Das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) am Minoritenplatz in Wien
ORF/Carina Kainz
Dokumente

Ott in Kontakt mit Kneissls Generalsekretär

Die Spionageaffäre um den inzwischen inhaftierten Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott ist um eine Facette reicher. Ermittlungsakten belegen zumindest die enge Zusammenarbeit zwischen Ott und dem damaligen Generalsekretär im FPÖ-geführten Außenministerium unter Karin Kneissl, Johannes Peterlik. Entsprechende Dokumente liegen der APA vor.

Diese belegen laut der Nachrichtenagentur mehrere Ersuchen Peterliks um ermittlungstechnische Abfragen. Peterlik wurde 2017 Generalsekretär von FPÖ-Außenministerin Kneissl. Nach dem „Ibiza“-Skandal wurde er als Botschafter nach Indonesien entsandt, aber bald suspendiert.

Der Diplomat soll bei der Übermittlung der geheimen Formel für das russische Nervengift Nowitschok an Wirecard-Vorstand Jan Marsalek beteiligt gewesen sein, so der Vorwurf. Die Formel wurde laut Festnahmeanordnung auch auf Otts Handy gefunden.

Ermittlungen eingestellt

Die mittlerweile eingestellten Ermittlungen liefen gegen Peterlik aber auch wegen weiterer Gefallen, die Ott für ihn geleistet haben soll. So bat der damalige Generalsekretär im Außenministerium den mutmaßlichen Spion um Hilfe bei der Ausstellung eines Waffenpasses. Ott kontaktierte daraufhin einen hohen Beamten im LVT Wien, der nach einem „Schlupfloch“ suchte. Laut Einstellungsbegründung der Staatsanwaltschaft Wien wäre das aber auch ohne Intervention möglich gewesen.

Auch in einem anderen Fall wurden die Ermittlungen gegen Peterlik eingestellt: Er hatte Ott um eine Abfrage einer unterdrückten Telefonnummer beim Provider gebeten. Dazu stellte die Staatsanwaltschaft fest, dass Ott, der zu diesem Zeitpunkt bereits der Sicherheitsakademie zugeteilt war, gar keine Abfrage rechtskonform habe durchführen können. In einem weiteren Fall – Peterlik wollte wissen, ob eine bestimmte Nummer polizeilich überwacht wird – stellten die Ermittler fest, dass Ott keine Einschaumöglichkeiten gehabt habe.

Eingestellt wurden ebenfalls im August 2022 Ermittlungen gegen Peterlik wegen Geheimnisverrats an Ott im Zusammenhang mit dem damals in der Türkei inhaftierten freien Journalisten Max Zirngast. Zum Tatzeitpunkt sei die mediale Berichterstattung schon so umfassend gewesen, heißt es in der Begründung, dass dem „Beschuldigten kein Vorsatz auf Offenbarung oder Verwertung des Aufenthaltstitels nachgewiesen werden kann“.

Auch Kickl für U-Ausschuss – nach der Wahl

Die ÖVP erhob Vorwürfe, Peterlik und Ott hätten am Aufbau eines „Schattengeheimdienstes“ unter Kneissl gearbeitet. Ott soll laut Organigramm für ein „Referat 4“, eine Koordinierungsstelle, vorgesehen gewesen sein. Die Leitung hätte Peterlik obliegen sollen. Die FPÖ wies die Darstellungen zurück.

Obwohl Peterlik zuletzt in einem FPÖ-geführten Ressort saß, zeigte sich der freiheitliche Generalsekretär Christian Hafenecker „erstaunt“ über den „schonenden Umgang der Staatsanwaltschaft mit dem ÖVP-Vertrauensmann“ Peterlik. Dieser habe zuvor für die ÖVP-Ministerinnen Benita Ferrero-Waldner und Sophie Karmasin gearbeitet. Dass Ott zu den angeforderten Daten gar keinen Zugang hatte, sei außerdem „bemerkenswert“ angesichts der aktuellen Behauptungen über dessen angebliche Fähigkeiten und Zugänge.

Rufe nach eigenem U-Ausschuss

Zuletzt wurden weitere Rufe nach der Einsetzung eines eigenen parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der Causa laut. Einen solchen schlug am Dienstag auch FPÖ-Chef Herbert Kickl vor – für die Zeit nach der Nationalratswahl. Der aktuelle, von der ÖVP eingesetzte Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ sei für die Aufklärung der Affäre Ott und Russland-Spionage nicht geeignet, sondern reine „Wahlkampfshow“, schrieb Kickl in einer Aussendung.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger ist für einen „FPÖ-Russland-Ausschuss“. In einer Pressekonferenz mit der grünen Fraktionschefin Sigrid Maurer betonte Wöginger am Dienstag, dass sich der von ihm gewünschte Ausschuss wohl erst in der kommenden Legislaturperiode ausgehen werde. Glücklicherweise laufe aber noch jener zum „rot-blauen Machtmissbrauch“, in dem man sich mit dem Thema bereits auseinandersetzen könne. Derzeit würden ja Tag für Tag neue Erkenntnisse „über uns einbrechen“. Kickl werde daher sicher auch noch einmal geladen.

Neue Details aus Ermittlungsakt

Wie Dokumente zeigen, über die „Standard“ und „profil“ am Montag berichteten, pflegte Jenewein Kontakt mit einer damaligen Mitarbeiterin aus Kickls Kabinett im Innenministerium. Ermittelt wird wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs. So soll sich Jenewein von der Beamtin Dokumente, die als vertraulich bzw. geheim klassifiziert waren, ohne Wasserzeichen haben schicken lassen, um sie an Medien weitergeben zu können. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Auch die Chats von Michael Kloibmüller, ehemals Kabinettschefs unter Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), soll Jenewein im Wahlkampffinale 2019 auf diesem Weg erhalten und später mit einer „Familiengruppe“ mit seiner Schwester, der FPÖ-Politikerin Dagmar Belakowitsch, und weiteren Personen geteilt haben, wie am Dienstag das Ö1-Morgenjournal berichtete.

Die Staatsanwaltschaft Wien geht davon aus, dass Jenewein Zugang zur gesamten Mobiltelefonextraktion Kloibmüllers hatte – „das Dokument weist einen Umfang von 4.245 Seiten auf“, heißt es dazu im Akt. Ebenfalls im Wahlkampffinale schrieb Jenewein an Kickl, er habe eine „Interventions-SMS“, die an Kloibmüller gegangen sei. „Schwarzes Netzwerk im Innenministerium: Wenn Dich das interessiert, bin erreichbar.“ Jenewein selbst weist alle Vorwürfe zurück.

Spionageabwehr: NEOS kündigt Anträge an

NEOS kündigte indes für die Nationalratssitzung am Mittwoch Anträge auf Bekämpfung russischer Spionage in Österreich an. So sollen die Regierungsparteien dazu gedrängt werden, die von ihnen angekündigte Verschärfung des Spionageparagrafen im Strafgesetzbuch umzusetzen sowie die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) rasch mit genügend Mitteln und Personal auszustatten. Außerdem soll die Zahl russischer Diplomaten in Österreich reduziert werden.