US-Schriftsteller Paul Auster
imago/ZUMA Press
1947 – 2024

Paul Auster ist tot

Der Schriftsteller Paul Auster ist tot. Der bekannte Autor der „New-York-Trilogie“ starb am Dienstag mit 77 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung, wie die „New York Times“ am Mittwoch berichtete. Auster galt als einer der führenden Autoren der US-Literatur.

Auster wurde 1947 in Newark (US-Bundesstaat New Jersey) als Sohn jüdischer Einwanderer aus der heutigen Westukraine bzw. Polen geboren. Er begann relativ früh, Gedichte und Kurzgeschichten zu schreiben. Später, nachdem er Literatur studiert und einige Zeit in Frankreich verbracht hatte, arbeitete er als Übersetzer und nahm einen Lehrauftrag an der Columbia University in New York an.

Im Jahr 1982 wurde Auster mit „Die Erfindung der Einsamkeit“ bekannt, einer eindrücklichen Erinnerung an seinen Vater. Nachdem seine erste Ehe mit der Schriftstellerin und Übersetzerin Lydia Davis gescheitert war, gelang ihm Mitte der 1980er Jahre mit der „New-York-Trilogie“ – drei lose miteinander verbundenen Detektivgeschichten mit den Titeln „Stadt aus Glas“, „Schlagschatten“ und „Hinter verschlossenen Türen“ – der internationale Durchbruch. Später etablierte er sich mit Werken wie „Mond über Manhattan“, „Mr. Vertigo“ und „Das Buch der Illusionen“ als gefeierter Bestsellerautor.

Blick in menschliche Abgründe

Austers Figuren, oft von seiner eigenen Lebensgeschichte beeinflusst, sind exzentrische, zerrüttete Charaktere. Sie verlieren sich auf der Suche nach sich selbst in dunklen Abgründen und obskuren Ecken. Das Unvorhersehbare, zufällige Ereignisse und fantastische Wendungen prägen ihr Dasein und geben Anlass zu philosophischen Betrachtungen über Kunst und Kultur, Identität, Leben und Tod.

US-Schriftsteller Paul Auster
Reuters/Eloy Alonso
Auster bei einer Literaturkonferenz in Spanien 2006

„Baumgartner“ als letzter Roman

In jüngerer Vergangenheit veröffentlichte Auster einige umfangreiche Werke, darunter 2017 den Roman „4 3 2 1“, der mehr als 1.000 Seiten umfasst, und die etwa 800 Seiten starke Biografie über den US-Autor Stephen Crane (1871–1900) mit dem Titel „In Flammen“ (Originaltitel: „Burning Boy“).

Radiohinweis

In memoriam Paul Auster wiederholt Ö1 am Dienstag in den „Tonspuren“ (16.05 Uhr) das Feature „Amerika der Träume. Begegnungen mit dem Autor Paul Auster“ aus dem Jahr 2022.

Der mit rund 200 Seiten relativ kurze Roman „Baumgartner“ erschien vergangenen November in den USA und erzählt die Geschichte eines alternden Professors, der Probleme mit dem Gedächtnis hat. Es war Austers letztes Buch.

Erst der Bleistift

Seine Texte verfasste Auster, wie er selbst sagte, erst etwa mit Bleistift in Notizbüchern, dann folgten Manuskripte auf der Schreibmaschine. Neben seiner Arbeit als Schriftsteller war Auster auch als Filmregisseur, Drehbauchautor, Übersetzer und Herausgeber tätig.

US-Schriftsteller Paul Auster
AP/Mark Lennihan
Auster im Stadtteil Park Slope (Brooklyn), wo „Smoke“ gedreht wurde

Er schrieb unter anderem das Drehbuch zu dem Independent-Film „Smoke“ (deutsch: „Raucher unter sich“), der sich allein um eine Trafik im New Yorker Stadtteil Brooklyn, an der sich unterschiedliche Handlungsstränge kreuzen, dreht. Verfilmt wurde es von US-Regisseur Wayne Wang. Der Streifen erschien 1995. Für seinen Roman „Leviathan“ (1992) erhielt Auster den französischen Literaturpreis Medicis und zahlreiche weitere Auszeichnungen für sein Werk.

Schreiben „eine Frage des Überlebens“

Auster starb laut Mitteilung der US-Journalistin und Autorin Jacki Lyden, einer engen Vertrauten, am Dienstag in seinem Zuhause in Brooklyn. Er hatte seit mehr als zwei Jahren an Lungenkrebs gelitten. Nach der Diagnose unterzog er sich mehreren Behandlungen, wie er vergangenes Jahr anlässlich der Veröffentlichung von „Baumgartner“ dem britischen „Guardian“ erzählte.

Dort sagte er auch: „Ich habe das Gefühl, dass mein Gesundheitszustand so prekär ist, dass dies das Letzte sein könnte, was ich jemals schreibe.“ Doch wenn dies das Ende sei, dann habe es sich gelohnt – er gehe umgeben von „menschlicher Freundlichkeit“ in seinem Freundeskreis.

Über seine Arbeit sagte Auster einmal, er sei vom Schreiben „besessen“. Es sei für ihn „kein Akt des freien Willens, es ist eine Frage des Überlebens“. Gleichzeitig sei das Schreiben aber auch ein ständiger Kampf für ihn gewesen. „Es ist das Härteste, was ich mir vorstellen kann.“ Auster lebte und arbeitete fast 50 Jahre lang in Brooklyn, dem New Yorker Stadtteil, der auch Schauplatz vieler seiner Erzählungen ist. Auster war in zweiter Ehe mit der Schriftstellerin Siri Hustvedt verheiratet.