Donald Trump
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Eröffnungsplädoyers

Anklage wirft Trump „Wahlbetrug“ vor

Der erste Strafprozess gegen einen ehemaligen US-Präsidenten ist am Montag mit den Eröffnungsplädoyers von Anklage und Verteidigung richtig gestartet. Die Anklage warf dem Ex-Präsidenten und aktuellen republikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump dabei „Wahlbetrug“ vor. Die Verteidigung konterte: Das nenne sich Demokratie.

Beim weltweit beachteten Prozess um gefälschte Buchungen rund um Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin warf Staatsanwalt Matthew Colangelo dem anwesenden 77-Jährigen am Montag in New York vor, er habe den Ausgang der US-Präsidentenwahl 2016 mit der Zahlung von 130.000 Dollar an Sexdarstellerin Stormy Daniels beeinflussen wollen: „Es war Wahlbetrug – schlicht und einfach.“

Trumps Anwalt Todd Blanche stellte seinen Klienten dagegen als rechtschaffen dar: „Präsident Trump ist unschuldig. Präsident Trump hat keine Verbrechen begangen.“ Es sei völlig legal, Geheimhaltungsvereinbarungen einzugehen. Das, was Trump gemacht habe, nenne man Demokratie, so Blanche.

Auftaktplädoyers im Trump-Prozess

Am Montag hat es im Strafprozess gegen Ex-US-Präsident Donald Trump die Auftaktplädoyers gegeben. Ihm wird vorgeworfen, Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin, mit der er eine Affäre gehabt haben soll, verschleiert zu haben.

Die Ausführungen der Staatsanwaltschaft verfolgte Trump äußerlich meist ungerührt, stoisch und mit ernster Miene. Beim Eröffnungsplädoyer Blanches drehte sich Trump dagegen zu seinem Verteidiger und hörte offensichtlich aufmerksam zu.

Urteil mit weitreichenden Folgen

Wenn die Anklage die zwölf Geschworenen von den Vorwürfen überzeugt, drohen Trump mehrere Jahre Haft, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnten. Dem Fall wird Einfluss auf den Fortgang des gegenwärtigen US-Wahlkampfes zugesprochen. Trump will im November für die Republikaner erneut zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden und Amtsinhaber Joe Biden ablösen. Ein Urteil könnte im Juni gefällt werden. Trump hatte auf nicht schuldig plädiert und zuletzt seinen Willen bekundet, beim Prozess aussagen zu wollen.

„Er ist auch ein Mensch“

Blanche wandte sich energisch gegen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, Trump habe Berichte über Sexskandale unterdrücken und dadurch die US-Präsidentenwahl 2016 beeinflussen wollen. „Es ist nichts Falsches daran, Wahlen zu beeinflussen, das nennt man Demokratie“, sagte der Anwalt. Die bezahlten Gelder seien rechtmäßig geflossen.

Gleichzeitig hob er auch eine menschliche Seite an Trump hervor. Dieser möge manchmal größer als das Leben selbst erscheinen, doch das sei nicht alles: „Er ist auch ein Mann, er ist ein Ehemann, er ist ein Vater und er ist ein Mensch, genau wie Sie und wie ich.“

Frage der Fälschung im Zentrum des Prozesses

Auch wenn die politischen Konsequenzen im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, der konkrete Vorwurf, um den sich der Prozess dreht, ist der, ob Trump Geschäftsunterlagen fälschte und damit ein Strafdelikt beging: Die Anklage mit dem demokratischen New Yorker Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg an der Spitze wirft Trump konkret die Fälschung von Geschäftsunterlagen vor, weil die 130.000 Dollar für Daniels intern als Honorare für Trumps damaligen Anwalt Michael Cohen deklariert waren – und nicht als Rückerstattung für das von diesem bereits bezahlte Schweigegeld.

Dieses Vergehen wird rechtlich gesehen dann zu einem Verbrechen, wenn mit der Fälschung der Unterlagen eine kriminelle Handlung vertuscht werden sollte.

Stormy Daniels, 2019
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Trump soll Daniels 130.000 US-Dollar Schweigegeld gezahlt, diese jedoch unrechtmäßig verbucht haben

Für Anklage illegale Wahlkampfspende

Die Anklage argumentiert deshalb, dass die Zahlung eine illegale Wahlkampfspende darstellte, mit der Trump kurz vor der Abstimmung über den neuen US-Präsidenten 2016 einen Sexskandal und Ehebruch vertuschen wollte, um seine Chance auf das höchste Staatsamt zu wahren.

