Polizei räumt das Protestcamp auf der UCLA
Reuters/David Swanson
Gaza-Krieg

Protestcamp an Uni in Los Angeles geräumt

Bei den seit Tagen anhaltenden Protesten propalästinensischer Aktivisten und Aktivistinnen an zahlreichen US-Unis hat die Polizei nun ihre Einsätze verstärkt. Nach schweren Zusammenstößen an der University of California in Los Angeles (UCLA) im US-Bundesstaat Kalifornien zwischen propalästinensischen und proisraelischen Aktivisten räumten Hunderte Einsatzkräfte Donnerstagnacht (Ortszeit) das Protestcamp.

Die Universitätsleitung hatte zuvor die Auflösung des Lagers angeordnet und den Demonstrierenden mit Festnahme gedroht. Hunderte Aktivisten weigerten sich dennoch, das Protestcamp zu verlassen. Medienberichten zufolge wappneten sie sich mit Helmen, Schutzbrillen und Atemschutzmasken.

Nach stundenlangen, über Lautsprecher verkündeten Warnungen vor Verhaftungen begann die Polizei in der Nacht auf Donnerstag (Ortszeit), Barrikaden zu entfernen und das Lager abzubauen. Medienberichten zufolge setzte die Polizei Blendgranaten ein. Zahlreiche Demonstranten wurden verhaftet. „Attackiert keine Studenten“, skandierten die Aktivisten gegenüber den Einsatzkräften.

Polizei nimmt eine junge Frau auf der Protestkundgebung der UCLA fest
Reuters/Mike Blake
Hunderte Einsatzkräfte wurden gerufen, um das Protestcamp zu räumen

Zusammenstöße mit proisraelischen Aktivisten

Die Universitätsleitung hatte zunächst die freie Meinungsäußerung unterstützt. Zudem handelte sie nach einer Richtlinie, nur die Polizei einzuschalten, wenn es „absolut notwendig ist, um die physische Sicherheit unserer Campusgemeinschaft zu schützen“, berichtete die „New York Times“ („NYT“). Das war nach Zusammenstößen zwischen propalästinensischen und proisraelischen Aktivisten der Fall.

USA: Protestcamp in Los Angeles geräumt

Nach schweren Zusammenstößen an der University of California in Los Angeles zwischen propalästinensischen und proisraelischen Aktivisten haben Hunderte Einsatzkräfte das Protestcamp geräumt. Dabei setzten die Polizisten unter anderem Tränengas, Blendgranaten und Wasserwerfer ein.

In der Nacht auf Mittwoch war die Situation an der UCLA eskaliert, als eine vermummte Gruppe mutmaßlich proisraelischer Gegendemonstranten das Zeltlager mit Stöcken und Stangen angriff. Die im Camp versammelten Demonstranten versuchten, mit Pfefferspray dagegenzuhalten. Einige Demonstrierende mussten medizinisch betreut werden.

Besetztes Gebäude an Columbia-Universität geräumt

Die propalästinensischen Aktivisten an zahlreichen US-Unis kritisieren das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg und fordern Solidarität mit den Palästinensern. Bereits am Dienstagabend räumten Hunderte Polizisten und Polizistinnen ein von Studierenden besetztes Hochschulgebäude an der Eliteuniversität Columbia in New York, nachdem propalästinensische Proteste eskaliert waren.

Die Aktivisten forderten von der Uni, dass sie finanzielle Beziehungen der Hochschule mit Israel kappt. Das lehnte die Universitätsleitung ab. An der Columbia sowie am City College in New York gab es laut Bürgermeister Eric Adams rund 300 Festnahmen. An der Columbia war es bereits der zweite Polizeieinsatz innerhalb von knapp zwei Wochen. Die Universität ersuchte die Polizei, mindestens zwei weitere Wochen auf dem Campusgelände zu bleiben.

Zahlreiche Festnahmen nach Protesten

Von der Columbia-Universität breiteten sich die Proteste in den vergangenen Tagen auf mehr als zwei Dutzend weitere Universitäten in den USA aus. Auch von anderen Unis wurden vom Mittwoch und frühen Donnerstag Festnahmen gemeldet – darunter fast 30 an der Stony Brook University auf Long Island und 17 an der University of Texas in Dallas. Dort wurden auch die Zelte der Demonstrierenden abgerissen.

