FPÖ-Kandidat Harald Vilimsky
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FPÖ-Spitzenkandidat Vilimsky

Ruf nach rotem Knopf „heißt nicht Öxit“

In der ORF-„Pressestunde“ hat sich FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky am Sonntag für eine Halbierung von EU-Parlament und damit einhergehend auch der EU-Kommission ausgesprochen. Der Ruf nach einem „Rückbau der Union“ ist wie die Kritik an der europäischen Asylpolitik eines der großen Schwerpunktthemen des langjährigen EU-Abgeordneten. Der von ihm hier einmal eingeforderte „rote Knopf“ sei aber nicht eine Forderung nach dem Ausstieg Österreichs aus der EU – Stichwort Öxit.

Er wolle vielmehr einen „klassischen Stoppknopf“, um Österreich „aus dem EU-Irrsinn herauszuholen“ und „das heißt nicht Öxit“, wie Vilimsky am Ende der „Pressestunde“ sagte. Das Thema stand gleich zu Beginn im Fokus – wobei Vilimsky nicht die Meinung teilen wollte, dass eine Halbierung des EU-Parlaments auch einer Schwächung der Nationalstaaten gleichkomme. „Selbstverständlich“ würde dann auch die FPÖ auf Abgeordnete verzichten – das sei aber „eine Frage, die der Wähler zu entscheiden hat“.

Darauf angesprochen, dass bei einer Halbierung der EU-Kommission ein kleines Land wie Österreich wohl keinen eigenen Kommissar bzw. keine Kommissarin stellen werde, sagte Vilimsky, dass da Österreich wohl nichts abgehen würde. Vorstellbar seien für ihn in diesem Zusammenhang „Interessensgemeinschaften“ unter den Mitgliedsstaaten.

Vilimsky zum „roten Knopf“

Vilimsky erneuerte in der „Pressestunde“ seine Forderung nach einem „roten Knopf“ – diese ziele aber nicht auf den Austritt Österreichs aus der Europäischen Union.

„Würde mich gerne dieser Aufgabe stellen“

Was die von Vilimsky eingeforderte „Rückführung von Kompetenzen“ betrifft, möchte er etwa Arbeitsmarkt und Bildung „nicht in Brüssel haben“. Neben Handel, Zoll und der Währungspolitik forderte Vilimsky als „neue“ EU-Kompetenz hier die Sicherung der Außengrenzen als „gemeinsame Operation“ von Militär und Polizei der Mitgliedsstaaten.

Ungeachtet des Rufs nach einer Verkleinerung der Kommission ortet Vilimsky auch hier Bedarf an einem neuen Posten – konkret an einem Kommissar für „Remigration“ und damit der großangelegten Rückführung von Menschen in ihre Heimatländer bzw. Abschiebung in andere Nicht-EU-Länder. So wie dem „Rückbau der Union“ würde er sich auch „gerne dieser Aufgabe“ als Kommissar stellen, wie Vilimsky dazu eingestand.

Halbierung von EU-Parlament gefordert

Vilimsky fordert in der ORF-„Pressestunde“ einmal mehr eine Halbierung des EU-Parlaments.

Großbritannien als „Role Model“

Angesichts der angespannten Lage in Europa, wo es weder Arbeitsplätze noch Infrastruktur für diese Menschen gebe, dürfe niemand mehr von außerhalb auf den Kontinent. Stattdessen solle es bei Bedarf Schutz und Hilfe außerhalb Europas geben. Asylverfahren sollten außerhalb von Europa abgewartet werden, Vereinbarungen wie jene Großbritanniens mit Ruanda nannte er ein „Role Model“.

Juristische Einschränkungen sah Vilimsky bei seinen Abschiebungsplänen nicht. „Wo ein Wille, da ein Weg“, verwies er auch auf die Errichtung italienischer Flüchtlingslager in Albanien, von wo Menschen, die von den italienischen Behörden auf hoher See an Bord genommen wurden, bei einem negativen Asylbescheid schnell rückgeführt werden sollen.

„Gibt nichts, was man ausspionieren könnte“

„Im Europäischen Parlament gibt es genau gar nichts, was man ausspionieren könnte“, hieß es dann beim Themenwechsel auf Spionage. Was die zuletzt für einigen Gesprächsstoff sorgende Affäre um den Spitzenkandidaten der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD), Maximilian Krah, betrifft, zeigt sich Vilimsky verwundert.

„Sehe AfD als Opfer“

Harald Vilimsky tritt erneut für die FPÖ bei den Wahlen zum Europaparlament an. In der ORF-„Pressestunde“ nahm er Stellung zu Wahlkampf, Migration und dem Spionageskandal um die AfD.

