Nuklearanlage in Isfahan
Reuters/Wana News Agency
Angriff auf Isfahan?

Schweigen in Israel und im Iran

Auch Stunden nachdem US-Medien mit Berichten über einen israelischen Angriff auf den Iran für weltweite Schlagzeilen gesorgt haben, zeigen sich beide Seiten weiter schweigsam. So gibt es weiterhin keine offizielle Stellungnahme vonseiten Israels. Aus dem Iran wurde bisher der Einsatz der Luftabwehr bestätigt – ansonsten zeigen sich iranische Medien darum bemüht, die in der Nacht auf Freitag erfolgten Ereignisse herunterzuspielen.

Das israelische Militär erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, vorerst „keinen Kommentar“ abzugeben. Auch das Ausmaß der Schäden war zunächst unklar. Auch von iranischer Seite gibt es nach wie vor keine Bestätigung eines israelischen Angriffs – ganz im Gegenteil: In diversen Agenturberichten wurde infrage gestellt, dass es sich um einen Angriff von außen gehandelt habe.

Der Oberbefehlshaber der regulären Streitkräfte, Abdolrahim Mussawi, bekräftigte bisher lediglich Aussagen vonseiten des Militärs, dass die in der Nacht bei der Stadt Isfahan gehörten Explosionen auf die Luftabwehr zurückzuführen seien.

Wie Mussawi nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA dazu sagte, werde der Vorfall derzeit von Experten untersucht. Weitere Informationen würden folgen, sobald Ergebnisse vorliegen. Ein Sprecher der iranischen Raumfahrtbehörde erklärte zuvor, mehrere Drohnen seien „erfolgreich abgeschossen“ worden. Informationen über einen Angriff mit Raketen habe es zunächst nicht gegeben.

Unklarheit über Angriffe im Iran

ORF-Korrespondent Tim Cupal und ORF-Korrespondentin Katharina Wagner aus Israel und dem Iran. Israel hat bisher nicht offiziell reagiert, in Teheran zeigt man sich zurückhaltend.

„Mehrere kleine Flugobjekte gesichtet“

Es habe sich um keine großangelegte Attacke gehandelt, hieß es dazu bei IRNA. „Vor ein paar Stunden wurden mehrere kleine Flugobjekte am Himmel von Isfahan gesichtet und getroffen“, sagte eine Reporterin zudem im staatlichen TV. Der kurzzeitig unterbrochene Luftverkehr sei wieder aufgenommen worden. Die iranische Regierung wies zugleich Berichte zurück, wonach der Sicherheitsrat des Landes zu einer Krisensitzung zusammengekommen sei.

Ein ranghoher Kommandeur der iranischen Armee sprach laut Staatsfernsehen von einem nächtlichen Vorfall und sagte, dass dabei kein Schaden entstanden sei. Betroffen war Medienberichten zufolge der Luftstreitkräftestützpunkt Schekari im Nordwesten der Provinz Isfahan. Dort befinden sich wichtige Einrichtungen der iranischen Rüstungsindustrie. Auch das größte nukleare Forschungszentrum des Landes ist nahe der gleichnamigen Provinzhauptstadt angesiedelt.

TV-Grab des staatlichen iranischen Fernsehens zeigt die Stadt Isfahan
APA/AFP/Iranian State Tv (irib)
Bei Isfahan sind Einrichtungen der Rüstungsindustrie sowie ein nukleares Forschungszentrum angesiedelt

Raisi erwähnt nur iranischen Angriff auf Israel

Kein Wort zu den Berichten über die nächtlichen Vorfälle in Isfahan gab es am Freitag bei einer Rede des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi. Dieser erwähnte nur den ersten direkten Großangriff des Iran auf Israel am Wochenende. Der am 13. April erfolgte Angriff „spiegelt unsere Autorität, den eisernen Willen unseres Volkes und unsere Einheit wider“, sagte Raisi am Freitag bei einer Ansprache vor mehreren hundert Menschen in der nordöstlichen Stadt Damghan.

