Plakatwand
ORF.at/Roland Winkler
Reklamereigen beginnt

Parteien bitten „plakativ“ zur EU-Wahl

Fünf Wochen sind es noch bis zur Wahl des EU-Parlaments, und die heimischen Parteien haben sich bereits in Stellung gebracht und diese Woche ihre Sujets präsentiert. Gemeinsam mit dem Politikwissenschaftler Peter Filzmaier wirft ORF.at einen Blick auf die Botschaften, die die Parteien transportieren wollen.

Sieben Listen kandidieren für die EU-Wahl am 9. Juni. Dass die KPÖ neben den Parlamentsparteien ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS es auf den Stimmzettel schaffen wird, war schon abzusehen. Für eine Überraschung sorgte hingegen, dass auch die Liste DNA antreten darf. Alle haben auch bereits ihre Plakatsujets fertig, mit denen sie Wählerinnen und Wähler in die Wahllokale bringen wollen.

ÖVP: „Europa. Aber besser“

Die ÖVP geht mit Reinhold Lopatka ins EU-Rennen. Er präsentierte Ende April Wahlprogramm und Plakate mit dem Slogan „Europa. Aber besser“. Folgen sollen weitere Sujets mit Wählerinnen und Wählern und Slogans wie „Europas Grenzen schützen“ in schwarzer Schrift auf weißem Hintergrund samt türkisen Elementen.

Plakatpräsentation der ÖVP zur EU Wahl 2024
picturedesk.com/Weingartner-Foto
„Europa. Aber besser“ lautet der Slogan der ÖVP

Lopatka sei ein erfahrener Politiker, so Filzmaier im Gespräch mit ORF.at. Die Schlüsselfrage sei aber: „Ist er ein ‚vote getter‘, kann er Stimmen holen? In der Bundespolitik hatte er immer Jobs, die nicht gerade popularitätsfördernd sind, wie General- oder Staatssekretär. Auch der Bekanntheitsgrad ist überschaubar.“ Daher sei Lopatka nicht auf allen Plakaten zu sehen.

Problematischer aber sei die Botschaft: „Sie spiegelt aus meiner Sicht die ÖVP-Position zur EU wider, die lautet: ‚Ja, aber‘“, so Filzmaier. „Europa. Aber besser“ sei weder eine Themenbotschaft noch Teil eines Wertewahlkampfs – „nichts, was bei potenziellen Wählern zünden könnte“.

SPÖ: „Europa fair gestalten“

Auf den klassisch gehaltenen Plakatsujets der SPÖ ist Spitzenkandidat Andreas Schieder mit den Slogans „Europa fair gestalten“ und „Schluss mit Steuerschlupflöchern“ zu sehen.

Plakatpräsentation der SPÖ zur EU Wahl 2024
APA/Helmut Fohringer
Auch die SPÖ wählte klassische Sujets für ihre Plakate

„Bei der SPÖ fällt dem Politikwissenschaftler inhaltlich mindestens eine Biegsamkeit auf oder gar eine bewusst gewählte grobe Unvollständigkeit“, so Filzmaier. Weder die meisten Steuerthemen noch die Sozialpolitik kämen aus Brüssel oder Straßburg. „Man spielt bewusst mit Themen, die der SPÖ wichtig sind, aber nur bedingt in die Zuständigkeit der EU fallen.“

Ebenso wie bei der ÖVP stehe mit Schieder ein erfahrener Politiker zur Wahl, der es aber schwer habe, zusätzliche, neue Stimmen zu sammeln. Daher habe man sich auch bei der SPÖ bemüht, künstliche Überinszenierung zu vermeiden.

FPÖ: „EU-Wahnsinn stoppen“

Drastische Bilder wählte die FPÖ. Nicht das Konterfei von Spitzenkandidat Harald Vilimsky, sondern der Slogan „EU-Wahnsinn stoppen“ findet sich auf den FPÖ-Plakaten. Zu sehen sind neben dem Slogan schwarz-weiße Abbildungen – in der Mitte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, die einander umarmen. Daneben Abbildungen und die Schlagworte „Asylkrise“, „Kriegstreiberei“, „Corona-Chaos“ und „Öko-Kommunismus“.

Plakatpräsentation der FPÖ zur EU Wahl 2024
APA/Robert Jaeger
Die FPÖ setzt auf provokante Bilder, um zu mobilisieren

Das gewählte Sujet sei eine „gezielte Provokation“, so Filzmaier. „Das Problem für die FPÖ ist ja nicht, noch viele Menschen zu überzeugen, sondern die FPÖ-Wählerschaft, die am distanziertesten gegenüber der EU ist, zum Wahllokal zu bringen. Denn sie bleiben am ehesten zu Hause.“ Da würden konstruierte Feindbilder helfen. Das ewige Dilemma der FPÖ werde aber auch im EU-Wahlkampf sichtbar: Mögliche Wechselwähler könnten abgeschreckt sein, doch das nehme man in Kauf.