In Florida wurden Proteste an Unis mit Tränengas durch die Polizei aufgelöst. Seit Beginn der Proteste wurden in den USA mehr als tausend Demonstrierende vorübergehend festgenommen. An der Brown University in Providence (Rhode Island) schlossen die Demonstrierenden einen Deal mit der Universitätsleitung. Das Protestcamp wurde abgebaut, die Uni sagte dafür eine Abstimmung über die finanziellen Beziehungen der Hochschule nach Israel zu.

Vorübergehend festgenommene Demonstranten nahe der Columbia Universität
IMAGO/ABACAPRESS/Tns/Abaca
Nach dem Einsatz an der Columbia-Universität wurden Hunderte Aktivisten festgenommen

Erweiterte Definition von Antisemitismus

Inmitten der verbreiteten propalästinensischen Uniproteste stimmte das US-Repräsentantenhaus am Mittwoch für eine Erweiterung der rechtlichen Definition von Antisemitismus. Der parteiübergreifende Entwurf sieht vor, dass sich das Bildungsministerium künftig an der Antisemitismusdefinition der Internationalen Allianz für Holocaustgedenken (IHRA) orientiert.

Antisemitismus sei „eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen“. Der Senat muss dem Entwurf noch zustimmen.

Balanceakt für Biden

Kritiker wie die Bürgerrechtsorganisation ACLU warnen vor eine Einschränkung der freien Meinungsäußerung. Die Befürworter argumentieren damit, dass das Gesetz zur Bekämpfung von Hass auf dem Campus beitragen könne.

Zwischen diesen Polen muss sich Präsident Joe Biden bewegen. Die Uniproteste sind ein Balanceakt für ihn. Er muss gegen Antisemitismus auftreten, zugleich das Recht auf Protest unterstützen und versuchen, längerfristigen politischen Schaden zu begrenzen.

Biden verurteilt Gewalt

In einer kurzfristig anberaumten Rede im Weißen Haus verurteilte Biden die Gewalt bei den Protesten aufs Schärfste. „Es gibt das Recht zu protestieren, aber nicht das Recht, Chaos zu verursachen“, sagte er. Auch für Antisemitismus oder Gewaltandrohungen gegen jüdische Studenten dürfe es keinen Raum auf dem Campus geben. Das gelte auch für Islamophobie oder die Diskriminierung arabischstämmiger Amerikaner.

Biden betonte, dass Gewalt, Vandalismus, Hausfriedensbruch oder das Einschlagen von Fenstern kein friedlicher Protest seien. „Menschen zu bedrohen, einzuschüchtern, Menschen Angst einzujagen ist kein friedlicher Protest. Es ist gegen das Gesetz.“ Der US-Präsident machte ebenfalls deutlich, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf friedlichen Protest in den USA geschützt seien.

Scharfe Kritik aus Israel

Die Republikaner nutzen die Proteste unterdessen, um einige Demokraten als Chaoten und Antisemiten zu brandmarken. Ex-US-Präsident Donald Trump bezeichnete die propalästinensischen Aktivisten als „rasende Verrückte“.

Der israelische Staatspräsident Jizchak Herzog kritisierte die Proteste in den USA scharf. Die berühmten akademischen Einrichtungen seien „von Hass und Antisemitismus verseucht“, der „von Arroganz und Ignoranz genährt“ werde, sagte er am Donnerstag.

Protestcamps auch in Großbritannien

Auch an europäischen Universitäten gab es in den vergangenen Tagen propalästinensische Proteste. In Paris blockierten Studierende den Zugang zur Eliteuni Science Po, in Berlin wurde ein Protestcamp verboten. Am Mittwoch begannen auch Studierende in britischen Städten wie Leeds, Newscastle und Bristol, Zelte vor Unigebäuden aufzubauen. Diese seien aber Medienberichten zufolge wesentlich kleiner als die Protestcamps etwa an der Columbia University.