Containerhafen in Barcelona
IMAGO/Udo Gottschalk
Mittelmeer-Häfen

Platz für Container wird knapp

Aufgrund der Angriffe der proiranischen Huthis auf Handelsschiffe im Roten Meer – zuletzt am Freitag – droht nun ein neues Problem für die globalen Lieferketten: In großen Häfen im westlichen Mittelmeer wird wegen geänderter Routen der Platz für Container knapp. Dort legen nun deutlich mehr Containerschiffe an, um zu entladen oder zu beladen, berichtete am Dienstag die „Financial Times“.

Die Huthi-Miliz greift seit November Schiffe im Roten Meer und im Golf von Aden an, um sich nach eigenen Angaben mit den Palästinensern im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen zu solidarisieren. Erst in der Nacht auf Samstag bekannten sich die Huthis zu einem Angriff auf die „Andromeda Star“. Das US-Militärkommando Centcom bestätigte den Angriff – der unter der Flagge Panamas fahrende Öltanker sei leicht beschädigt, habe die Fahrt aber fortsetzen können. Ein zweites von den Huthis ins Visier genommene Schiff sei unbeschädigt geblieben, wie Centcom weiter mitteilte.

Davor hatte das US-Militär unter anderem den Abschuss einer Rakete bekanntgegeben, die ein anderes Schiff treffen sollte. Europäische Einheiten schossen zudem eine Drohne ab. Die Angriffe erfolgten nach einer längeren Zeit, in der die Huthis kaum Attacken unternommen hatten. Angesichts der anhaltenden Gefahr meiden etliche Reedereien den Weg durch das Rote Meer und weichen auf längere Ersatzrouten aus.

Maersk schlägt Alarm

Die durch die Angriffe ausgelöste Routenänderung führt laut „Financial Times“ dazu, dass sich die großen Containerhäfen im westlichen Mittelmeer ihren Kapazitätsgrenzen nähern. Damit verbunden erhöhe sich für Produzenten und Einzelhändler das Risiko steigender Lagerkosten bzw. eines Mangels von Produkten und Einzelteilen für die Produktion.

In den betroffenen Häfen gehe der Platz für die Zwischenlagerung von Containern aus – und große Containerschiffe müssten teils länger außerhalb der Häfen ankern und warten, dass sie ihre Ladung löschen können. Der dänische Reedereiriese Maersk hatte Mitte April Kunden vor knappem Containerplatz im Hafen von Barcelona gewarnt.

„Ziemlich ausgeschöpft“

Vor allem die spanischen Häfen Barcelona, Valencia und Algeciras sowie Tanger in Marokko laufen praktisch auf voller Auslastung. Der Chef eines der beiden Containerterminals in Algeciras, Alonso Luque von TTI Algeciras, betonte gegenüber der „Financial Times“, dass die Kapazitäten „ziemlich ausgeschöpft“ seien. Eine noch schlimmere Verstopfung habe er nur durch das Ablehnen von Aufträgen verhindern können. „Die Kapazität ist sehr limitiert“, wird er im Wirtschaftsblatt zitiert.

Grafik zu überladenen Häfen im Mittelmeer
Grafik: APA/ORF

Die Bedrohung durch die Huthis im Roten Meer führte dazu, dass praktisch alle großen Containerschiffunternehmen bei ihren Europa-Asien-Fahrten nicht mehr durch den Sueskanal fahren, sondern rund um das Kap der Guten Hoffnung in Südafrika. Güter, die zwischen Asien und Häfen in Italien, Griechenland und der Türkei verschifft werden, nehmen nun den Umweg über das Kap.

In den Häfen nahe der Straße von Gibraltar werden die Container von den Hochseefrachtern zwischengelagert – und von kleineren Schiffen dann an ihre ursprünglichen Bestimmungshäfen, vor allem Gioia Tauro (Italien), Piräus (Griechenland) und Mersin (Türkei), gebracht.

Deutlich weniger Frequenz im Osten

Während Barcelona im Jahresvergleich im Februar einen 17-prozentigen Anstieg bei Containern meldete, sackten die Zahlen in Containerhäfen im Osten des Mittelmeers ab. Bereits im Jänner hatten Barcelona und Valencia bei den Schiffen einen Anstieg von zehn Prozent gegenüber Jänner 2023 gemeldet, berichtete die Branchenwebsite WorldCargoNews.com Ende März. Die großen Frachthäfen im zentralen und östlichen Mittelmeer verzeichneten bei der wöchentlichen Schiffsfrequenz im ersten Quartal einen Rückgang von bis zu 31 Prozent.

Unklar ist, wie lange und in welchem Umfang die aktuellen Probleme anhalten werden. Viele Betreiber von Terminals würden aber davon ausgehen, dass diese anhalten würden, solange die Schiffe aus Sicherheitsgründen Afrika umschiffen müssten, so die „Financial Times“.

Reedereien investieren in Terminals

All diese Unsicherheiten dürften einen schon länger anhaltenden Trend verstärken, nämlich dass Reedereien in Hafenterminals investieren und diese selbst betreiben. Erst vor wenigen Tagen kündigte die weltweit fünftgrößte Reederei, die deutsche Hapag-Lloyd, den Ausbau ihres Terminalgeschäfts an. Der Hamburger Konzern bleibe zwar im Kern eine Linienreederei, sagte Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen letzte Woche auf einer Onlinepressekonferenz.

Das Unternehmen wolle sich aber bis 2030 an weiteren zehn bis 15 Hafenterminals an strategisch wichtigen Orten beteiligen. Bisher hält Hapag-Lloyd Anteile an 20 Terminals. Beim Ausbau dieses Bereichs wolle Hapag-Lloyd wenn möglich die strategische und operative Kontrolle des Geschäfts an den Kaimauern haben, betonte Habben Jansen.

Die Herausforderungen nahmen zuletzt für die gesamte Branche deutlich zu. Während in der CoV-Pandemie durch brüchige Lieferketten und damit rasant gestiegene Frachtpreise noch Ausnahmegewinne erzielt werden konnten, stehen nun schwankende Raten, potenzielle Überkapazitäten durch viele neue Schiffe und die Auswirkungen geopolitischer Konflikte auf der Tagesordnung.