Elementarpädagogin im Kindergarten mit Kindern und Musikinstrumenten
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Kinderbetreuung

Neuer Bericht zeigt Lücken auf

Das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen, die Eltern Vollzeitarbeit ermöglichen, ist in Österreich regional stark unterschiedlich, wie der am Dienstag erstmals präsentierte Monitoringbericht zur elementaren Bildung der Statistik Austria aufzeigt. Das Problem sind oftmals zu viele Schließtage.

Knapp ein Drittel der unter Dreijährigen und fast 95 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen haben im Kindergartenjahr 2022/23 eine elementare Bildungseinrichtung besucht, geht aus den Daten der Statistik Austria hervor. Allerdings wird nur die Hälfte dieser Kinder in Einrichtungen betreut, die Eltern die Möglichkeit zur Vollzeitarbeit bieten. Regional gibt es deutliche Unterschiede. Wien hat das breiteste Angebot, der größte Aufholbedarf besteht in Oberösterreich.

Damit Eltern auch Vollzeit arbeiten können, sollen laut dem Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf (VIF) Einrichtungen wöchentlich mindestens 45 Stunden, werktags montags bis freitags sowie an vier Tagen davon zumindest neuneinhalb Stunden geöffnet sein. Ganzjährig sollen sie mindestens an 47 Wochen geöffnet sein, die Kinder müssen außerdem mit einem Mittagessen versorgt sein.

Wenig Bewegung bei Ausbau

Viel getan hat sich zuletzt dabei nicht. Im Vergleich mit dem Jahr davor blieben die Werte in etwa gleich – in manchen Bundesländern wie Niederösterreich, das mit Oberösterreich zu den Nachzüglern zählt, ist der Anteil der VIF-konformen Plätze zuletzt sogar gesunken.

Grafik zur Kinderbetreuung in Österreich
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

Das erfüllen derzeit bei den (recht selten in Anspruch genommenen) Plätzen für unter Einjährige rund drei Viertel der Plätze, bei den Einjährigen rund zwei Drittel, bei den Zweijährigen 54 Prozent und ab den Dreijährigen jeweils etwa die Hälfte.

Konkret sind in Wien 91 Prozent der Plätze für Drei- bis Fünfjährige VIF-konform. Im Burgenland sind es 73 Prozent, in Salzburg 48 Prozent, in der Steiermark 47 Prozent, in Tirol 46 Prozent, in Vorarlberg 45 Prozent, in Kärnten 39 Prozent, in Oberösterreich 28 Prozent und in Niederösterreich 26 Prozent.

Raab: 4,5 Mrd. bis 2030 für Angebotsausbau

Neu sind diese Zahlen grundsätzlich nicht – sie wurden schon bisher in der Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria ausgewiesen. Mit dem neuen jährlichen Monitoring werden aber die Daten bis auf die Bezirksebene sowie auch Zeitverläufe dargestellt. Außerdem würden die Zahlen nicht nur nach Altersgruppen aggregiert, sondern für jedes Alter auch gesondert ausgewiesen, so Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) und Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Raab verwies auf die von der Regierung zur Verfügung gestellten 4,5 Milliarden Euro bis 2030 für den Ausbau bzw. die Verbesserung der Kinderbetreuung. Diese sei von der Kompetenz her aber Länder- bzw. Gemeindesache. Bereits in den vergangenen Jahren habe sich hier viel getan: Als Beispiel nannte sie Oberösterreich, das zuletzt die Gehälter für das Kindergartenpersonal erhöht habe.

OÖ: Angebot hinkt Nachfrage hinterher

Bundesweit ist Oberösterreich allerdings nach wie vor bei allen Aspekten der Kinderbetreuung auf den hinteren Rängen zu finden. In keinem anderen Bundesland war das Angebot in Krabbelstuben und Kindergärten zuletzt so schlecht ausgebaut. Obwohl die Nachfrage offenbar da ist: Rund 45 Prozent der Zweijährigen waren im vergangenen Jahr betreut, etwa in einer Krabbelstube, Tendenz steigend – mehr dazu in ooe.ORF.at.

In Vorarlberg wurden in den vergangenen zehn Jahren grundsätzlich Fortschritte verzeichnet, allerdings startete das westlichste Bundesland auch mit einer vergleichsweise niedrigen Betreuungsquote – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Vielerorts keine Wahlfreiheit für Eltern

Für viele Eltern bestehe noch keine echte Wahlfreiheit, ob sie ihr Kind in einen Kindergarten geben oder eben nicht, sagte Familienministerin Raab. „Es geht nicht darum, dass jedes Kind so schnell wie möglich in Betreuung muss. Eltern sollen aber die Möglichkeit haben, darauf zurückzugreifen“, so Raab. Diese Wahlfreiheit wolle man nun erreichen. Vielfach scheitere die VIF-Konformität von Einrichtungen an zu vielen Schließtagen, so Raab. An diesem Punkt könnten die Bundesländer etwa ansetzen.

Gewerkschaft übt Kritik

Die Gewerkschaft hält die Pläne Raabs für ein „Schönreden“ der Lage. „Es fehlt nach wie vor ein Gesamtkonzept für die Kinderbildung, das einerseits die Beschäftigten in den Kindergärten und Horten entlastet und andererseits Frauen Wahlfreiheit bringt, wenn es um die Vereinbarkeit von Job und Familie geht“, so ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann. Im Moment sei man „näher dran, Kindergartengruppen schließen zu müssen, weil das Personal fehlt, als am Ausbau der Kinderbildung“.

Kinderbetreuung: Neues Monitoring und Ausbaupläne

In Österreich soll die Kinderbetreuung bis 2030 deutlich ausgebaut werden. Nur 52 Prozent der fünfjährigen Kinder haben einen Kindergartenplatz, der mit einer Vollzeitstelle der Eltern vereinbar ist.

Wie auch die SPÖ, der Frauenring und die SPÖ-nahen Kinderfreunde fordert der ÖGB einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Geburtstag. SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer verwies wiederum darauf, dass in SPÖ-regierten Bundesländern die Plätze in einem höheren Ausmaß mit dem Beruf vereinbar sind.

NEOS drängt auf höheres Tempo

NEOS forderte mehr Tempo beim Ausbau beziehungsweise der Qualitätsverbesserung der Plätze. „Bessere Statistiken allein vergrößern noch lange nicht das vorhandene Angebot“, so Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre.

Die Industriellenvereinigung (IV) sieht im Ausbau des Kinderbetreuungsangebots eine Maßnahme gegen den Fachkräftemangel. Sie forderte bundesweit einheitliche Qualitätsstandards für Gruppengröße und Betreuungsschlüssel.

Für die Österreichische Plattform für Alleinerziehende (ÖPA) ist außerdem eine zusätzliche flexible Kinderbetreuung unerlässlich – etwa Abhol- und Bringdienste, Betreuung an Wochenenden und bei Nachtdiensten.