Frühe Frist, kaum bekannt: EU-Wahl für EU-Ausländer

Bei der kommenden EU-Wahl sind knapp 6,5 Millionen Menschen in Österreich wahlberechtigt. Unter ihnen befinden sich Tausende EU-Ausländer und -Ausländerinnen, die hier ihren Hauptwohnsitz haben. Für die Wahl mussten sie in die Europawählerevidenz aufgenommen werden. An der zu frühen Frist gibt es Kritik. Das Innenministerium verweist auf gesetzliche Bestimmungen.

Bis Ende März mussten sich nicht österreichische EU-Bürger und -Bürgerinnen in ihrer Gemeinde bzw. ihrem Bezirk registrieren, um österreichische Parteien wählen zu können. Die Möglichkeit dürfte vielen aber kaum bekannt sein.

Denn von den Hunderttausenden wahlberechtigten EU-Ausländern macht nur ein Bruchteil davon Gebrauch. Vor fünf Jahren waren 38.600 Personen stimmberechtigt, heuer sind es rund 45.000. Ob die anderen Unionsbürger und -bürgerinnen für Parteien aus ihrem Herkunftsland wählen, ist nicht bekannt.

Stein: „Komfortables“ System in Österreich

Als Grund für die geringe Zahl wird unter anderem die frühe Eintragungsfrist genannt. In Österreich endete die Frist am 26. März, zu der Zeit wird über die EU-Wahl kaum berichtet. Zum Vergleich: In Deutschland können sich EU-Ausländer bis Mitte Mai registrieren. In Polen ist der Zeitpunkt noch näher an der Wahl.

Dass die Frist für die Eintragung von nicht österreichischen Unionsbürgerinnen und –bürgern eine Entscheidung sei, die der österreichische Gesetzgeber gefällt hat, heißt es aus dem Innenministerium. Jeder, der seine Stimme abgeben möchte, müsse in der Europawählerevidenz eingetragen sein. Um eine zweifache Stimmabgabe zu verhindern, finde ein Abgleich mit den EU-Mitgliedsstaaten statt.

Gegenüber dem ORF-„Report“ sagte der frühere Leiter der Wahlabteilung, Robert Stein, dass das Fristengefüge in Europa uneinheitlich sei. Die Frist in Österreich sei auch deshalb zu früh, weil man ein „sehr komfortables, ausgereiftes“ Wahlkarten- und Briefwahlsystem habe. Wahlkarten werden vier Wochen vor der Wahl ausgeschickt, bis dahin müssten die Wählerverzeichnisse stimmig und abgeschlossen sein.

Experte sieht Bring- und Holschuld

Die Partei VOLT, die bei der EU-Wahl antreten möchte, sieht neben der frühen Frist einen weiteren Kritikpunkt: Die Möglichkeit werde nicht richtig beworben. Viele Menschen würden gar nicht wissen, dass sie österreichische Parteien wählen könnten. Das Innenministerium widerspricht: Die Behörden und Gemeinden hätten „auf vielfältige Weise“ darüber informiert.

Die Vertretung des EU-Parlaments in Wien sieht es ähnlich. Als Verbindungsbüro habe man versucht, EU-Ausländer auf die Möglichkeit aufmerksam zu machen, sagte der Leiter Frank Piplat. „Aber als eine staatliche Behörde haben wir natürlich auch unsere Grenzen, wie viel wir kommunizieren können.“

Paul Schmidt von der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) sieht eine Bring- und Holschuld. Es seien die EU und Mitgliedsstaaten gefordert, zielgerechter zu informieren. Gleichzeitig müsste es gerade bei EU-Ausländern ein verstärktes Interesse geben, sich am demokratischen Prozess im Wohnsitzland zu beteiligen, sagte Schmidt.