akt ging es um eine Stelle als Lobbyist beim damaligen Börsenwunderkind Wirecard.

Shetty: Jobangebot „bisher größter Skandal“

„Der bisher größte Skandal“, so Shetty, sei aber das Jobangebot an Jenewein. Ott habe Jenewein nach dessen Abgang aus der Politik 2019 eine Stelle als Lobbyist bei Wirecard angeboten, so der NEOS-Mandatar – jenem Konzern, dem Jan Marsalek vorstand und den er offenbar lange als Fassade für seine Spionagetätigkeiten nutzte.

„Bei seinem Investor/Finanzdienstleister ist für Dich jederzeit ein Platz frei…“, hieß es in einem Chat, über den die ZIB1 Montagabend berichtete. Otts früherer Vorgesetzter im BVT, Martin Weiss, arbeitete damals schon bei Wirecard für Marsalek und sollte als Kontaktperson fungieren.

Wie Jenewein reagiert habe, sei unklar. Der frühere FPÖ-Mandatar habe gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft aber niemals dazu Stellung genommen. Es sei aber, so Shetty, egal, ob die FPÖ damals schon über die Person Marsalek Bescheid wusste oder nicht, Hinweise darauf gebe es nicht, so Shetty. Doch seien beide Fälle skandalös. „Da musst du wissen, dass etwas faul ist“, so Shetty.

An der von Kickl zuletzt im U-Ausschuss beteuerten Distanz zu Ott zweifelte Shetty, mit Jenewein sei einer seiner engsten Mitarbeiter mit diesem in Dauerkontakt gewesen. Kickl habe unter Wahrheitspflicht ausgesagt und sei auch zur Vollständigkeit verpflichtet gewesen. „Wenn ich die Staatsanwaltschaft wäre, würde ich jedenfalls seine Aussage vor dem Untersuchungsausschuss auf Wahrheitsgehalt prüfen“, so Shetty, der aber auch die ÖVP zur Verantwortung zog und ihr „Kindsweglegung“ vorwarf. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

FPÖ-Anfragetext auf Otts Handy

Der Abgeordnete ging auch auf die jüngsten Enthüllungen der „Kronen Zeitung“ vom Wochenende ein: Auf Otts Handy soll eine bearbeitete Parlamentarische Anfrage zur Operation „White Milk“ entdeckt worden sein, die letztlich von der FPÖ eingebracht wurde. Es geht dabei um jenen der Folter verdächtigten syrischen General, der in Österreich Asyl bekam.

Laut den Akten konnte auf Otts Mobiltelefon dazu „ein Dokument (pdf) festgestellt werden, das eine parlamentarische Anfrage zur Causa White Milk enthält“. Offenbar, so zitierte die „Krone“ aus dem Akt, wurden in das festgestellte Dokument seitens Ott Änderungsvorschläge – ergänzte Passagen und zusätzliche Fragen in roter Farbe – eingebracht.

Die Anfrage war 2020 vom FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker eingebracht worden. Dieser sprach nun gegenüber der Zeitung von 460 Parlamentarischen Anfragen seit Beginn dieser Gesetzgebungsperiode. „Dass in die Erarbeitung der Anfragen auch Dritte eingebunden sind, ist ein normaler Vorgang, zumal häufig Missstände thematisiert werden, die von außen an uns herangetragen werden.“ Dass Ott allem Anschein nach an einer dieser Anfragen mitgewirkt habe, sei ihm „nicht bekannt“.

Empörung bei anderen Parteien

Es sei zwar üblich, dass sich Abgeordnete Expertise von Fachleuten holten, so Shetty dazu, „aber nicht von russischen Spionen“. Das zeige, dass die FPÖ „der verlängerte Arm Putins in Österreich ist“, so Shetty, der einen raschen Untersuchungsausschuss zur Causa sowie einen „Pakt zur Aufklärung“ forderte.

Die ÖVP hatte schon zuvor gemeint: „Die Hinweise zu Verbindungen der mutmaßlichen Russland-Spione in Richtung FPÖ weiten sich aus. Nun ist auch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker mittendrin“, so der Abgeordnete Andreas Hanger in einer Aussendung. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker sah enge Kickl-Vertraute im Spionagesumpf versinken. Ganz ähnlich Grünen-Fraktionschefin Meri Disoski: Bei den Freiheitlichen sei Feuer am Dach, „die FPÖ muss ihre Beziehung zum russischen Spion Egisto Ott endlich vollständig offenlegen“.

Hafenecker wies nach Shettys Pressekonferenz darauf hin, dass NEOS keinen Grund habe, sich als Aufdecker zu inszenieren, habe doch NEOS-EU-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter „engen Kontakt“ zu Ott gehabt. Zudem habe NEOS von Parteispenden des inhaftierten Wirecard-Vorstands Markus Braun profitiert. Auf die Vorwürfe ging Hafenecker nicht ein.

„Krone“: Honorarliste auf Telefon sichergestellt

Die „Kronen Zeitung“ berichtete Montagabend in ihrer Onlineausgabe zudem von einer auf dem Mobiltelefon Otts sichergestellten „Honorarliste“, die mehrere Preispositionen jeweils mit Summen für „Recherche und Betreuung“ aufliste. Darunter auch ein Posten mit „laufende Unterstützung HJJ“, womit wohl Ex-FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein gemeint sein dürfte. Gesamt belaufen sich die Forderungen Otts laut „Krone“ auf 18.500 Euro.

Indes wurde die gegen Ott vor zwei Wochen verhängte Untersuchungshaft auch formal verlängert, berichtete der „Kurier“. Bereits am Wochenende hatte die APA erfahren, dass Ott auf eine Haftprüfung verzichtet hatte.