Soldaten am US-Stützpunkt in Grafenwöhr
IMAGO/Sven Simon
„Anschläge verhindert“

Deutschrussen in Bayern verhaftet

Im bayrischen Bayreuth hat die Polizei zwei mutmaßliche Agenten mit Verbindung zu Russland verhaftet. Die beiden deutsch-russischen Doppelstaatsbürger sind dringend verdächtig, in einem besonders schweren Fall für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein, teilte die deutsche Generalbundesanwaltschaft am Donnerstag in Karlsruhe mit. Vonseiten der deutschen Regierung ist von einem besonders schweren Fall die Rede – verhindert worden seien möglicherweise Anschläge.

Den beiden Deutschrussen würden unter anderem Agententätigkeit zu Sabotagezwecken und die Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion vorgeworfen. Die Festnahme erfolgte, wie zuvor das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete, am Mittwoch durch Spezialeinsatzkräfte der Polizei. Die beiden Verdächtigen müssen in U-Haft, teilte eine Sprecherin der Generalbundesanwaltschaft nach erfolgter Haftprüfung mit.

Die Männer hätten potenzielle Anschlagsziele ausgekundschaftet, darunter auch Einrichtungen der US-Streitkräfte in Deutschland. Ziel sei es gewesen, „die aus Deutschland der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg geleistete militärische Unterstützung zu unterminieren“.

Bei einem der ausgespähten Objekte soll es sich laut „Spiegel“ um eine Einrichtung der US-Armee im bayrischen Grafenwöhr gehandelt haben. Dort befindet sich unter anderem ein bedeutender Truppenübungsplatz, auf dem die US-Armee ukrainische Soldaten ausbildet, etwa an Abrams-Kampfpanzern.

Faeser: „Mögliche Sprengstoffanschläge verhindert“

„Unsere Sicherheitsbehörden haben mögliche Sprengstoffanschläge, die unsere militärische Hilfe für die Ukraine treffen und unterminieren sollten, verhindert“, sagte Innenministerin Nancy Faeser. „Es ist ein besonders schwerer Fall der mutmaßlichen Agententätigkeit für Putins Verbrecherregime“, fügte sie mit Blick auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin hinzu.

„Wir wissen, dass der russische Machtapparat auch unser Land in den Fokus nimmt“, sagte Justizminister Marco Buschmann. Auf diese Bedrohung müsse Deutschland wehrhaft und entschlossen reagieren. Dem Generalbundesanwalt sei mit den jüngsten Festnahmen ein „weiterer bedeutsamer Ermittlungserfolg“ im Kampf gegen Putins Sabotage- und Spionagenetzwerks gelungen.

„Sprengstoff- und Brandanschläge“

Der festgenommene Dieter S. sei in Kontakt zu einer Person gestanden, „die an einen russischen Geheimdienst angebunden ist“, erklärte die Bundesanwaltschaft. Mit dieser Person habe sich S. seit Oktober 2023 über mögliche Sabotageaktionen in Deutschland ausgetauscht. Der Beschuldigte habe sich gegenüber seinem Gesprächspartner bereiterklärt, „Sprengstoff- und Brandanschläge vor allem auf militärisch genutzte Infrastruktur und Industriestandorte in Deutschland zu begehen“, hieß es in der Erklärung aus Karlsruhe.

Zur Vorbereitung habe S. Informationen über potenzielle Anschlagsziele gesammelt, darunter auch Einrichtungen der US-Streitkräfte. Der zweite Festgenommene, Alexander J., habe S. spätestens seit März 2024 dabei geholfen. Einige der ins Visier genommenen Objekte kundschaftete S. den Angaben zufolge an Ort und Stelle aus, wobei er Fotos und Videos, etwa von Militärtransporten und -gütern, anfertigte. Die gesammelten Informationen habe er an seinen Gesprächspartner übermittelt.

Auch an Kämpfen in Ostukraine beteiligt

Gegen S. eröffnete der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Angaben zufolge einen weiteren Haftbefehl, der den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung betrifft. S. soll zwischen Dezember 2014 und September 2016 in der Ostukraine als Kämpfer einer bewaffneten Einheit der „Volksrepublik Donezk“ aktiv gewesen sein.

Prorussische Einheiten beanspruchten ab Frühjahr 2014 die Kontrolle über den ukrainischen Verwaltungsbezirk Donezk. Erklärtes Ziel der von schweren Kämpfen mit den ukrainischen Streitkräften begleiteten Auseinandersetzung war die Loslösung von Donezk von der Ukraine.

Moskau: „Keine Beweise“

Der Fall hat auch schon diplomatische Konsequenzen: Außenministerin Annalena Baerbock ließ den russischen Botschafter in Berlin ins Auswärtige Amt einbestellen. Moskau kritisierte anschließend, dass dem Botschafter keine Beweise vorgelegt worden seien, wie die Botschaft via X (Twitter) mitteilte. Die Vorwürfe seien „absurd“.

Die Einbestellung von Botschafter Sergej Netschajew ins Außenministerium sei eine „offene Provokation, die auf das Befeuern der ohnehin schon überbordenden Spionomanie in der BRD und das Anheizen antirussischer Stimmungen“ abziele, heißt es in der Erklärung.

Prozess gegen BND-Mitarbeiter

Bei einem weiteren Spionageverdachtsfall steht in Deutschland derzeit ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) vor Gericht. Die Anklage wirft auch diesem Landesverrat in einem besonders schweren Fall vor: Mitten im Ukraine-Krieg soll Carsten L. Staatsgeheimnisse an Russland weitergegeben haben.

Am Mittwoch brach der 53-Jährige sein Schweigen und bestritt die Vorwürfe. Sein Verteidiger erklärte im Namen des BND-Mitarbeiters im Prozess: „Der Angeklagte wollte und hat den BND nicht verraten.“ Er habe keinerlei Pflichtverletzungen begangen.

Gemeinsam mit einem in Russland geborenen Geschäftsmann soll L. im September und Oktober 2022 geheime Dokumente und Informationen aus dem deutschen Auslandsnachrichtendienst an den russischen Inlandsgeheimdienst FSB weitergegeben haben. Dafür sollen sie laut Anklage einen „Agentenlohn“ von 450.000 Euro beziehungsweise 400.000 Euro erhalten haben.

Festgenommener Berufssoldat

Ein weiterer Fall betrifft einen im August festgenommenen deutschen Berufssoldaten, der im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der deutschen Bundeswehr arbeitete. Die Einrichtung ist für die Ausstattung des deutschen Militärs mit Material und Waffen sowie die Entwicklung, Erprobung und Beschaffung von Wehrtechnik zuständig. Ab Mai 2023 soll der Mann mehrfach dem russischen Generalkonsulat in Bonn und der russischen Botschaft in Berlin eine Zusammenarbeit angeboten haben.