Wahlplakate von Stevo Pendarovski und Gordana Siljanovska Davkova
IMAGO/Petr Stojanovski
Nordmazedonien

Wahlen lassen politische Wende erwarten

Der Mittwoch steht in Nordmazedonien im Zeichen der Wahlurne: Nicht nur die Stichwahl um die Präsidentschaft findet statt, sondern auch die Parlamentswahl. Den Prognosen zufolge zeichnet sich eine politische Wende zugunsten der nationalkonservativen VMRO-DPMNE ab. Die regierenden Sozialdemokraten (SDSM) scheinen ebenso wie ihr Präsidentschaftskandidat, Amtsinhaber Stevo Pendarovski, vor einer Niederlage zu stehen.

Hohe Arbeitslosigkeit, schwache Wirtschaftsdaten und eine schier endlos anmutende Wartezeit auf die EU-Mitgliedschaft: Die Menschen in Nordmazedonien könnten am Mittwoch für eine politische Wende votieren. Dann sind die 1,8 Millionen Stimmberechtigten aufgerufen, ihr neues Parlament und entweder den amtsinhabenden Präsidenten wieder- oder die neue Präsidentin Gordana Siljanovska-Davkova zu wählen.

Die erste Runde der Präsidentenwahl ging bereits Ende April über die Bühne. In Führung ging dabei die Kandidatin der oppositionellen VMRO-DPMNE, die Verfassungsexpertin Siljanovska-Davkova, mit gut 40 Prozent. Amtsinhaber Pendarovski, ebenfalls Jurist und Kandidat des sozialdemokratischen Lagers, erhielt im ersten Wahldurchgang knapp 20 Prozent der Stimmen. Nun steht das zweite direkte Kräftemessen an, nachdem Siljanovska-Davkova und Pendarovski schon 2019 in der Stichwahl um das Präsidentenamt gegeneinander angetreten waren. Damals ging Pendarovski als klarer Sieger hervor.

Dieses Mal dürfte es anders kommen, nun scheint die gleichzeitige Parlamentswahl die Position Pendarovskis zu erschweren. Erwartet wird ein Rechtsruck, der den Beitritt zur Europäischen Union erschweren würde. Jüngsten Umfragen zufolge dürfte die VMRO-DPMNE einem klaren Wahlsieg mit gut 41 Prozent der Stimmen entgegengehen. Die SDSM würde mit knapp 23 Prozent mit Abstand zurückbleiben. Ausschlaggebend werden mutmaßlich die Stimmen der albanischen Volksgruppe sein, die etwa ein Viertel der Bevölkerung ausmacht.

Umfragen sehen deutliche Entscheidung

Die VMRO-DPMNE könnte mit 53 von 120 Parlamentssitzen rechnen, die Sozialdemokraten würden auf 30 kommen. Den Sprung ins Parlament würden auch zwei Bündnisse albanischer Parteien schaffen: Die Europäische Front um die mitregierende Demokratische Integrationsunion (DUI) kann mit etwa 13 Prozent der Stimmen rechnen. Dem Bündnis Vredi um die albanische oppositionelle Partei Besa werden knapp zehn Prozent vorausgesagt.

Auch die Ende des Vorjahrs vom Bürgermeister von Kumanovo, dem ehemaligen Sozialdemokraten Maxim Dimitrievski, gebildete Bewegung ZNAM dürfte den Sprung ins Parlament schaffen. Ebenso wie die Linke erwartet ZNAM rund sechs Prozent der Stimmen. Im Rennen um Parlamentssitze befinden sich insgesamt 17 Parteien und Bündnisse.

Weg in EU könnte schwieriger werden

Die großen politischen Bruchlinien in Nordmazedonien sind relativ deutlich. Über nahezu allem steht zudem der ethnische Konflikt zwischen den beiden größten Nationalitäten des Landes, der mazedonischen Gruppe und der albanischen. Innenpolitisch stehen einander zudem die VMRO-DPMNE, die zwischen 2006 und 2016 an der Macht war, und die Sozialdemokraten diametral gegenüber.

Die VRMO-DPMNE befindet sich dabei auf Konfrontationskurs: Parteichef Hristijan Mickoski weigert sich etwa, den neuen Namen des Landes anzuerkennen. Auch Präsidentschaftskandidatin Siljanovska-Davkova ließ wissen, dass sie als Präsidentin die Bezeichnung Mazedonien anstatt Nordmazedonien zu benutzen gedenke. 2018 hatte das damalige Mazedonien eine Vereinbarung mit Griechenland geschlossen und sich in Nordmazedonien umbenannt, um so einen jahrelangen Streit mit dem Nachbarn beizulegen.

Auch im Konflikt mit dem östlichen Nachbarland Bulgarien zeigt sich Mickoski unnachgiebig. Solange Skopje die bulgarische Minderheit nicht in der Verfassung anerkennt, blockiert Sofia den EU-Beitrittsprozess Nordmazedoniens.

Die Sozialdemokraten hingegen wollen klar in die EU. Sie waren seit 2022 auch vergeblich um die Anerkennung der bulgarischen Volksgruppe in der Verfassung bemüht, doch dafür wäre im Parlament eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen, die nicht erreicht werden konnte.

Wirtschaftlicher Fortschritt ausschlaggebend

Mickoskis größtes Wahlkampfversprechen war, der Wirtschaft Vorrang einzuräumen und Zehntausende Arbeitsplätze zu schaffen – eine Botschaft, die bei vielen Wählern angesichts ökonomischer Krise und grassierender Inflation Anklang findet. In den vergangenen zwei Jahrzehnten verließen etwa zehn Prozent der Bevölkerung das Land, jungen Menschen bietet der kleine Balkan-Staat kaum Perspektiven.

Die Sozialdemokraten versuchten im Wahlkampf hingegen damit zu überzeugen, dass nur mit ihnen der seit fast 20 Jahren angestrebte EU-Beitritt gelingen werde. Bei einer Umfrage Ende März bezeichneten rund 66 Prozent der Befragten die sozialdemokratische Regierung jedoch als „erfolglos“. Als die größten ungelösten Probleme wurden dabei die Korruption und Kriminalität, die hohen Lebenshaltungskosten, niedrige Einkommen und Arbeitslosigkeit genannt.