Prozessauftakt im Müller-Erbstreit vor dem Landgericht Ulm
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Drogeriemilliardär

Streit um Müller-Erbe nun vor Gericht

Der durch die Drogeriekette Müller bekannt und reich gewordene deutsche Unternehmer Erwin Müller befindet sich seit Montag in einem öffentlichen Zivilstreit mit seinen drei erwachsenen Adoptivkindern. Diese fordern in dem Verfahren vor dem Landgericht Ulm den Pflichtteil vom Erbe des 91-Jährigen und von dessen Frau. Die Klage liegt bereits seit Längerem vor, nun läuft das Verfahren öffentlich.

Im Zusammenhang mit der Adoption erklärten die bereits zur Zeit der Adoption Erwachsenen einen Pflichtteilverzicht. Diese Erklärung wollen die Kläger aber der Gerichtssprecherin zufolge für unwirksam einstufen lassen. Damit würden sie Ansprüche auf einen Pflichtteil des nach Schätzungen hohen Millionenvermögens erhalten.

Medienberichten zufolge handelt es sich bei den Adoptierten um ein Ehepaar und den Bruder des Ehemanns. Müller soll die drei auf der Jagd kennengelernt haben. Die Adoption soll nach dem Bruch Müllers mit seinem leiblichen Sohn erfolgt sein. Dieser habe einst unter seinem Vater im Konzern gearbeitet, wie der „Spiegel“ dazu schreibt. „Müller senior gilt als detailversessener Workaholic, die Zusammenarbeit mit seinem Sohn funktionierte nicht.“

Erwin Müller mit einer Auszeichung beim deutschen Parfumpreis Duftstars im November 2023 in Düsseldorf
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Erwin Müller bei der Verleihung des deutschen Parfumpreises Duftstars im November

Dieser schied in Folge aus dem Unternehmen aus und wurde später vom Vater abgefunden. Wie das deutsche Nachrichtenmagazin hier anfügt, habe die Adoption der Jagdfreunde in den finanziellen Verhandlungen mit seinem leiblichen Sohn womöglich „eine strategische Rolle gespielt“. Bei der Abfindung des Sohnes habe es sich um einen „mittleren dreistelligen Millionenbetrag“ gehandelt, wie es beim „Spiegel“ dazu weiter heißt.

„Grober Undank“

So wie einst der Sohn hätten auch die drei von Müller Adoptierten per Vertrag auf ihren Pflichtanteil verzichtet. Die „Bild“-Zeitung bezifferte den möglichen Pflichtteil auf „etwa 500 Millionen Euro“.

Müllers Ehefrau Anita sagte der Zeitung im vergangenen Jahr, bei einem Erfolg der Klage hätte das erhebliche Folgen für die Drogeriekette, dann „wäre die Firma platt – und 40.000 Mitarbeiter arbeitslos“. Müller habe „wegen groben Undanks“ die Adoption rückgängig machen wollen, das müsse aber von beiden Seiten beschlossen werden und sei von den Adoptierten abgelehnt worden.

Der 91-jährige Müller selbst erschien am Montag nicht zur Verhandlung, seine Frau dagegen schon. Die drei Adoptierten waren ebenfalls anwesend. „Wir greifen den Pflichtteilverzichtsvertrag an, weil wir ihn für sittenwidrig und formnichtig halten“, erklärte Maximilian Ott, Anwalt der Adoptierten. Die Adoptierten wollten sich dpa-Angaben zufolge nicht zu dem Fall äußern. Der Anwalt Anton Steiner vertritt das Ehepaar Müller in dem Fall. Er erklärte auf Anfrage, dass laufende Verfahren grundsätzlich nicht kommentiert würden.

Außenaufnahme einer Müller-Filiale
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Der Drogeriekonzern Müller ist in mehreren Ländern Europas mit rund 900 Filialen präsent

Von US-Reise zum 900-Filialen-Konzern

Der gelernte Friseur Müller richtete 1953 nach Firmenangaben in der elterlichen Wohnung im bayrischen Unterfahlheim seinen ersten Salon ein, den er später nach Neu-Ulm verlegte. 1966 sei er auf die Idee gekommen, im Salon auch Kosmetik und Drogerieartikel anzubieten.

1969 brachte Müller den Angaben zufolge von einer Rundreise durch Kanada und die USA die Idee von Drugstores mit Waren des täglichen Bedarfs und von großen Selbstbedienungswarenhäusern mit. 1973 eröffnete er demnach in Ulm seinen ersten reinen Drogeriemarkt. Heute hat die Drogeriekette eigenen Angaben zufolge rund 35.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und rund 900 Filialen in Europa. Der „Spiegel“ beziffert den Umsatz mit rund fünf Milliarden Euro pro Jahr.