Die Verteidigung dagegen könnte den Sachverhalt so darstellen, dass es Trump bei der Zahlung lediglich darum gegangen sei, Schaden von seiner Familie abzuwenden, dass es sich also lediglich um eine private Zahlung ohne Bezug zur US-Wahl gehandelt habe. Es ist dabei unbestritten, dass die 130.000 Dollar gezahlt wurden.

Ein verurteilter Lügner als Kronzeuge

Im Zentrum des Verfahrens steht dabei auch Kronzeuge und Anwalt Cohen, der einst als Trumps rechtlicher Ausputzer bekannt war und sich in den vergangenen Jahren gegen ihn wandte. Cohen beteuert, Trump habe ihn mit der Schweigegeldzahlung direkt beauftragt. Trumps Verteidigung stellte ihn am Montag als von Rachegelüsten Getriebenen dar.

Anwalt Blanche griff Cohen als unglaubwürdigen Kriminellen an, der bereits unter Eid gelogen habe. Der heute 57-Jährige hatte bereits 2018 unter anderem auch wegen seiner Rolle bei eben jenen Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels auf schuldig plädiert – und unter anderem wegen Falschaussage eine Haftstrafe abgesessen. 2018 war Trump noch US-Präsident und wurde von der Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich verfolgt.

Erster Zeuge: Ex-Herausgeber von Boulevardblatt

Im Verfahren werden die Staatsanwälte zudem versuchen, ihre Vorwürfe mit weiteren Fällen von Zahlungen Trumps im Zusammenhang mit Sexvorwürfen zu untermauern. In diesem Zusammenhang wurde am Montag auch ein erster Zeuge, der ehemalige Herausgeber des Trump-nahen Schmierblatts „National Enquirer“, David Pecker, aufgerufen.

Hintergrund sind Gelder, die der „National Enquirer“ mutmaßlich im Auftrag des damaligen Präsidentschaftskandidaten ebenfalls kurz vor der Wahl 2016 für die Rechte an zwei Geschichten gezahlt hatte. Diese hatte das Blatt anschließend jedoch nie veröffentlicht – also unterdrückt. „Scheckbuchjournalismus“ im Auftrag Trumps?

Michael Cohen
Reuters/Brendan Mcdermid
Auch Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen wird möglicherweise als Zeuge aussagen

Pecker bestätigt „Scheckbuchjournalismus“

Bei einem der Fälle ging es um einen Angestellten im Trump Tower in New York, dem der „National Enquirer“ 30.000 Dollar zahlte. Der Mann hatte behauptet, er wisse von Trumps Vaterschaft eines außerehelichen Kindes. Das ehemalige Playmate Karen McDougal bekam zudem 150.000 Dollar. Sie hatte angegeben, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben, und wollte diese Geschichte im Wahlkampf für eine hohe Summe verkaufen. Pecker bestätigte in seiner Aussage, dass das Boulevardblatt „Scheckbuchjournalismus“ betrieben habe, also für Geschichten zahlte. Seine Befragung soll am Dienstag weitergehen.

Weitere Prozesse in der Pipeline

Der Prozess gegen Trump hatte vergangene Woche mit der komplizierten Auswahl der Geschworenen begonnen. Selbst bei einer Verurteilung und einer Haftstrafe könnte Trump weiterhin bei der nächsten Präsidentschaftswahl kandidieren. Darüber hinaus hat er das Recht, Berufung gegen ein mögliches Urteil einzulegen. Es ist unklar, wann weitere Prozesse gegen ihn wegen seiner Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol im Jänner 2021, versuchten Wahlbetrugs und der Mitnahme geheimer Regierungsdokumente starten. Dort hat Trump mit Verzögerungsstrategien bisher Erfolg.

Trump ist für aggressives Verhalten, auch in Gerichtsverfahren, bekannt. Im Vorfeld des Prozesses griff er unter anderen Richter Juan Merchan und Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg immer wieder an und stellte diese als korrupt und parteiisch dar. Der als strikt geltende Richter Merchan hat deshalb Kommentare über Staatsanwälte, Zeuginnen und Zeugen sowie seine eigene Familie verboten.