Familie mit Kinderwagen auf Straße in Wien
ORF.at/Dominique Hammer
Familiennachzug

Kinder bis sieben größte Asylwerbergruppe

Am Wochenende hat Johannes Kopf, Chef des Arbeitsmarktservice (AMS), eine „Sozialhilfe-Auflage“ vorgeschlagen, um Geflüchtete und deren Familien besser auf die Bundesländer zu verteilen. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) winkte ab. Insgesamt geht die Zahl der Asylanträge zwar zurück, der Familiennachzug aber macht sich bemerkbar: Kinder bis sieben Jahre sind mittlerweile die größte Asylwerbergruppe.

Im ersten Quartal kam knapp ein Drittel der Asylanträge von Kindern bis sieben Jahre. Rund 53 Prozent der Antragssteller sind nicht älter als 18. Zudem stieg der Anteil weiblicher Asylsuchender markant. Insgesamt geht die Zahl der Anträge gemäß der APA vorliegender Asylstatistik zurück. 6.922 Asylansuchen wurden in den ersten drei Monaten des Jahres abgegeben. Das waren 32 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das Innenministerium führt das auf ein konsequentes Vorgehen gegen Schlepper zurück.

Spürbar ist, dass der Familiennachzug seine Auswirkungen hat. Gleich 3.649 Ansuchen kamen von Minderjährigen. 3.273 wurden von Volljährigen eingereicht. Sehr stark stieg der Anteil der Frauen. Knapp 46 Prozent der Anträge kamen von weiblichen Asylsuchenden. Im Gesamtjahr 2023 waren es nur rund 24 Prozent der Anträge gewesen, die von Frauen gestellt wurden.

Grafik zu Asylanträgen in Österreich
Grafik: APA/ORF; Quelle: BMI

Syrer klar in Überzahl

Mit sehr großem Abstand stärkste Nation unter den Asylwerbern sind Syrer und Syrerinnen, auf die 4.335 Anträge entfielen. Dahinter kommen Afghanen und Afghaninnen mit 665. Beide Gruppen haben gute Chancen auf Schutz in Österreich. Bei Syrern wurden 30 Prozent der Asylverfahren negativ beschieden, bei Afghanen 39 Prozent.

Der Zuzug über Familienverfahren dürfte jedenfalls groß bleiben. Im ersten Quartal wurde in 3.783 Fällen eine positive Prognose abgegeben, was im Regelfall den Erhalt eines Schutzstatus nach sich ziehen wird. Gleich 3.503 aus dieser Gruppe stammen aus Syrien. Asylsuchende aus diesem Land waren auch jene, die deutlich am häufigsten mit einem Schutzstatus ausgestattet wurden. 5.330 Personen erhielten in den ersten drei Monaten Asyl oder subsidiären Schutz. Insgesamt gab es (humanitären Aufenthalt eingerechnet) rund 7.500 positive Entscheidungen.

Wiener Gemeinderat fordert Wohnsitzauflage

Besonders hohe Zahlen an Familiennachzügen vermeldete zuletzt Wien. Das führt vor allem im Schulbereich aufgrund nötiger Plätze zu Problemen. Am Montag brachte die Wiener Regierungskoalition von SPÖ und NEOS einen Resolutionsantrag ein, in dem der Bund aufgefordert wird, eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge einzuführen. Nicht berufstätige Menschen mit abgeschlossenem Asylverfahren sollen drei Jahre lang in jenem Bundesland leben müssen, in dem ihr Verfahren absolviert wurde. Wien könne die Herausforderungen nicht mehr alleine stemmen – mehr dazu in wien.ORF.at.

AMS-Chef für bessere Verteilung

Um für eine bessere bundesweite Verteilung zu sorgen, schlug Kopf gegenüber dem Nachrichtenmagazin „profil“ eine Ländervereinbarung vor, die Folgendes besagt: Nur jenes Bundesland, in dem während des Asylverfahrens der Wohnsitz lag, ist für die Mindestsicherung an Flüchtlinge zuständig. Würden sie beispielsweise von Tirol nach Wien ziehen, gäbe es dort kein Sozialgeld mehr. Die Flüchtlinge könnten keinen neuen Antrag stellen. Zu regeln wäre das laut Kopf über eine 15a-Vereinbarung zwischen den Bundesländern.

Rauch erklärte zu Kopfs Vorstoß auf „Presse“-Anfrage: „Eine De-facto-Residenzpflicht in der Sozialhilfe lehnen wir ab.“ Stattdessen müssten der Zugang zum Arbeitsmarkt verbessert und die Sozialhilfe bundesweit einheitlich geregelt werden. Wien sei „eines der wenigen Bundesländer, die die von der schwarz-blauen Bundesregierung beschlossenen Verschlechterungen der Sozialhilfe teilweise nicht umgesetzt haben“, sagte Rauch.

Auch bei Wiens Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) sorgte Kopfs Vorschlag für wenig Begeisterung: „Wir brauchen keine hilflosen Vorschläge von Bundesseite“, sagte er im Gespräch mit der APA. Den Ländern den Rat zu geben, das selbst via 15a-Vereinbarung zu regeln, sei zwar „lieb, bringt uns aber nicht weiter“. Das komme schon daher, dass es – selbst wenn man sich einigen könnte – ein verfassungsmäßiger Grenzgang wäre. Erst unlängst habe der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in einer anderen Sozialmaterie ein entgegengesetztes Urteil gefällt.

ÖVP will Neuregelung bei Familiennachzug

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker verwies vor gut einer Woche auf das Subsidiaritätsprinzip: Jede Gebietskörperschaft müsse ihre Probleme selber lösen. Den Familiennachzug will die Partei aber neu regeln. „Meines Erachtens wäre es ein Ansatz zu sagen: Wenn jemand seine Familie nach Österreich holt, soll nachgewiesen werden, dass er für diese aufkommen kann“, so Stocker. Am Samstag forderte auch der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) in einer Aussendung eine „Neuregelung des Familiennachzugs für Asylberechtigte, die zu einer deutlichen Begrenzung führt“.

Wurde einem oder einer Fremden in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt, können derzeit Familienangehörige innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft dieser Statuszuerkennung bei einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels stellen.

Wird dieser erteilt, können sie nach Österreich reisen, um hier einen Asylantrag im Familienverfahren zu stellen, und denselben Schutzstatus wie die Bezugsperson bekommen. Wird der Antrag erst nach drei Monaten gestellt, müssen sie zusätzlich eine adäquate Unterkunft, eine Krankenversicherung und ein ausreichendes Einkommen nachweisen.

ÖVP zufrieden, FPÖ alarmiert

Während sich Stocker am Montag angesichts der neuen Zahlen zufrieden zeigte, dass „die Asylbremse nachhaltig wirkt“, monierte FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer: „In der Fortsetzung des ÖVP-Totalversagens bei der illegalen Massenzuwanderung der letzten Jahre explodieren nun die Zahlen der Familiennachzüge, insbesondere aus Ländern wie Syrien, Afghanistan, der Türkei und Somalia. Diese Entwicklung ist besorgniserregend.“