Wahlplakate in Dresden
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EU-Wahlkampf

Mehrere Angriffe auf deutsche Politiker

In Deutschland sind in den letzten Tagen mehrere Politiker im EU-Wahlkampf angegriffen worden. Ein Kandidat der SPD wurde Freitagabend schwer verletzt, zuvor waren am Donnerstag zwei Politiker der Grünen attackiert worden. Es gibt Berichte über Einschüchterungsversuche, der deutsche Staatsschutz ermittelt.

Der Angriff Freitagabend auf offener Straße in der ostdeutschen Stadt Dresden (Bundesland Sachsen) galt dem dortigen Spitzenkandidaten der SPD für die EU-Wahl, Matthias Ecke. Dieser sei bei dem Vorfall gerade beim Plakatieren im Stadtteil Striesen gewesen, hieß es am Samstag. Ecke wurde laut Angaben der SPD Sachsen vom Samstag im Krankenhaus behandelt und muss operiert werden.

Der Angriff auf den Europaabgeordneten sei „ein unübersehbares Alarmzeichen an alle Menschen in diesem Land. Unsere demokratischen Werte werden attackiert“, erklärten die Vorsitzenden der SPD Sachsen, Henning Homann und Kathrin Michel. „Die Reihe von Angriffen durch Schlägertrupps auf Plakatierteams demokratischer Parteien sind ein Angriff auf die Grundfesten unserer Demokratie.“

Staatsschutz ermittelt

In Essen im westdeutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen waren am Donnerstagabend der Bundestagsabgeordnete Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) und sein Parteikollege Rolf Fliß nach einer Wahlveranstaltung Opfer eines gewalttätigen Übergriffs geworden. Die Polizei suche nach den Tätern, hieß es am Samstag. Da es sich um eine politisch motivierte Tat handeln könnte, übernahm der Staatsschutz die Ermittlungen.

SPD-Kandidat Matthias Ecke
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
SPD-Europapolitiker Matthias Ecke ist bei einem Angriff schwer verletzt worden

Gehring und Fliß waren nach eigenen Angaben Donnerstagabend in Essen nach einer Parteiveranstaltung attackiert worden. Den Ermittlungen der Polizei zufolge wurden beide gegen 22.30 Uhr auf der belebten Rüttenscheider Straße von einer Gruppe Passanten angesprochen.

Motiv unbekannt

Nach einem zunächst freundlichen Gespräch sei es zu einem Streit und zu Beleidigungen gekommen. Schließlich sei Fliß ins Gesicht geschlagen und dabei leicht verletzt worden. Die beiden Tatverdächtigen seien dann in einem Taxi in Richtung Innenstadt geflüchtet.

Was die Angreifer den beiden Grünen-Politikern während des Streits inhaltlich vorgehalten haben, war nicht bekannt. Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ („WAZ“) berichtete unter Berufung auf Fliß, er und Gehring seien den Tätern als Mandatsträger bekannt gewesen. Fliß ist dritter Bürgermeister von Essen und seit Jahrzehnten in der Kommunalpolitik der Ruhrgebietsstadt aktiv – vor allem in den Bereichen Klima, Umwelt, Bauen und Verkehr.

„Wir lassen uns nicht einschüchtern“

In einer gemeinsamen Erklärung betonten die beiden Politiker ihre Sorge wegen zunehmender Anfeindungen. „Wir lassen uns nicht einschüchtern, denn es braucht Menschen, die sich für unser Gemeinwesen einsetzen.“ Auch die Essener Grünen zeigten sich kämpferisch.

Kurz vor dem Angriff auf den SPD-EU-Abgeordneten Ecke war es laut deutschen Medienberichten zu einem weiteren auf einen Wahlkampfhelfer der Grünen gekommen – ebenfalls beim Plakatieren und durch eine vierköpfige Gruppe. Die Täter schlugen und traten diesen, auch er wurde verletzt. Die Ermittler des Staatsschutzes gehen aufgrund der übereinstimmenden Personenbeschreibungen sowie der zeitlichen und örtlichen Nähe davon aus, dass es sich um dieselbe Gruppe wie bei Ecke handelte.

Scholz sieht „Demokratie bedroht“

Die Verantwortung für die gewalttätigen Übergriffe wurde mehr oder weniger direkt dem Umfeld der rechten Alternative für Deutschland (AfD) angelastet. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz forderte ein geschlossenes Vorgehen gegen rechts.

Der Angriff auf Ecke sei bedrückend, sagte Scholz bei einem Demokratiekongress zur bevorstehenden Europawahl in Berlin. „Die Demokratie wird von so etwas bedroht, und deshalb ist achselzuckendes Hinnehmen niemals eine Option“, so Scholz. „Wir müssen gemeinsam dagegen stehen.“

AfD-Abgeordneter mit Eiern beworfen und geschlagen

Allerdings wurde auch ein Landtagsabgeordneter der AfD an einem Infostand seiner Partei in Nordhorn (Niedersachsen) zum Ziel eines Angriffs. Ein 29-Jähriger sei zunächst mit einer Frau in einem Boot an dem Stand der AfD vorbeigefahren, beide hätten Eier in die Richtung des Standes und des Abgeordneten geworfen, hieß es in einer Mitteilung der Polizei.

Später seien die beiden zu Fuß zurückgekehrt, der Abgeordnete habe beide zur Rede gestellt, daraufhin habe ihm der 29-jährige Mann ins Gesicht geschlagen. Der Name des Abgeordneten wurde nicht genannt, der Angreifer wird laut Polizei angezeigt.

Der Vorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, verurteilte in einer Aussendung den Angriff auf den EU-Abgeordneten Ecke. „Physische Angriffe gegen Politiker aller Parteien verurteilen wir zutiefst. Wahlkämpfe müssen inhaltlich hart und konstruktiv, aber ohne Gewalt geführt werden“, schrieb der aus Sachsen stammende Bundespartei- und Bundestagsfraktionschef am Samstag auf X (Twitter) und wünschte Ecke „viel Kraft und rasche Genesung“.

Innenministerin kündigte Konsequenzen an

Innenministerin Nancy Faeser kündigte eine harte Gangart des Rechtsstaats in vergleichbaren Fällen an. „Wenn sich ein politisch motivierter Anschlag auf den Europaabgeordneten Matthias Ecke wenige Wochen vor der Europawahl bestätigt, dann ist diese schwere Gewalttat auch ein schwerer Angriff auf die Demokratie.“

Deutschland erlebe „hier eine neue Dimension von antidemokratischer Gewalt“, so Faeser. Der Rechtsstaat müsse „und wird hierauf mit einem harten Vorgehen und weiteren Schutzmaßnahmen für die demokratischen Kräfte in unserem Land reagieren“.