Alexis Pascuttini (FPÖ)
ORF/Lukas Krummholz
„Rot-Blau“-U-Ausschuss

Pascuttini-Befragung als Grenzgang

Mit den Absagen von FPÖ-Chef Herbert Kickl und des Chefs der Werbeagentur signs für die Befragung im von der ÖVP eingesetzten U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ konnte die zuletzt neu aufgerollte Causa Ideenschmiede und Fragen nach Treuhandverträgen am Dienstag kein Thema sein. Stattdessen wurde auf den Grazer FPÖ-Finanzskandal geblickt. Weil Kommunalpolitik kein Thema für einen U-Ausschuss ist, war der Termin ein Grenzgang. Zumindest wenn er konnte, sprach Ex-Stadt-FPÖ-Mandatar freimütig.

Alexis Pascuttini wurde von der ÖVP geladen, um damit einen FPÖ-Skandal zu thematisieren. Hintergrund: Kurz nach der Wahlniederlage der Grazer FPÖ bei der Gemeinderatswahl 2021 war bekanntgeworden, dass Gelder aus der städtischen Klubförderung offenbar im großen Stil abgezweigt worden waren. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt. Sowohl kleinere Funktionäre als auch Granden der Stadtpartei stehen unter Verdacht.

Nach den Rücktritten des früheren Grazer FPÖ-Vizebürgermeisters Mario Eustacchio sowie des Ex-FPÖ-Klubchefs Armin Sippel von ihren Funktionen wurden von der Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die beiden eingeleitet. FPÖ-Graz-Finanzreferent Matthias Eder zeigte sich selbst an und übernahm die Alleinverantwortung für die Veruntreuung von 700.000 Euro. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

Alexis Pascuttini (FPÖ)
ORF/Lukas Krummholz
Alexis Pascuttini bei seinem Eintreffen vor dem U-Ausschusslokal

Verfahrensrichter mit Warnung

Wie erwartet, wurde die Befragung Pascuttinis in weiten Teilen von Debatten über die Zulässigkeit von Fragen und des Themas (also Kommunalpolitik statt Bundesvollziehung) überlagert – das begann mit dem Statement von Verfahrensrichter Wolfgang Köller, der auf die übliche einleitende Befragung der Auskunftsperson verzichtete und damit bereits seine Einschätzung zur Befragung vorwegnahm.

Man mache hier ein „völlig neues Thema“ auf, das absolut nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun habe. Das sei eine „vollkommen neue Situation“, er warnte davor, was passieren könne, wenn auf nicht zulässige Fragen andauernd geantwortet würde. Das könne dazu führen, dass theoretisch ein gesamter U-Ausschuss nicht zum vereinbarten Gegenstand geführt werden könne und der Ausschuss damit ein „beliebiger“ werde.

FPÖ contra ÖVP und umgekehrt

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger sagte, dass es stets „gelebte Praxis gewesen“ sei, dass Auskunftspersonen auf Fragen antworten können, wenn sie das wollen, aber das nicht müssen. Zur Empörung von FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker, der praktisch bei jeder Frage zur Geschäftsordnung rief. Vorsitzender Wolfgang Gerstl (ÖVP) sagte, man mache ein „Kapitel auf, das völlig außerhalb des U-Ausschusses steht“, man müsse jeweils versuchen, einen Zusammenhang herzustellen.

FPÖ-Fraktionsführer Hafenecker hinterfragte die Auskunftsperson, bereits bevor diese noch ein Wort sagen konnte. Er stellte in den Raum, dass auch dessen Vertrauensperson von der ÖVP finanziert worden sein könnte. Mit einem Antrag auf Ausschluss des Juristen blieb er aber allein. Das anschließende einleitende Statement Pascuttinis war in maximaler Ausführlichkeit stark von Mutmaßungen und strafrechtlichen Vorwürfen durchsetzt.

Christian Hafenecker (FPÖ) und Susanne Fürst (FPÖ)
ORF/Lukas Krummholz
Christian Hafenecker meldete sich – wie erwartet – zahlreich zur Geschäftsordnung

Pascuttini: „Schlichtweg Einschüchterungsversuche“

Die FPÖ sei wohl „ein bissl bös auf mich“, sagte Pascuttini, der von seiner langjährigen Partei ja ausgeschlossen worden war. Er gründete danach mit anderen Ex-FPÖ-Stadt-Mandatarinnen und -Mandataren einen eigenen Klub (Korruptionsfreier Gemeinderatsklub, KFG). Pascuttini sagte, man habe zwei Jahre „schleppende Ermittlungen erlebt“. Er und seine Kollegen stünden in diesem Zeitraum in einem „Abwehrgefecht“.

