Fersehübertragung der Sanchez-Ansprache
Reuters/Albert Gea
Nach Rücktrittsdrohung

Sanchez bleibt doch im Amt

Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sanchez hat seinen letzte Woche von ihm selbst in den Raum gestellten Rückzug am Montag abgeblasen. Hintergrund sind Korruptionserhebungen gegen seine Frau und die tiefen Gräben in Spaniens Innenpolitik, die auch zu einer zunehmenden Politisierung der Justiz zu führen drohen. Sanchez’ Schritt kommt zu einem für das Land heiklen Zeitpunkt.

„Ich habe beschlossen weiterzumachen“, sagte Sanchez am Montag in einer Fernsehansprache. Er versprach, „unermüdlich, mit aller Kraft und ruhig für die nötige Erneuerung der Demokratie“ zu kämpfen. Die Vorwürfe gegen seine Frau Begona Gomez bezeichnete er erneut als Teil einer „Diskreditierungskampagne“ der konservativen und rechtspopulistischen Opposition gegen seine Familie. Sanchez’ Entscheidung war mit Spannung erwartet worden.

Der Regierungschef wies in seiner Ansprache zurück, dass es sich bei dem Gedankenspiel zu einem Rücktritt um „politisches Kalkül“ gehandelt habe. Er habe „innehalten und über die wachsende Polarisierung in der Politik nachdenken“ müssen, die zunehmend von „gezielter Desinformation“ geprägt sei. „Zu lange haben wir zugelassen, dass dieser Dreck unser politisches und öffentliches Leben mit giftigen Methoden korrumpiert, die noch vor wenigen Jahren unvorstellbar waren“, sagte Sanchez.

Spanien: Ministerpräsident Sanchez bleibt im Amt

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez bleibt im Amt. Er werde nicht zurücktreten, sagte der 52-Jährige am Montag.

Nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen seine Ehefrau hatte der Regierungschef und Vorsitzende der sozialistischen PSOE vergangene Woche angekündigt, über einen Rücktritt nachdenken zu wollen. Ein solcher Schritt hätte wahrscheinlich Neuwahlen bedeutet. Wegen labiler Mehrheitsverhältnisse wurde in Spanien seit 2019 dreimal gewählt.

Korruptionsvorwürfe gegen Ehefrau

Seiner Frau werden laut einem Gericht in Madrid „Einflussnahme und Korruption im Geschäftsleben“ im Zusammenhang mit CoV-Hilfsgeldern vorgeworfen. Die Ermittlungen gehen auf eine Anzeige der Antikorruptionsorganisation „Manos Limpias“ (Saubere Hände) zurück. Diese soll rechtsextremen Kreisen nahestehen. Die Organisation fiel in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Anzeigen im Bereich der öffentlichen Verwaltung auf. Bezüglich der Causa Gomez räumte „Manos Limpias“ später ein, die Anzeige basiere auf Medienberichten, die durchaus falsch sein könnten.

Begona Gomez
APA/AFP/Javier Soriano
Gomez und Sanchez sind seit 2006 verheiratet

Die Staatsanwaltschaft sah keinen Anfangsverdacht und leitete daher keine Ermittlungen ein. In Spanien kann allerdings auch ein Richter von sich aus ein Verfahren einleiten, das geschah letzte Woche. Die Anklagebehörde sprach sich daraufhin noch am Freitag für die Einstellung dieses Verfahrens aus. Der 52-jährige Sanchez regiert das Land seit 2018. Nach seiner Ankündigung eines möglichen Rücktritts hatten am Wochenende in Madrid Tausende Menschen für seinen Verbleib im Amt demonstriert.

Demonstration in Madrid
Reuters/Violeta Santos Moura
Am Wochenende gab es Unterstützungsdemos für Sanchez

Gespanntes Verhältnis zur Justiz

Sanchez und seine Regierung haben laut der Nachrichtenagentur Bloomberg schon länger ein gespanntes Verhältnis mit weiten Teilen der Justiz. Sie erachten diese als überwiegend konservativ und der konservativen Volkspartei (PP) nahestehend. Vor allem die PSOE-Fraktion im Parlament äußerte sich demnach in der Vergangenheit sehr kritisch zur Justiz und warf dieser politisch motivierte Urteile vor. Die Rechtsaußenpartei Vox versuchte wiederholt, beschlossene Gesetze durch Beschwerden vor Gericht aufzuheben.

Kurz vor Regionalwahl in Katalonien

Sanchez’ Politmanöver kommt zu einem heiklen Zeitpunkt: Am 12. Mai steht eine Wahl in der autonomen Region Katalonien an. Sanchez’ PSOE war laut Umfragen dabei, dort die Separatisten abzulösen. Nun bleibt abzuwarten, ob sich die jüngsten Ereignisse auf die Regionalwahl auswirken.

Opposition: Politische Taktik

Für die Oppositionsparteien war bereits vor der Entscheidung klar, dass es sich um ein taktisches Manöver handle. „Ich bitte alle Bürger, sich nicht täuschen zu lassen. Spanien hat kein Problem, derjenige, der ein Justizproblem hat, ist Sanchez, seine Regierung, seine Partei und sein Kreis. Lassen Sie sie es lösen“, sagte Alberto Nunez Feijoo, der Vorsitzende der PP.

Die spanische Rechte attackiert den seit 2018 regierenden Sanchez, weil seine Minderheitsregierung bei der Verabschiedung von Gesetzen auf die Unterstützung der Linken und der katalanischen und baskischen Separatistenparteien angewiesen ist. Insbesondere die Entscheidung der Regierung, Hunderten katalanischen Separatisten Amnestie für ihre Beteiligung an den gescheiterten Unabhängigkeitsbestrebungen 2017 zu gewähren, hat zu Wut im rechten und konservativen Lager gesorgt. Dazu kommt, dass die PP bei der letzten Wahl im Vorjahr zwar etwas mehr Stimmen als die PSOE erhielt, bei der Regierungsbildung aber scheiterte.