„Ich sehe die AfD hier als Opfer“, so Vilimsky mit Verweis auf den Zeitpunkt der Festnahme von Krahs Mitarbeiter, der angeblich für China spioniert haben soll, wenige Wochen vor der Europawahl. Den vergangene Woche in Deutschland wegen Spionage verhafteten Krah-Mitarbeiter stellte Vilimsky zugleich auf eine Stufe mit den Zehntausenden eingetragenen Lobbyisten in Brüssel: „Er ist einer von vielen.“

„Irgendein kleiner Mitarbeiter“

Vilimsky stellte zugleich die Motivation Chinas infrage, den Mitarbeiter eines Europaabgeordneten wie Krah anzuwerben, gegen den die anderen Fraktionen einen „Cordon sanitaire“ gebildet hätten und „wo überhaupt keine Einbindung in die Entscheidungsfindung stattfinden kann“. Gleichwohl äußerte sich der FPÖ-Europaabgeordnete lobend über die AfD. Sie sei eine „Reformkraft“ für Deutschland und werde „bis aufs Blut bekämpft von den klassischen Parteien“.

Während bei der AfD „irgendein kleiner Mitarbeiter möglicherweise für irgendwen Informationen gesammelt“ habe, gebe es bei den beiden dominierenden europäischen Parteien „zwei Elefantenskandale“, empörte sich Vilimsky über die Korruptionsaffäre um die abgesetzte sozialistische griechische Europaparlament-Vizepräsidentin Eva Kaili sowie die Impfbeschaffungsvorwürfe gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

„Ich überzieh manchmal“

Vilimsky verteidigt seine immer wieder kritisierte Wortwahl mit, „ich überzieh manchmal“.

„Ja und Nein“

Letztere bezeichnete er als „politische Witzfigur“ und „Person, die ich nicht an der Spitze der Europäischen Union haben will“. Auf die Frage nach seinen häufigen Verbalausfällen und ob er diesbezüglich als Politiker nicht Vorbild sein sollte, antwortete Vilimsky „Ja und nein“. Diesbezüglich spielte er den Ball an die Medien weiter. So nehme er bei Journalistenbriefings im Europaparlament „zu allen Sachthemen Stellung“, was aber niemanden interessiere. Daher überziehe und provoziere er bewusst, um „an die Wähler heranzukommen“.

Demnach verteidigte Vilimsky auch das EU-Wahlplakat der FPÖ, auf dem von der Leyen und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj „Kriegstreiberei“ vorgeworfen wird. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sei zwar durch nichts zu rechtfertigen, die Beitrittspläne der Ukraine zur NATO seien allerdings schon eine Provokation gewesen. „Die Reaktion auf die Provokation war überzogen“, räumte er ein.

Vilimsky zum Krieg in der Ukraine

Russlands Angriffskrieg sei durch nichts zu rechtfertigen, so Vilimsky, der mit einem „aber“ allerdings auch von „Provokationen“ spricht.

Abkommen mit Putin-Partei „ausgelaufen“

Wenig Verständnis zeigte Vilimsky schließlich für die anhaltende Kritik an dem von ihm als „Memorandum of Unterstanding“ bezeichneten Abkommen mit Putins Partei Geeintes Russland. Dieses sei nicht nur „ausgelaufen“, sondern in einer Zeit unterschrieben worden, als vom Bundespräsidenten abwärts die österreichische Politik gute Beziehungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin pflegte.

Damals seien die Russen schlicht die einzigen gewesen, „die mit uns gesprochen haben“, mittlerweile gebe es auch beste Kontakte etwa in die USA. Vilimsky betrachte die zuletzt beschlossene Resolution des EU-Parlaments, in der – unter anderem mit Verweis auf den FPÖ-„Freundschaftsvertrag“ mit Putins Partei und die Spionageaffäre um Egisto Ott – russische Einflussnahme kritisiert wurde, als „Wahlkampfgeplänkel“.

Kritik von ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS

Vilimsky verspreche „den Menschen das Blaue vom Himmel – in dem Wissen, dass er seine Versprechen an die Menschen niemals einhalten kann“, kritisierte per Aussendung ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. Er wirft Vilimsky zudem vor, sehr wohl mit einem Öxit zu liebäugeln, aber auch Antworten – etwa zum Verhältnis der FPÖ zu Russland – schuldig geblieben zu sein.

Für SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder sind die FPÖ und Vilimsky „mit ihrer Diktion die Feinde von Europa und damit die Feinde unserer Heimat“. Österreich brauche ein starkes, geeintes und soziales Europa, um aktuelle Herausforderungen wie Teuerung, Krieg oder Klimawandel zu stemmen.

Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer wirft Vilimsky „Hass, Hetze und Lügen über die EU und den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine“ vor. Von Vilimsky komme gleichzeitig aber kein einziger Vorschlag, der den Menschen in Europa wirklich etwas bringe, schrieb sie auf der X (Twitter).

NEOS qualifizierte Vilimskys Auftritt vor allem mit Blick auf dessen Aussagen zur Russland als „eine Stunde voller Unwahrheiten und Ungeheuerlichkeiten“. Für EU-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter ist zudem klar, dass Vilimskys Forderung nach einem Rückbau der EU sehr wohl auf einen Öxit hinausliefe.