Alfred Gusenbauer
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Für Kreditvergabe an Signa

Gusenbauer intervenierte bei FMA-Chef

Alfred Gusenbauer, Ex-SPÖ-Bundeskanzler und Ex-Aufsichtsratschef des inzwischen insolventen Immobilienkonglomerats Signa, hat versucht, über den Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA) Kontakt zur Europäischen Zentralbank (EZB) zu bekommen, berichteten „Krone“ und „News“ am Dienstag. Hintergrund war eine Warnung der EZB an europäische Banken im Sommer 2023, bei der Kreditvergabe an Signa vorsichtig zu sein.

Gusenbauer schrieb am 18. September 2023 einen Brief an den „Lieben Heli!“ Der SPÖ-nahe FMA-Vorstand Helmut Ettl ist in seiner Funktion in mächtigen Gremien präsent: Mitglied im Rat der Aufseher (Board of Supervisors) der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), Mitglied im Europäischen Ausschuss für Systemrisiken und seit 2014 Mitglied im Aufsichtsgremium (Supervisory Board) der Bankenaufsicht (SSM, Single Supervisory Mechanism) der EZB.

In dem Schreiben schilderte Gusenbauer die Lage der Signa in rosigen Farben und bezeichnete die Vorgangsweise der EZB als „nicht erklärlich“. In weiterer Folge listete Gusenbauer „exemplarisch drei Verkäufe der letzten Monate“ auf und wies Ettl darauf hin, dass „die Onsite-Inspections der EZB nicht die aktuelle Marktlage abbilden. Die zentralen, innerstädtischen Lagen eines Großteils des Signa-Portfolios zeigen, dass selbst in einem schwierigen Markt-Umfeld, wie es zweifelsfrei dzt. vorherrscht, solche außergewöhnlichen Immobilienlagen in deutschen und österreichischen Städten gefragt sind und die Immobilienwerte eine hohe Stabilität aufweisen.“

„Wir bitten Dich um Unterstützung“

Im Namen von Signa schrieb Gusenbauer: „Wir bitten Dich um Unterstützung bei der Aufklärung der Sachlage und stehen jederzeit für Gespräche – auch mit Vertretern der EZB – zur Verfügung.“ Drei Monate später meldete Signa Insolvenz an. Aus der FMA hieß es dazu am Dienstag: „Wir bestätigen das Einlangen der E-Mail. Wir haben sie an die Bankenaufsicht der EZB als zuständige Behörde weitergeleitet.“

FMA-Vorstand Helmut Ettl
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Helmut Ettl sollte nach Gusenbauers Vorstellungen die EZB punkto Signa entwarnen

Signa-Gründer Rene Benko ließ auch – bereits im Juli 2023 – im Zusammenhang mit der EZB-Kritik zwei Bankenprüfer der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) ausfindig machen und schickte ihre Namen mit Lebensläufen versehen an seine beiden Berater, Gusenbauer und Ex-ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz. Kurz, der auf die Benko-Mail mit den Werdegängen mit einem knappen „Danke“ geantwortet hatte, will laut einem Sprecher jedoch „keine Aktivitäten“ zu diesem hochsensiblen Thema entwickelt haben. Die Nationalbank kündigte eine genaue Prüfung der Vorgänge an.

Gusenbauer war ab Februar 2009 bei Benkos Gruppe tätig und legte vor allem für seine Beratungen im Zusammenhang mit den Stützungen der deutschen Steuerzahler für Galeria Karstadt Kaufhof zwischen 2020 und 2023 hohe Honorare. Heuer im Februar gab er bekannt, mit Mitte März aus dem Aufsichtsrat der insolventen Signa-Töchter Prime und Development auszuscheiden.

Nächste Großpleite bei Signa

Am Dienstag wurde zudem eine neue Pleite im Signa-Konglomerat bekannt: Die Signa Retail GmbH ist zahlungsunfähig, teilten AKV, Creditreform und KSV1870 mit. Schulden von 1,13 Mrd. Euro bei 26 Gläubigern steht ein Vermögen von nur 1,51 Mio. Euro gegenüber. Dennoch strebt das Unternehmen ein Sanierungsverfahren an, dafür bietet es 20 Prozent Quote innerhalb von zwei Jahren. „Die Frage, wie sie das machen wollen, stelle ich mir auch“, sagte AKV-Kreditschützerin Cornelia Wesenauer zur APA.

Die Signa Holding, die seit November 2023 zahlungsunfähig ist, hält direkt und indirekt gut 95 Prozent an der Signa Retail. Durch die Pleite der Muttergesellschaft wurden auf Ebene der Signa Retail abgegebene Haftungszusagen schlagend und konnten mangels Finanzierung durch die Gesellschafter nicht mehr bedient werden, teilte der AKV mit. Aktuell hält die Signa Retail mittelbare Beteiligungen an diversen Unternehmensgruppen im Retailsektor.