„Ich muss innehalten und nachdenken. Ich muss mir dringend die Frage beantworten, ob sich das lohnt, trotz des Sumpfes, in dem die Rechten und die Rechtsextremen versuchen, Politik zu machen. Ob ich weiter an der Spitze der Regierung stehen oder von dieser hohen Ehre zurücktreten soll“, schrieb Sanchez in einem „Brief an die Öffentlichkeit“. Der 52-Jährige will seine Entscheidung am Montag bekanntgeben.
Zuvor hatte die Organisation Manos Limpias (Saubere Hände) bei einem Gericht in Madrid eine Anzeige gegen Sanchez’ Ehefrau wegen Korruption und Einflussnahme in der Wirtschaft erstattet. Manos Limpias (Saubere Hände) ist eine private Gruppe, die sich in Spanien seit Jahren für rechtsgerichtete Anliegen einsetzt.
Voruntersuchung nach Anzeige
Sie wirft Gomez (49) vor, ihre Position als Ehefrau des Regierungschefs ausgenutzt zu haben, um Geschäfte zu machen. Das Gericht machte keine weiteren Angaben und erklärte, dass die Untersuchung unter Verschluss sei. Agenturberichten zufolge soll im Rahmen einer Voruntersuchung geprüft werden, ob sie sich bei privaten Geschäften der Einflussnahme und Korruption schuldig gemacht habe.
Sanchez sprach von schweren Angriffen, die er und seine Frau ausgesetzt seien. Diese erforderten eine besonnene Reaktion. Seine Frau werde mit den Ermittlern zusammenarbeiten und zeigen, dass sie unschuldig sei.
Konservative glauben nicht an Rücktritt
In ersten Reaktionen schlossen Politiker der konservativen Volkspartei PP einen Rücktritt von Sanchez aus. Es handle sich um eine neue Show, die Sanchez abziehe, sagte zum Beispiel der PP-Politiker und Senatsvizepräsident Javier Maroto. Sanchez wolle um jeden Preis an der Macht bleiben. „Er ist immer der Gute, alle anderen sind böse.“
Von Sanchez’ Sozialistischer Partei (PSOE) kamen derweil schnell viele Solidaritätsbekundungen. Geht es nach „El Mundo“, dann hat Sanchez, wohl mit Ausnahme einer kleinen Gruppe von Eingeweihten, sowohl die PSOE wie auch die von ihm angeführte Regierung überrascht.
„El Mundo“ erinnert an Schachzug mit Parlamentswahl
Sanchez habe der Zeitung zufolge aber bereits in der Vergangenheit immer wieder „das Tempo geändert“ und etwa im Mai 2023 nach einem PSOE-Debakel bei Kommunal- und Regionalwahlen die Parlamentswahl vorverlegt, welche die PSOE dann im Juli gegen die PP verlor. Diese scheiterte in der Folge allerdings auf der Suche nach einer mehrheitsfähigen Koalition – worauf Sanchez in den Koalitionspoker einstieg und nach einem Deal mit Kataloniens Separatisten und weiteren Kleinparteien erneut die spanische Regierungsspitze übernahm.
Sanchez und Gomez sind seit 2006 verheiratet und haben zwei Töchter. Die Ehefrau des Regierungschefs bekleidet kein öffentliches Amt. Sie ist eine Marketingexpertin, die unter anderem für Banken und Nichtregierungsorganisationen gearbeitet hat.