Kind mit Regenschirm
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Bilanz

Der „launischste“ April seit Messbeginn

Nach zwei Rekordmonaten in Folge war auch der April 2024 wärmer als im langjährigen Durchschnitt. Die positive Abweichung war aber bei Weitem nicht so extrem wie im Februar und März. Und dennoch war es wieder ein Monat für die Klimageschichtsbücher voller Extreme und Wetterkapriolen: eine Wetterachterbahn, vom Sommer in den Winter und zurück in 30 Tagen.

Der April verlangte wetterfühligen Menschen einiges ab, denn er brachte Schwankungen bisher nicht gekannten Ausmaßes: Hitzerekorde am Beginn, dann den lokal größten Temperatursturz der Messgeschichte mit Schnee und Frost. Zum Monatsende ist es mit den Temperaturen wieder steil nach oben gegangen auf sommerliches Niveau.

Starke Schwankungen werden in der Statistik jedoch geglättet und deshalb fallen die Monatsmittel nicht so spektakulär aus, weiß Alexander Orlik von der GeoSphere Austria. Das Flächenmittel der Lufttemperatur lag im April 2024 im Tiefland um 2,7 Grad über dem Durchschnitt von 1961 bis 1990, das ist immerhin Platz 13 in der 258-jährigen Messgeschichte.

Auf den Bergen war es um 3,4 Grad wärmer. Niederschlag und Sonnenscheindauer zeigten keine großen Abweichungen von den Normalwerten. Es war um 15 Prozent zu nass, die Sonnenscheindauer lag ziemlich genau im langjährigen Mittel.

Föhnsturm brachte einen sehr warmen Monatsstart

Schon der 1. April, der Ostermontag, war in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich. Auf den Bergen und in vielen Tälern tobte ein heftiger Föhnsturm, auf dem Sonnwendstein mit Orkanböen bis zu 153 km/h, auf dem Feuersang über dem Gasteinertal wurden sogar 220 km/h gemessen. Auch in manchen Tälern gab es für April Rekordwindspitzen, etwa in Bad Mitterndorf und Zell am See.

Mit dem Föhn kam sehr warme Mittelmeer-Luft, und damit gab es an einigen Orten den wärmsten Ostermontag der Messgeschichte, etwa 28,5 Grad in Wien. 55 Stationen meldeten einen klimatologischen Sommertag, also 25 Grad oder mehr. Zur gleichen Zeit regnete es aber im Süden Österreichs intensiv. Knapp 80 Liter pro Quadratmeter in Kötschach-Mauthen, so viel wie noch nie an einem April-Tag, und auch in Kornat und Nauders fielen Rekordregenmengen.

Der früheste 30er seit Messbeginn und viele Rekorde

Nach ein paar weniger warmen Tagen brachte ein kräftiges Hoch bald die nächste sommerliche Wetterlage. Die Temperaturen stiegen von Tag zu Tag, und am 7. April wurden in Bruck an der Mur 30 Grad erreicht, so früh im Jahr wie noch nie. Der alte Rekordtermin aus dem Jahr 1934, damals in Salzburg, wurde um zehn Tage nach vor verschoben, eine klimatologische Revolution. An rund 50 Orten wurden April-Rekorde registriert, die aber nur kurz bestehen sollten, denn schon wenige Tage später folgte die zweite „Hitzewelle“ mit einer wahren Flut an Rekorden.

Menschen kühlen sich im Zeller See ab
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Abkühlung im Zeller See

Gut ein Drittel aller Messstationen registrierte am 14. April neue Monatshöchstwerte, Deutschlandsberg fast 32 Grad, sechzehn Orte 30 Grad oder mehr, und das, obwohl es Hitzetage vor 2024 so früh überhaupt noch nie gegeben hat. In Klagenfurt wurden wegen des sommerlichen Wetters schon am 13. die Badestege am Wörthersee eröffnet, der früheste Termin in der 100-jährigen Geschichte des Strandbades.