Der Iran hatte Israel in der Nacht auf Sonntag mit Drohnen und Raketen angegriffen, nach israelischen Angaben wurden fast alle der mehr als 300 vom Iran abgefeuerten Drohnen, Raketen und Marschflugkörper abgewehrt. Teheran hatte die Drohnen- und Raketenangriffe als Vergeltung für einen Israel zugeschriebenen tödlichen Angriff auf ein iranisches Konsulatsgebäude in Damaskus bezeichnet.

Laut US-Medien auch Angriff mit Raketen

Im Gegensatz dazu berichteten US-Medien unter Berufung auf einen US-Beamten von einem „begrenzten“ israelischen Vergeltungsschlag auch mit Raketen. Auch ein namentlich nicht genannter israelischer Beamter habe einen mit Raketen und Drohnen durchgeführten Angriff bestätigt, berichtete die „Washington Post“. Erklärtes Ziel sei es gewesen, dem Iran zur signalisieren, dass Israel die Fähigkeit habe, innerhalb des Landes zuzuschlagen.

Den US-Medienberichten zufolge seien die USA von Israel vor einem Vergeltungsschlag gegen den Iran gewarnt worden, sie hätten ihn aber „nicht gutgeheißen“, so CNN mit Verweis auf eine mit der Sache vertraute Person. Eine Beteiligung der USA habe es nicht gegeben.

Nach Angaben von Italiens Außenminister Antonio Tajani dominierten die jüngsten Ereignisse in Nahost auch das aktuelle Außenministertreffen der Gruppe der sieben (G-7) auf Capri. Die USA hätten Tajanis Angaben zufolge dort bestätigt, dass sie von Israel in letzter Minute Informationen über einen Drohnenangriff im Iran erhalten hätten.

IAEA: Keine Schäden an Atomanlagen

Nach Einschätzung des US-Militärexperten Cedric Leighton habe Israel mit dem Vorgehen, das „ganz klar eine direkte Reaktion auf die iranischen Angriffe vom Wochenende war“, bewiesen, dass das iranische Luftabwehrsystem nicht annähernd die Fähigkeiten des israelischen Luftabwehrsystems hat.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigte, dass bei dem mutmaßlichen Angriff auf den Iran keine iranischen Atomanlagen beschädigt wurden. Man beobachte die Situation weiterhin sehr genau, so die IAEA, die via X (Twitter) zudem alle Seiten zu äußerster Zurückhaltung aufrief und betonte, dass nukleare Einrichtungen niemals Ziel militärischer Konflikte sein dürften.

Warnung vor Flächenbrand

Israel wurde von den USA und weiteren Partnern zur Zurückhaltung aufgefordert, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Die ohnehin angespannte Sicherheitslage in Nahost hat sich seit Ausbruch des Krieges im Gazastreifen zwischen Israel und der dort herrschenden Hamas drastisch verschlechtert.

International wird vor einem Flächenbrand in der Region gewarnt. „Es ist absolut notwendig, dass die Region stabil bleibt und dass alle Seiten von weiteren Aktionen absehen“, teilte am Freitag etwa EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Reaktion auf die jüngsten Ereignisse mit. Auch Deutschland, Frankreich und Österreich riefen zu Deeskalation auf. „Es muss allen klar sein: Die Situation ist brandgefährlich. Jede weitere Eskalation könnte eine Kettenreaktion auslösen, die dann niemand mehr unter Kontrolle bringen könnte“, warnte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP).

Der Kreml forderte beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Das ägyptische Außenministerium zeigte sich „zutiefst besorgt“. Ägypten forderte beide Parteien auf, ein Höchstmaß an Zurückhaltung zu üben und das Völkerrecht einzuhalten, wie es in einer Erklärung des Ministeriums vom Freitag hieß. Oman verurteilte den „israelischen Angriff auf den Iran“ und auch die wiederholten israelischen Angriffe in der Region. Das Land fordere die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Ursachen des Konflikts mit Diplomatie entgegenzutreten.