Die Anzahl getroffener Flugzeuge beziehungsweise die Verluste auf russischer Seite würden noch geklärt, hieß es vom Militärgeheimdienst weiter. Der Angriff ereignete sich den Angaben des Militärgeheimdienstes zufolge bereits Mittwochfrüh auf dem Luftwaffenstützpunkt Dschankoi im Norden der Krim. Noch am selben Tag waren in Onlinediensten Videos von Explosionen, begleitet von Sirenen, aufgetaucht, die Kiew zunächst nicht kommentiert hatte.
Die Zahl der Toten nach dem russischen Raketenangriff am Mittwoch in der nordukrainischen Stadt Tschernihiw stieg indes auf 18. 78 Menschen seien verletzt worden, teilte Regionalgouverneur Wjatscheslaw Tschaus am Donnerstag auf Telegram mit. Die Such- und Rettungsaktion sei Donnerstagfrüh beendet worden. Am Mittwoch waren drei Raketen im Zentrum der Regionalhauptstadt eingeschlagen. Nach Angaben der Behörden wurden mehrere Gebäude und Privatautos beschädigt.
Luftalarm in Kiew
In der Nacht auf Donnerstag wurden indes in der Ukraine sieben Regionen angegriffen, wie die Luftstreitkräfte in Kiew am Donnerstag mitteilten. In der Früh wurde auch in Kiew erneut Luftalarm ausgelöst. Russland griff in der Nacht auf Donnerstag nach Angaben örtlicher Behörden die westukrainische Region Iwano-Frankiwsk mit Drohnen an. Ziel sei kritische Infrastruktur gewesen, teilte Regionalgouverneurin Switlana Onyschtschuk auf Telegram mit.
Die ukrainische Luftabwehr habe alle 13 Drohnen abgeschossen. Trümmerteile hätten allerdings Brände verursacht. Verletzte habe es nicht gegeben. Auch über Schäden an Einrichtungen der kritischen Infrastruktur lagen zunächst keine Informationen vor. Russland hat in den vergangenen Wochen seine Luftangriffe auf das ukrainische Energiesystem und andere Infrastruktur verstärkt.
Tote in Donezk
Beim Beschuss der ostukrainischen Region Donezk wurden Behördenangaben zufolge zwei Menschen getötet. Gouverneur Wadym Filaschkin erklärte im Onlinedienst Telegram, Russland habe „innerhalb eines Tages 17-mal auf Siedlungen in der Region Donezk geschossen“. Mehr als 120 Menschen wurden aus dem Frontgebiet in Sicherheit gebracht, darunter 13 Kinder.
Der ukrainische Energieversorger DTEK und die ukrainische Regierung riefen angesichts einer Reihe russischer Angriffe auf die Energieinfrastruktur dazu auf, den Energieverbrauch in den Abendstunden einzuschränken. „Gemeinsam mit unseren Kollegen tun wir alles, um den zuverlässigen Betrieb des Stromnetzes zu gewährleisten, aber wir brauchen dringend Ihre Hilfe“, erklärte DTEK. „Wir bitten die Unternehmen und alle Familien, Strom zu sparen.“ Das Energieministerium schloss sich der Bitte an und verwies auf Energieimporte aus Rumänien, Polen und der Slowakei, um Verbrauchsausfälle zu decken.
Russland: Drohnen und Raketen abgefangen
Das russische Verteidigungsministerium in Moskau berichtete indes Donnerstagfrüh, es seien mehr als 45 Luftziele, darunter Drohnen und Raketen, aus der Ukraine abgefangen und zerstört worden. Laut russischen Behörden gab es Verletzte und Schäden. In der russischen Grenzregion Belgorod sei eine Frau verletzt worden, als herabstürzende Trümmer eines Geschoßes auf ein Haus stürzten, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow mit. Das Dach des Hauses und eine Wand seien beschädigt worden.
Im Gebiet Rostow schlugen Trümmer einer abgeschossenen Drohne Behörden zufolge in ein Industriegebäude ein. Ein Mitarbeiter sei dort verletzt worden. In Woronesch berichteten die Behörden von einer Verletzten und vier beschädigten Häusern nach dem Abschuss einer Drohne. Die russischen Angaben sind nicht überprüfbar.
Streit über AKW Saporischschja
Russland warf unterdessen der ukrainischen Armee einen Drohnenangriff auf das Schulungszentrum des besetzten Kernkraftwerks Saporischschja, des größten AKW Europas, vor. Die Drohne sei über dem Dach des Gebäudes zerstört worden, teilten die russischen Besatzer mit. Es sei kein Schaden entstanden, und niemand sei verletzt worden, hieß es in der Erklärung der Kraftwerksbetreiber weiter.
Die russischen Streitkräfte hatten kurz nach Beginn ihrer Invasion das Atomkraftwerk unter ihre Kontrolle gebracht. Beide Kriegsparteien beschuldigen einander immer wieder, das Gelände des AKW und die Umgebung zu beschießen.
Russland überzieht in seinem seit mehr als zwei Jahren andauernden Krieg die Ukraine immer wieder mit Drohnen- und Raketenangriffen. Die Ukraine wehrt sich mit westlicher Hilfe gegen den russischen Angriffskrieg. Dabei greift sie mit eigenen Waffen immer wieder auch Ziele auf russischem Gebiet an. Die Schäden und Opferzahlen auf russischer Seite stehen allerdings in keinem Verhältnis zu den vielen Toten, Verletzten und schweren Zerstörungen auf ukrainischer Seite.
Hoffen auf US-Hilfspaket
Unterdessen hofft die Ukraine auf baldige finanzielle Hilfe aus den USA. Nach monatelanger Blockade von US-Hilfen für die Ukraine steht jetzt eine Abstimmung über ein neues Hilfspaket im US-Repräsentantenhaus offenbar kurz bevor. Der Vorsitzende der Kammer, Mike Johnson, sagte, er erwarte ein Votum am Samstagabend (Ortszeit).
Der mächtige Kontrollausschuss veröffentlichte am Mittwoch die Gesetzesentwürfe, über die nun abgestimmt werden soll. Diese spiegeln weitgehend einen bereits vorhandenen Vorschlag wider. Allerdings soll in Johnsons Entwurf ein Teil der Hilfen für die Ukraine in ein Darlehen umgewandelt werden.
Im Falle einer Zustimmung wäre noch der Senat am Zug. Es gilt als wahrscheinlich, dass die von den Demokraten geführte Kammer das Vorhaben unterstützt. US-Präsident Joe Biden teilte kurz nach Veröffentlichung der Gesetzesentwürfe mit, dass er das Paket unterstütze. „Das Repräsentantenhaus muss das Paket diese Woche verabschieden, und der Senat sollte schnell Folge leisten“, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses. Biden werde das Gesetz sofort unterschreiben.
Seit Februar in der Schwebe
Eigentlich hatte der Senat bereits im Februar für ein von Biden beantragtes milliardenschweres Hilfspaket votiert. Dieses sah rund 60 Milliarden US-Dollar an Unterstützung für die Ukraine, rund 14 Milliarden US-Dollar für Israel sowie Milliardenhilfen für Taiwan und andere Partner im Indopazifik vor. Die Zustimmung der zweiten Kammer, des Repräsentantenhauses, stand noch aus – dort haben die Republikaner eine knappe Mehrheit. In der Kammer kam es wegen parteiinterner Machtkämpfe bei den Republikanern bisher nicht zur Abstimmung.