Grüne: „Herz statt Hetze“

Die Plakate der Grünen sind ganz auf Spitzenkandidatin Lena Schilling zugeschnitten, sie ist jeweils mit Slogans rund ums Thema „Herz“ zu sehen: „Herz statt Hetze“, „Europa braucht Herz“, „Klima-Herz“ und „Klima braucht Herz“. Herzklopfen begleitet auch einen Radiospot der Grünen.

Plakatpräsentation der Grünen zur EU Wahl 2024
APA/Georg Hochmuth
Parteichef Werner Kogler präsentierte mit Schilling die Plakate samt „Herz“-Slogans

„Bei den Grünen ist es spannend, die Person Schilling in den Mittelpunkt zu stellen“, so Filzmaier. Sie habe eine gewisse Neigung zum Hoppala und könne auch freilich wegen ihrer Biografie nicht als Gegenpunkt zu anderen, erfahrenen Kandidatinnen und Kandidaten inszeniert werden. Aber die Grünen hätten in diesem Wahlkampf das Alleinstellungsmerkmal, mit einer jungen Frau ins Rennen zu gehen. „Das spielt man hier aus.“

NEOS: „Was schützt vor Trump?“

NEOS entschied sich dafür, bei der ersten Plakatwelle auf die Abbildung von Spitzenkandidat Helmut Brandstätter zu verzichten. Stattdessen stehen Fragen wie „Was schützt vor Trump?“ und „Was stoppt Putin?“ im Mittelpunkt, versehen mit den Gesichtern der Genannten. Die Antwort soll in einer zweiten Serie plakatiert werden, dann mit Bildern Brandstätters sowie von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger.

Plakatpräsentation der NEOS zur EU Wahl 2024
APA/Georg Hochmuth
NEOS plakatierte in der ersten Serien viele Köpfe, aber nicht den des Spitzenkandidaten

„Zunächst ohne Brandstätter zu plakatieren, ist letztlich die richtige Entscheidung“, so Filzmaier. Seine Bekanntheit sei groß in der politmedialen Blase, aber nicht unbedingt in der Fläche. Wäre Claudia Gamon noch Spitzenkandidatin, hätte sich NEOS wohl auch für ähnliche Sujets wie die Grünen entschieden. Mit Brandstätter setze man eher auf Provokation, „eine Grenze ausreizend“. Die Einzigartigkeit von NEOS bestehe im Wahlkampf durch die stark proeuropäische Positionierung. Wenn die Wählerschaft geschlossen sein solle, brauche es Feindbilder von außen, so Filzmaier.

KPÖ: „Wohnen statt Kanonen“

Zentral im KPÖ-Wahlkampf soll das Thema Frieden sein. Auf den Plakaten ist der KPÖ-Spitzenkandidat, Günther Hopfgartner, zu sehen, ebenso wie die Wiener Bezirksrätin Claudia Krieglsteiner. Mit dem Slogan „Wohnen statt Kanonen“ vereinen die Kommunisten die Antikriegshaltung mit ihrem traditionellen Thema. Auf den Plakaten wird außerdem unter dem Motto „Helfen statt Kassieren“ eine Senkung der Politikergehälter gefordert, zudem wird affichiert: „Wer Europa will, muss es sich von den Reichen holen“.

Plakatpräsentation der KPÖ zur EU Wahl 2024
APA/Florian Wieser
Die KPÖ setzt auf die Themen Frieden und Wohnen

Auch hier gelte: Die Kernthemen der KPÖ wie Wohnen und Soziales seien nur zu kleinen Teilen Angelegenheit der EU, so Filzmaier. Die Kommunisten täten sich schwer, der Spitzenkandidat sei lange nicht so bekannt wie Parteikolleginnen und -kollegen aus anderen Bundesländern. Auch die weitere Themenauswahl sei schwierig: Auf die Neutralität setze auch die FPÖ, und das weit erfolgreicher. Wenn sich die KPÖ dann nicht klar auf ukrainischer Seite positioniere, habe man früher oder später eine neue Vergangenheitsdebatte am Hals.

DNA: „Wählen Sie Veränderung“

Die Liste DNA hatte bisher noch keine Plakatpräsentation, ORF.at konnte aber vorab die Sujets einsehen. Die Liste zeigt auf ihren Plakaten Spitzenkandidatin Maria Hubmer-Mogg, eine Medizinerin, die als Anti-CoV-Maßnahmen-Aktivistin bekannt wurde. Neben ihrem Porträt stehen Appelle wie „Wählen Sie Veränderung & das Ende von EU-Korruption!“ und „Kein Geschäft mit Gesundheit“.

Plakatpräsentation der DNA zur EU Wahl 2024
DNA
Die Liste DNA affichiert prominent ihre Spitzenkandidatin

Die Liste habe „die große Außenseiterposition“, so Filzmaier. Die Impfgegner und CoV-Maßnahmen-Kritiker seien intern gespalten. Die Liste DNA werde im Wahlkampf versuchen, zu provozieren, um aufzufallen. Das werde aber nicht einfach, habe doch die FPÖ das Thema Coronavirus gekapert.