Sudanesische Flüchtlinge in einem Camp im Tschad
IMAGO/MAXPPP/David Allignon
Sudan

Warnung vor „letztem Kampf“ in Darfur

US-Fachleute warnen vor einem „letzten Kampf“ in der Region Darfur im Westen des Sudan, bei dem Hunderttausende Menschen ins Kreuzfeuer zwischen Regierungstruppen und der Miliz Rapid Support Forces (RSF) geraten könnten. Die Entscheidungsschlacht um die Regionalhauptstadt al-Faschir könnte bevorstehen, hieß es Donnerstagabend.

Al-Faschir ist der letzte Ort in der Provinz, die noch unter der Kontrolle der sudanesischen Armee (SAF) steht. 800.000 Menschen leben in der Stadt, 700.000 davon sind Binnenvertriebene. Bereits vor einem Jahr kam es in al-Faschir zu Kämpfen. Unter Vermittlungen lokaler politischer Kräfte wurde ein Waffenstillstand ausgehandelt. Die ohnehin brüchige Vereinbarung fiel vor etwa einem Monat komplett auseinander, als die RSF die Stadt Melit und weitere Ortschaften um al-Faschir angriff.

Fachleute der US-Universität Yale warnten nun nach Auswertung von Satellitenaufnahmen und weiteren Daten vor der Entscheidungsschlacht um die Stadt. Nachdem die Regierungstruppen in den vergangenen Tagen den Aufnahmen zufolge ihre Verteidigungsstellungen zwischen al-Faschir und dem in der Nähe gelegenen Flüchtlingslager ZamZam aufgegeben hätten, sei das Lager ungeschützt, sagte Nathaniel Raymond, Leiter des Humanitarian Research Lab an der Yale University.

Massaker vor 20 Jahren

„Die Miliz RSF hat seit Monaten klargestellt, dass es ihre Absicht ist, al-Faschir anzugreifen, um die Kontrolle über Darfur zu erlangen“, sagte Raymond. „Wenn sie das tun, ist es der letzte Kampf um Darfur.“ Er befürchte, dass es zu Massakern und Gräueltaten ähnlich wie während des Völkermords in Darfur von 20 Jahren kommen könnte. Damals wurden rund 300.000 Menschen umgebracht. Die RSF ist aus den arabischen Reitermilizen (Dschandschawid) hervorgegangen, die damals für ethnisch motivierte Massenmorde verantwortlich waren.

In der Vergangenheit hat die sudanesischen Armee zahlreiche Städte anrückenden RSF-Kräften kampflos überlassen. Das dürfte dieses Mal anders sein: Der Radiosender Voice of Africa (VoA) berichtete unter Berufung auf Augenzeuginnen und Augenzeugen, das Militär habe Truppen und Nachschub in seiner Basis in al-Faschir verstärkt. Zudem hätten zwei lokale Rebellengruppen der Armee ihre Unterstützung bei der Abwehr eines RSF-Angriffs zugesagt.

Konflikt begann vor mehr als einem Jahr

Der Machtkampf im Sudan zwischen den Truppen von Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan und der RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo hatte am 15. April 2023 begonnen. Tausende Menschen wurden seither getötet, mehr als acht Millionen weitere sind nach UNO-Angaben auf der Flucht. Hilfsorganisationen haben wiederholt vor einer sich verschlimmernden humanitären Krise gewarnt.

Sudanesische Flüchtlinge in einem Camp im Tschad
IMAGO/MAXPPP/David Allignon
Millionen Sudanesinnen und Sudanesen sind ins Nachbarland Tschad geflüchtet

Sowohl den regulären Streitkräften als auch der RSF-Miliz werden Kriegsverbrechen vorgeworfen. Vor allem Kämpfer der RSF sollen verantwortlich für Vergewaltigungen, Verstümmelungen und willkürliche Erschießungen von Zivilpersonen sein, während der Armee unter anderem Luftangriffe in dicht bevölkerten Gebieten mit vielen zivilen Opfern vorgeworfen werden.

UNO: Angriff wäre „katastrophal“ für Zivilbevölkerung

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hatte bereits Mitte April vor einer Ausweitung der Kämpfe im Sudan gewarnt, sollte die Situation in al-Faschir eskalieren. „Jeder Angriff auf al-Faschir wäre katastrophal für die Zivilbevölkerung und könnte zu einem ausgewachsenen interkommunalen Konflikt führen“, sagte Guterres. Zudem könne eine solche Attacke Hilfseinsätzen in einer Gegend schaden, die bereits „am Rande einer Hungersnot“ stehe.

Zerstörung nach einem Anschlag auf einen Markt in al-Faschir im September 2023
APA/AFP
Bilder der Verwüstung aus al-Faschir: Die Vereinten Nationen warnen vor den Folgen einer Eskalation für die Zivilbevölkerung

Guterres’ Aussagen fielen bei einer Geberkonferenz in Paris, bei der dem Sudan mehr als zwei Milliarden Euro an Hilfen zugesichert wurden. „Der Umfang unseres Engagements wird es uns ermöglichen, die dringendsten Bedürfnisse in den Bereichen Ernährung, Gesundheit, Wasser, Hygiene, Bildung und beim Schutz der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen abzudecken“, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Die Gespräche in Paris hätten sich auch um eine bessere Koordinierung der Bemühungen um Frieden und eine Beendigung des Konflikts gedreht, so Macron weiter. Dazu gehöre auch, die Finanzierung des Krieges zu stoppen, in den Unterstützer der beiden Konfliktparteien wahrscheinlich mehr Geld steckten, als auf der Geberkonferenz an Hilfe mobilisiert worden sei. Von der Konferenz gehe der Appell an die Kriegsparteien aus, internationales Völkerrecht zu achten und den Schutz der Zivilbevölkerung sicherzustellen.