Überschwemmungen in Porto Alegre in Rio Grande
Reuters/Renan Mattos
Überschwemmungen

Zahl der Toten in Brasilien steigt

Die Zahl der Todesopfer bei Überschwemmungen nach tagelangem Regen in Brasilien ist auf mindestens 78 gestiegen. Weitere sechs Todesfälle würden untersucht und 101 Menschen vermisst, teilte der Zivilschutz des südbrasilianischen Bundesstaates Rio Grande do Sul am Sonntag mit.

Demnach waren mehr als 400.000 Anschlüsse ohne Strom und rund 840.000 Menschen ohne Wasser, Dutzende Gemeinden ohne Internet- und Telefonverbindung und 113 Straßenabschnitte blockiert. Mehr als 80.000 Menschen mussten ihr Zuhause verlassen und gut 15.000 in Notunterkünften unterkommen. 332 Gemeinden seien von den Überschwemmungen seit Beginn der vergangenen Woche betroffen. Auch die Innenstadt von Porto Alegre, der Hauptstadt von Rio Grande do Sul, stand unter Wasser.

Der durch die Stadt fließende Guaiba-Fluss erreichte nach Angaben der örtlichen Behörden einen neuen Höchststand von über fünf Metern – weit über dem bisherigen Rekordwert von 4,7 Metern aus dem Jahr 1941. Das Wasser drang zunehmend in die 1,4-Millionen-Einwohner-Stadt und bedrohte Hunderte weitere Orte.

Menschen stehen auf überschwemmten Straßen in Porto Alegre in Rio Grande
Reuters/Amanda Perobelli
Tausende Menschen in Porto Alegre sind vom Wasser eingekesselt

Trinkwasser in Porto Alegre rationiert

Porto Alegres Bürgermeister Sebastiao Melo rief die Menschen auf X (Twitter) dazu auf, ihre Häuser zu verlassen. Außerdem müssten sie nach dem Ausfall von vier der sechs Aufbereitungsanlagen in der Stadt das Trinkwasser rationieren. Zwar ließ der Regen am Samstag nach, Experten schätzten jedoch, dass er weitere 24 bis 36 Stunden anhalten könnte. Zusätzlich warnten sie vor Erdrutschen. Die Behörden versuchten weiter, überschwemmte Stadtteile zu evakuieren. Rettungskräfte suchten mit Allradfahrzeugen und Jetskis im hüfthohen Wasser nach Gestrandeten.

Vielerorts bildeten sich lange Schlangen vor den wenigen verbliebenen Bussen – aufgrund der Überschwemmungen war der Busverkehr vom und zum Stadtzentrum eingestellt worden. Am internationalen Flughafen von Porto Alegre stehen die Start- und Landebahnen unter Wasser. Der Flughafen hatte daher bereits am Freitag alle Flüge auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.

Überschwemmungen in Porto Alegre in Rio Grande
Reuters/Renan Mattos
Ganze Straßenzüge stehen unter Wasser

„Beispiellose Katastrophe“

Der Gouverneur des Bundesstaates an der Grenze zu Argentinien und Uruguay, Eduardo Leite, sprach von einer beispiellosen Katastrophe. Die Opferzahlen könnten trotz allmählich schwächer werdenden Regens noch „exponentiell“ steigen, da manche Gebiete bisher nicht erreicht worden seien. Zum Wiederaufbau von Rio Grande do Sul werde es eine Art Marshall-Plan brauchen, sagte er in Anspielung an das wirtschaftliche Förderprogramm der USA für den Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg.

Brasiliens Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva reiste am Sonntag zum bereits zweiten Mal in das betroffene Gebiet. Er hatte von einer der größten Überschwemmungen der Geschichte des südamerikanischen Landes gesprochen. Nach Angaben der Regierung waren rund 1.600 Menschen und 32 Hubschrauber im permanenten Rettungseinsatz. Die Luftstreitkräfte haben bisher mehr als 200 Menschen gerettet. Teile der betroffenen Region hatten bereits im September Unwetter und Überschwemmungen mit insgesamt mindestens 42 Todesopfern erlebt.

Expertinnen und Experten zufolge führt die Erderwärmung dazu, dass solche Ereignisse häufiger und intensiver auftreten. Derzeit werden die Wetterextreme jedoch auch durch das Klimaphänomen „El Nino“ verstärkt.