Hilfslieferung der UNRWA in Rafah, Gaza
Reuters/Mohammed Salem
Bericht zu UNRWA

Kein Hinweis auf viele Hamas-Unterstützer

Eine Untersuchung hat keine Hinweise für die Behauptung Israels gefunden, unter den Mitarbeitern des UNO-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) seien viele Unterstützer von Terrororganisationen. Die unabhängige Kommission zeigte zugleich Probleme und Verbesserungsvorschläge auf. Israel kritisierte den Befund.

Im wesentlichen Vorwurf, die UNO-Organisation beschäftige Anhänger oder aktive Mitglieder der Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad, entlastet der Bericht die UNRWA. Israel habe für die Anschuldigungen keine Beweise vorlegen können, hieß es in einem Bericht, der am Montag der UNO präsentiert wurde und den die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte.

Israel hatte im März erklärt, mehr als 450 UNRWA-Mitarbeiter seien Agenten terroristischer Gruppen im Gazastreifen. Allein in Gaza beschäftigt das UNRWA rund 13.000 Menschen. Bereits im Februar hatte Israel behauptet, zwölf UNRWA-Mitarbeiter seien an den Angriffen auf Israel vom 7. Oktober beteiligt gewesen. Eine UNO-Untersuchung dazu läuft derzeit noch.

Israels Außenministerium wies den Bericht umgehend zurück. Mehr als 2.000 UNRWA-Mitarbeiter seien bei der Hamas oder dem Islamischen Dschihad aktiv. Das seien nicht „ein paar verdorbene Äpfel, sondern der Baum krankt an der Wurzel“, so ein Sprecher des Außenministeriums am Montagabend.

Viele Länder setzten Zahlungen aus

Zahlreiche Länder – darunter Österreich – hatten nach den Vorwürfen millionenschwere Zahlungen an das UNRWA unterbrochen oder ausgesetzt. Das hat dem Hilfswerk, das auch gegen die humanitäre Krise im Gazastreifen ankämpft, schwer zugesetzt. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte am Montag alle Länder auf, das Hilfswerk weiter aktiv zu unterstützen. Es sei lebenswichtig für die Flüchtlinge.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte schon weit vor Beginn des Gaza-Krieges die Schließung des 1949 gegründeten Hilfswerks gefordert. Seit vielen Jahren kritisiert Israel die UNO-Agentur. Der UNRWA-Chef Philippe Lazzarini hatte im März vor einer „absichtlichen und konzertierten Kampagne“ gewarnt, die das Aus des Hilfswerks zum Ziel habe.

Hilfslieferung der UNRWA am grenzübergang zwischen Ägypten und Gaza
Reuters/Mohamed Abd El Ghany
Ein UNRWA-Hilfstransport am Grenzübergang in Rafah

Keine Beweise für „beträchtliche Anzahl“

Die Vereinten Nationen hatten nach den ersten Vorwürfen Israels im Februar die ehemalige französische Außenministerin Catherine Colonna zur Leiterin einer UNRWA-Neutralitätsprüfung ernannt. In deren Bericht heißt es nun, Israel habe keine Beweise für die Behauptung vorgelegt, eine „beträchtliche Anzahl“ von UNRWA-Mitarbeitern seien Mitglieder terroristischer Organisationen.

In dem Bericht heißt es auch, das UNRWA verfolge einen „ausgeprägteren Ansatz“ zur Neutralität als ähnliche UNO- oder andere Hilfsorganisationen. Zudem gebe es solide Rahmenbedingungen, um die Einhaltung von Grundsätzen einer humanitären Neutralität zu gewährleisten.

Tim Cupal (ORF): Israel weist Bericht zurück

ORF-Korrespondent Tim Cupal berichtet aus Haifa.

Bericht zeigt auch Probleme auf

Es gebe aber auch Probleme. Dazu gehörten öffentliche Äußerungen politischer Ansichten von einigen UNRWA-Mitarbeitern, die Verwendung von Schulbüchern mit problematischem Inhalt in einigen UNRWA-Schulen sowie Drohungen aus UNRWA-Gewerkschaften gegen die UNRWA-Leitung. Die Neutralität des Hilfswerks im Gazstreifen werde zudem durch die Größe des Hilfsprojekts erschwert, da die meisten Mitarbeiter lokal rekrutiert würden und auch UNRWA-Leistungen erhielten.

Einige Staaten haben zwischenzeitlich ausgesetzte Zahlungen an das UNRWA wieder aufgenommen. Sie fordern aber unter anderem eine stärkere Überprüfung und Überwachung des Personals. In dem Bericht wird empfohlen, solche Verfahren dauerhaft einzuführen, vor allem bei der Beförderung von Mitarbeitern.

Nach den Vorwürfen Israels gegen zwölf bestimmte Mitarbeiter im Februar hatte das Hilfswerk nach eigenen Angaben die Verträge von zehn der zwölf gekündigt. Die beiden anderen waren in der Zwischenzeit gestorben. Das UNRWA beschäftigt insgesamt 32.000 Mitarbeiter, davon 13.000 im Gazastreifen.