Er sei schon mit 16 der FPÖ beigetreten, es stimme, dass die FPÖ anders sei, um nicht zu sagen, „ganz anders“. Es werde versucht, einen, der etwas aufarbeiten wolle, „mundtot zu machen“, man habe versucht, ihm Angst zu machen – „es waren schlichtweg Einschüchterungsversuche“. Man wollte in Graz „ein bissl Politik machen und bissl Verkehrsschilder aufstellen“, nun erlebe man aber „Bedrohungen“. Er habe durch seine Versuche, die Dinge aufzuklären, „nichts gewonnen“, er wolle so ein Leben eigentlich nicht leben.

Eder „kann es also nicht alleine gewesen sein“

Die Frage sei, „wie kann es denen (er meinte wohl Eustacchio und Sippel, Anm.) nicht auffallen, dass der Herr Eder immer wieder hohe Bargeldbeträge immer wieder abhebt“. Wenn auch ein Gutachter „große Zweifel an der Einzeltätertheorie angemeldet“ habe – Eder könne es „also nicht alleine gewesen sein“, so Pascuttini. Doch auch das Handeln der Justiz sei hier fragwürdig, die Staatsanwaltschaft Graz habe seinen Gemeinderatsklub nie kontaktiert.

Man habe „als Opfer nie seine Sicht thematisieren können“, so Pascuttini in Richtung Staatsanwaltschaft. In Konsequenz dessen haben er und seine Mitstreiter beschlossen, alles offenzulegen – damit habe man Dinge thematisiert, die von den Staatsanwaltschaften Graz und später Klagenfurt nicht bearbeitet worden seien, so Pascuttini. Zeugen seien nicht einvernommen worden, „Opfer“ seien ausgeschlossen worden, man habe sich in das Strafverfahren zurückkämpfen müssen, sagte er sinngemäß.

Pascuttini: WKStA soll übernehmen

Im August 2023 habe die Kriminalpolizei Sicherstellungen bei der FPÖ Steiermark und in deren Umfeld angeregt, diese hätten aber bis heute nie stattgefunden, so Pascuttini. „Es ist eine Justiz, die sich durch sehr schleppende Ermittlungen auszeichnet“ – die Auskunftsperson plädierte dafür, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Ermittlungen übernehmen solle.

Nach Anfrage bei Grosz von signs-Chef kontaktiert

NEOS-Fraktionschef Yannick Shetty fragte die Auskunftsperson zu Wahrnehmungen zur Werbeagentur signs. Jene Agentur sei auch in den Grazer Wahlkampf eingebunden gewesen. Er sei damals Bezirksparteiobmann in Graz-Gösting gewesen, man habe über eine andere Firma „immer wieder Grafiken über signs anfertigen“ lassen. Er, Pascuttini, habe Gerald Grosz als Berater haben wollen, im Zuge dessen sei er dann von signs-Geschäftsführer kontaktiert worden.

Yannick Shetty (NEOS)
ORF/Lukas Krummholz
Yannick Shetty fragte Pascuttini zu Wahrnehmungen zur Werbeagentur signs

Mit der signs habe man dann aber keinen Vertrag gemacht, die Berichterstattung über die Firma habe sie dann von einem Engagement abgehalten. Und eine weitere Anekdote hatte Pascuttini noch parat. Vor der Wahl von Axel Kassegger zum FPÖ-Graz-Parteichef hätten sich plötzlich viele Leute gemeldet.

Pascuttini erzählte, dass einst der in Klagenfurt angesiedelte signs-Chef im Register der FPÖ-Graz St. Leonhard aufgetaucht sei. Dass die Werbeagentur signs in Graz eine Niederlassung im Sitz der FPÖ Steiermark habe, wie später von der SPÖ vorgebracht, wusste Pascuttini nicht.

Hafenecker wollte „spiegeln“

Herb ging es bei der Befragung Pascuttinis durch FPÖ-Fraktionsführer Hafenecker zu. Erfragt wurde da etwa, ob es Vereinbarungen mit der ÖVP gegeben habe, nicht zulässige Fragen zu beantworten („Nein, keine“). Auch mit ÖVP- und NEOS-Vertretern habe er sich im Vorfeld nicht getroffen. Dann stellte auch Hafenecker unzulässige Fragen – nur um die Mandatare und Mandatarinnen der übrigen Parteien zu „spiegeln“, wie er versicherte. Pascuttini ortete eine „schwache Performance“ von Hafenecker.

Pascuttini: Zu Kunasek nie befragt

Zum Vorwurf, Ex-FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek habe Parteigelder für private Zwecke missbraucht (es gilt die Unschuldsvermutung, Anm.) sagte Pascuttini, ein Freund Eders habe ihm Material gegeben. Obwohl er das in einem „Standard“-Interview gesagt hatte, sei er von der Staatsanwaltschaft bis heute nie dazu befragt worden. Auf die Frage der ÖVP-Abgeordneten Corinna Scharzenberger, ob die PR-Agentur signs bei FPÖ-Veranstaltungen in Erscheinung getreten sei, hatte er keine Wahrnehmung.