Blechrollen in einem Stahlwerk
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WIFO-Langfristprognose

Wachstum gering, Arbeitslosigkeit auch

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) erwartet bis 2028 nur ein schwaches Wirtschaftswachstum. Um rund eineinviertel Prozent werde die Wirtschaftsleistung in den fünf Jahren der Mittelfristprognose jährlich zulegen, teilte das Institut am Dienstag mit. Die Aussichten sind damit etwas schlechter als vor einem Jahr. Die Inflation dürfte erst 2027 den Zielwert von zwei Prozent erreichen. Dafür wird erwartet, dass der Arbeitskräftemangel die Arbeitslosenrate sinken lässt.

Bis 2022 schien die Wirtschaft auf dem Weg, den Einbruch der Coronavirus-Krise 2020 wieder wettzumachen. Nach der neuerlichen Rezession von 2023 zeichnet sich aber kein überdurchschnittlicher Anstieg mehr ab. Österreichs Wirtschaft werde bis 2028 den Wertschöpfungsverlust durch die Rezession 2023 nicht wettmachen, heißt es daher in der WIFO-Prognose.

Die Arbeitslosenrate soll laut Prognose von zuletzt 6,8 Prozent bis 2028 auf 5,7 Prozent zurückgehen. Allerdings muss ein Umbruch verdaut werden. Die Babyboomer gehen in Pension, geburtenschwächere Jahrgänge rücken nach. Die Babyboomer haben im Schnitt eine niedrigere Ausbildung, gerade Lehrlinge zu finden dürfte für die Betriebe schwieriger werden, da viele junge Menschen eine höhere Ausbildung machen.

Arbeitskräfteangebot soll steigen

Das Arbeitskräfteangebot werde trotzdem steigen, weil mehr ausländische Arbeitskräfte dazukommen, erwartet das WIFO. Der Anteil ausländischer Arbeitskräfte an der Gesamtbeschäftigung dürfte bis 2028 auf knapp 29 Prozent steigen – das wäre mehr als doppelt so hoch wie 2010 (13,8 Prozent).

Grafik zum Wirtschaftswachstum
Grafik: APA/ORF; Quelle: WIFO

Die Pro-Kopf-Reallöhne sollten heuer so stark steigen, dass sie die Verluste der beiden Vorjahre wieder aufholen. In den Folgejahren geht der Anstieg der Pro-Kopf-Einkommen laufend zurück, aber über die ganze Periode 2024–2028 dürften die Reallöhne stärker wachsen als die Produktivität (plus 0,4 Prozent pro Jahr). Auch die Lohnstückkosten dürften daher jedes Jahr zulegen.

„Prognose mit Abwärtsrisiken“

Das WIFO erwartet in den kommenden fünf Jahren Staatsdefizite knapp unter drei Prozent und eine weiter leicht wachsende Staatsverschuldung – sowohl in absoluten Beträgen als auch als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP). 2028 soll die Verschuldung bei 450 Mrd. Euro bzw. 78 Prozent des BIP „und somit erheblich über den Vorgaben des revidierten Europäischen Fiskalrahmens liegen, was die Einleitung eines ‚Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit‘ mit sich brächte“, so das WIFO.

„Die vorliegende Prognose ist mit zahlreichen Abwärtsrisiken konfrontiert“, schreiben die Autoren Josef Baumgartner, Serguei Kaniovski und Hans Pitlik. Ihre Liste ist lang: Nahost-Konflikt und Ukraine-Krieg, neue Lieferengpässe und starke Preisanstiege bei Energie, Getreide und Rohstoffen, neue, gefährlichere Coronavirus-Varianten, Probleme in Chinas Wirtschaft, die die ganze Weltwirtschaft negativ beeinflussen könnten – bis zu einem Einmarsch Chinas in Taiwan.

Kritik von FPÖ, NEOS und SPÖ

Kritik gab es ausgelöst durch die WIFO-Prognose von der FPÖ an der Regierung. „Neben den vielen privaten Haushalten in Österreich, die sich die hohen Preise kaum mehr leisten können, gefährdet diese fahrlässige Politik von ÖVP und Grünen vor allem auch Österreichs Wirtschaft und deren Wettbewerbsfähigkeit", so FPÖ-Wirtschaftssprecher Axel Kassegger in einer Aussendung. „Dass die hausgemachte Inflation aktuell so hoch ist, geht zulasten der Wachstumskraft unserer Wirtschaft.“

Auch die SPÖ unterstellte der Regierung starke wirtschaftliche Defizite. Die „Regierung hat wirtschaftspolitisch auf allen Ebenen versagt“, sagte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter via Aussendung. „Der Hauptfehler war aber, dass die Regierung die Teuerung hat durchrauschen lassen, dass sie nicht auf die Vorschläge der SPÖ gehört hat und in die Preise eingegriffen hat.“

NEOS sprach von einem „völlig aus dem Ruder gelaufenen Budget“ durch ÖVP und Grüne sowie „davongaloppierenden Staatsausgaben“. NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker trat für eine Ausgaben- und Schuldenbremse ein.

Von der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) hieß es unterdessen in einer Aussendung, die einzig richtige Antwort auf die düstere Wirtschaftsprognose des WIFO sei es, eine aktivierende Standortpolitik voranzutreiben. Die Prognose sei „alarmierend“.