Touristen in Venedig
AP/Luca Bruno
Eintritt für Venedig

Verwirrung und Proteste am ersten Tag

In Venedig wird seit Donnerstag eine Tagesgebühr für Touristinnen und Touristen eingehoben. Obwohl schon seit Wochen kommuniziert, sorgten Modus und Ausnahmen für Verwirrung. Am Nachmittag protestierten Einheimische gegen den Eintritt in ihre Stadt – sie fürchten um das Image der Stadt, Venedig werde durch die Maßnahme zu einem „Themenpark“.

Die Sonderabgabe von fünf Euro müssen alle Besucherinnen und Besucher zahlen, die zwischen 8.30 Uhr und 16.00 Uhr in die Lagunenstadt wollen. Dafür müssen sie im Vorfeld im Internet einen QR-Code erwerben, der an den wichtigsten Zugangspunkten zur Stadt kontrolliert wird. Über 110.000 Personen meldeten sich bis Donnerstag in der Stadt an, nur 15.700 mussten das Fünf-Euro-Ticket bezahlen, alle anderen fielen unter die zahlreichen Ausnahmegründe.

Vom Eintritt befreit sind etwa Bürgerinnen und Bürger aus der Region Venetien, dort Arbeitende und Studierende, Kinder unter 14 Jahren, Menschen mit Behinderungen und Begleitpersonen. Für sie besteht zwar eine Buchungs-, aber keine Zahlungspflicht.

Touristen in Venedig
Reuters/Manuel Silvestri
Trotz des Eintritts präsentierte sich die venezianische Altstadt voll wie üblich

Eintritt nur an 29 Tagen

Die Eintrittskarte können Besucher sich auf der von der Gemeinde eingerichteten mehrsprachigen Website besorgen. Gezahlt wird mit Kreditkarte oder Paypal. Das Ticket kann auch in Trafiken erworben werden. Das Eintrittsgeld wird an insgesamt 29 Tagen im Jahr 2024 erhoben: von 25. bis 30. April, von 1. bis 5. Mai und an allen übrigen Wochenenden (samstags und sonntags) bis zum 13. und 14. Juli. Davon ausgenommen ist das Wochenende zum Tag der Republik (1. bis 2. Juni), einem weiteren Nationalfeiertag in Italien. Wer zu den kleineren Inseln Murano, Burano und Torcello will, braucht kein Ticket.

Die Anzahl der Tagestickets ist nicht begrenzt. Ziel ist es vielmehr, Besucher dazu zu bewegen, auf weniger volle Tage auszuweichen. Übernachtungsgäste sind von der Gebühr nicht betroffen, sie zahlen ohnehin bereits eine Tourismusabgabe.

Venedig: Feuerprobe für die neue Eintrittsgebühr

ORF-Korrespondentin Cornelia Vospernik berichtet über die Eintrittsgebühr in Venedig, für wen sie gilt und welche Auswirkungen diese haben könnte.

„Fast die ganze Stadt dagegen“

Etwa 300 Personen demonstrierten am Donnerstag auf dem Piazzale Roma gegen die Einführung der Eintrittskarten für Tagestouristen. Dabei kam es zu Spannungen, als die Demonstranten versuchten, an der Polizeikette vorbei zum Bahnhofsbereich zu gelangen, wo es einen Ticketkontrollpunkt gab. Die Demonstranten skandierten Slogans gegen den Stadtchef. „Ich kann Ihnen sagen, dass fast die gesamte Stadt dagegen ist“, erklärte Matteo Secchi, Leiter der Aktivistengruppe Venessia.com, gegenüber dem „Guardian“. „Man kann keine Eintrittsgebühr für eine Stadt erheben. So verwandelt sie sich nur in einen Themenpark. Das ist ein schlechtes Image für Venedig.“

Kritisch zeigte sich auch der Ex-Bürgermeister von Venedig, Massimo Cacciari. Er rief die Touristen zum Ungehorsam auf, sie sollten die Eintrittskarte nicht bezahlen, denn diese sei seiner Ansicht nach „verfassungswidrig“. „Es ist reiner Wahnsinn, diese Maßnahmen ist völlig unrechtmäßig und verfassungswidrig. In keiner Stadt der Welt zahlt man Eintritt“, kritisierte Cacciari.

Demonstranten in venedig
APA/AFP/Marco Bertorello
Am Donnerstag demonstrierten mehrere hundert Menschen gegen die Tourismuspolitik der Stadt

Bürgermeister: „Müssen etwas unternehmen“

Bürgermeister Luigi Brugnaro verteidigte die Maßnahme. „Bisher wurde nie etwas getan, um den Tourismus zu regeln. Ich habe es getan. Ich entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten, aber wir müssen etwas unternehmen. Wir tun es jetzt, weil wir die Pflicht und die Aufgabe haben, die Stadt für die nächsten Generationen zu bewahren“, so der Bürgermeister.

Venedig droht unter dem Druck des Massentourismus „auszusterben“. Mit etwa 15 Millionen Gästen pro Jahr gehört die Stadt zu den meistbesuchten Reisezielen der Welt. In der Altstadt hat die Zahl der Touristenbetten im Dezember die Einwohnerzahl überholt. Gästebetten gab es 50.016 und Bewohner 49.211, gab der Verband Venessia.com auf Basis von Daten des städtischen Standesamtes bekannt. Samt Festlandbewohnern hat Venedig gut 260.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Immer mehr weichen aus der Altstadt aufs Festland aus.