Ähnlich war die Situation in weiten Teilen Europas, Hunderte Stationen von Spanien bis Deutschland, von Polen bis auf den Balkan meldeten so früh im Jahr noch nie gesehene Temperaturen, 35 Grad etwa in Bulgarien. In Rethymno auf der Insel Kreta gab es zehn Tage später die wärmste April-Nacht Europas seit Messbeginn, die Temperatur sank nicht unter 29,3 Grad. Und global war der April 2024 mit hoher Wahrscheinlichkeit der elfte rekordwarme Monat in Folge. Die Klimakrise führt zu zunehmend extremen Anomalien.

Mit Unwettern kehrte der Winter zurück

Der April-Sommer endete aber abrupt, am 16. April erreichte uns eine Kaltfront mit den ersten heftigen Gewittern des Jahres. Vom Schneeberg über das südliche Wr. Becken bis zum Neusiedler See gab es stellenweise Hagel mit bis zu drei Zentimeter Durchmesser. Von der Obersteiermark bis ins Nordburgenland fiel punktuell fast zweimal so viel Regen wie normal im ganzen April: 77 Liter in Pottschach, auch das ein Rekord.

Mit der Front erreichte uns polare Kaltluft, und es kam zu einem extremen Temperatursturz, über 30 Grad waren es in Villach binnen nur 48 Stunden. Die feuchte Kaltluft hielt sich dann rund zehn Tage über Österreich, und damit war es in vielen Regionen noch einmal winterlich. Im Bregenzerwald, auf dem Arlberg und im Toten Gebirge fielen in vier Tagen 60 bis 120 Zentimeter Neuschnee. Am 23. April schneite es mit einem Italien-Tief im Süden bis in die Täler, 30 Zentimeter im Gailtal und in Bad Bleiberg. In der Weststeiermark gab es Stromausfälle durch Schneebruch, und sogar in Wien waren vorübergehend Schneeflocken zu sehen.

Schneepflug im Bezirk Voitsberg
APA/Erwin Scheriau
In Teilen Österreichs waren Schneepflüge im Einsatz

Schäden im Obst- und Weinbau

Wintereinbrüche im April sind in Zeiten des Klimawandels ein großes Problem für die Landwirtschaft. Auch heuer gab es Spätfröste, bis zu minus acht Grad im Mühl- und Waldviertel, aber auch in der Wachau und in der Südsteiermark mit minus zwei Grad. „Die gehören zwar im Frühling zum Wetterbild Mitteleuropas“, erklärte der Ökologe Franz Essl von der Universität Wien. „Neu ist jedoch, dass wir im April bereits stark entwickelte Baumarten und eine weit fortgeschrittene Vegetation vorfinden, was viele Pflanzen besonders anfällig für plötzliche Kälteeinbrüche macht.“ Die Vegetation beginne zwei Wochen früher zu blühen als üblich.

Heuer ist das so früh wie noch nie geschehen, und damit gab es trotz aufwendiger Schutzmaßnahmen wie Beregnung und Frostfeuer beträchtliche Schäden bei Äpfeln, Steinobst und Erdbeeren, aber auch im Weinbau. Die österreichische Hagelversicherung schätzt die Schadenshöhe auf 56 Millionen Euro. Am schlimmsten betroffen ist die Steiermark, wo es auf fast 50 Prozent der Obstanbauflächen zu Teil- oder Totalausfällen kommt. In den letzten Jahren gab es diese Kombination aus frühem Vegetationsbeginn und Spätfrösten immer wieder. In Summe sind dadurch in acht Jahren Schäden in der Höhe von 400 Millionen Euro entstanden, für viele Betriebe existenzbedrohend.

Nach der Winterrückkehr Mitte des Monats ist es am Ende mit dem nächsten kräftigen Hoch rasch wieder sommerlich geworden. Die Schwankungen waren also außergewöhnlich. Wobei Winterrückfälle wie heuer alle paar Jahre vorkommen. Die Flut an Rekorden in der ersten Monatshälfte war dagegen einzigartig, ein klares Signal dafür, dass sich der menschengemachte Klimawandel immer stärker auswirkt.