Klubobfrau Sigrid Maurer (Grüne), Spitzenkandidatin Lena Schilling (Grüne) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)
APA/Tobias Steinmaurer
Nach Vorwürfen

Grüne Parteispitze stellt sich hinter Schilling

Die grüne Parteispitze hat sich in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am Mittwoch zu vom „Standard“ berichteten Vorwürfen gegen ihre EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling geäußert und sich „geschlossen“ hinter sie gestellt. Man lasse sich nicht von „anonymem Gemurkse oder Gefurze“ aufhalten, so Parteichef Werner Kogler, der eine gezielte Kampagne gegen junge Frauen sieht. Schilling selbst kritisierte, dass über ihren Charakter debattiert werde statt über Inhalte.

Man unterstelle ihr allerhand Dinge, so Schilling, die die Pressekonferenz eröffnete, und dabei werde vor allem ihr Charakter infrage gestellt. Bei anderen Kandidaten werde hingegen über Inhalte debattiert. Man könne mit ihr jederzeit über ihren Standpunkt debattieren, davon habe sie aber in der Berichterstattung nichts gelesen.

Sie kritisiere nicht die Berichterstattung, aber sie kritisiere, dass mit persönlichen Behauptungen und Unterstellungen gegen sie kampagnisiert werde. Sie wolle mit Ideen überzeugen, aber stattdessen werde der Wahlkampf auf die persönliche Ebene gezogen. Das tue dem Wahlkampf und der Politik nicht gut, man werde Menschen nicht begeistern, „wenn wir uns gegenseitig mit Dreck bewerfen“. Sie sei auch nicht aus Teflon, die Vorwürfe hätten sie getroffen. Inhaltlich wolle sie aber nicht darauf eingehen, sagte sie auch auf Nachfrage: Ihr Privatleben sei ihr Privatleben.

Statement von Lena Schilling

Die EU-Spitzenkandidatin der Grünen, Lena Schilling, hat im Rahmen einer Pressekonferenz Stellung zu den Vorwürfen gegen ihre Person genommen.

Vorwürfe aus Umfeld Schillings

Der „Standard“ hatte am Dienstag unter Berufung auf nicht namentlich genannte, aber offenbar auch grüne Quellen über verschiedene Vorwürfe gegen Schilling berichtet. So soll sie eine Unterlassungserklärung unterzeichnet haben, mit der sie sich verpflichtet habe, bestimmte Äußerungen zu einem Paar zu unterlassen, etwa dass die Frau von ihrem Partner physische Gewalt erfahren und in weiterer Folge eine Fehlgeburt erlitten habe.

Von den Grünen hieß es laut Bericht, dass Schilling die Aussagen aus „Sorge um eine Freundin in ihrem engsten persönlichen Umfeld getätigt“ habe und das bedaure. Der „Standard“, der laut eigenen Angaben mit Dutzenden namentlich nicht genannten Quellen aus Schillings Umfeld gesprochen hatte, schrieb weiter, dass Schilling mehrfach Gerüchte verbreitet haben soll, die sich nicht bestätigt hätten. Der Bericht zitierte auch einen internen Chat der Grünen, wonach erwartet werde, dass der laufende EU-Wahlkampf dreckig werde. Es soll aber in der Partei auch Irritationen über Schilling geben.

Die Zeitung berichtete weiters über Vorwürfe von Schilling gegenüber Journalisten, darunter eine Belästigung, die bei einer internen Prüfung des Medienunternehmens nicht bestätigt werden konnten. Zudem soll sie laut Bericht in einen Rücktritt eines grünen Abgeordneten involviert gewesen sein. Auch in der Klimabewegung, in der Schilling lange aktiv war, soll es ebenfalls Unfrieden gegeben haben, so der „Standard“ unter Berufung auf involvierte Personen.

Kogler: Klage kein Thema

Man habe gewusst, dass der Wahlkampf dreckig werde, sagte dann Kogler. Das sei wohl eine Erscheinung der Zeit. Auch wenn es das schon früher gab, werde es doch „immer dreckiger“, und es werde vor allem gegen die Grünen agitiert. Das sei „leider auch zu befürchten“; wenn eine „junge, kompetente Frau“ den Schritt in die Politik wähle, werde das „nochmal härter“.

PK zu Vorwürfen gegen Schilling

Lena Schilling, Werner Kogler, Leonore Gewessler, Stefan Kaineder und Sigrid Maurer haben zu den Vorwürfen gegen Schilling Stellung genommen.

Die Partei lasse sich nicht von Gerüchten und anonymem „Gemurkse oder Gefurze“ aufhalten. Es sei keine politische Tangente erkennbar, man müsse Relevantes von Irrelevantem trennen: Es gehe um die EU-Wahl. Die Grünen würden bewusst Frauen in die erste Reihe bringen, weil sie viel mitbringen würden, und das sei auch bei Schilling der Fall. Gerade gegenüber Frauen würden aber Schmutzkübel befüllt und ausgeleert, und man müsse sich fragen, was damit erreicht werden solle, gerade bei Quereinsteigerinnen.

Eine Klage im Zusammenhang mit dem Bericht sei kein Thema, so Kogler auf Nachfrage bei der Pressekonferenz. Auf X (Twitter) schrieb Kogler später, dass die Kampagne nicht von den Medien komme, sondern explizit von außen in die Medien getragen werde. Man stehe als Partei geschlossen hinter Schilling.

Gewessler: „Hemmungslose Kampagne“

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sagte, dass auch ihr in den letzten Jahren in der Politik viele Grauslichkeiten passiert seien. Eine so „hemmungslose Kampagne“ wie gegen Schilling sei ihr aber noch nicht untergekommen. Es mache sie betroffen. Schilling sei eine große Bereicherung für die Politik, die Debatte im Land und die grüne Bewegung, und sie zolle ihr Respekt, dass sie diesen Schritt zur Kandidatur gewagt habe. Sie sei „genau die richtige Spitzenkandidatin, für Klimaschutz und gegen Hetze“.

Ihre Unterstützung für Schilling drückte auch die grüne Klubchefin Sigrid Maurer aus: „Lena, wir stehen alle hinter dir“, so Maurer. In den vergangenen Wochen seien Gerüchte kursiert, so Maurer, auch die Grünen seien darauf angesprochen worden. Es würden hier aber verschiedene Ebenen vermengt, gerade auch Privates. Ausgewogene Berichterstattung sei immer wichtig, so auch Maurer, es brauche aber auch eine Unterscheidung, was relevant und was nicht relevant sei.

Stefan Kaineder, Parteivize und grüner Landesrat in Oberösterreich, sagte schließlich, ihn mache die Situation „grantig“. Man stehe vor einer Richtungswahl und man befasse sich mit Gerüchten, die „tief ins Private“ gehen. „G’scheit für die Demokratie“ sei das alles nicht. Schilling riet er, offen zu bleiben und sich keinen Panzer zuzulegen.

Grüne sehen „organisierte Kampagne“

Schilling sagte auf Nachfrage auch der für den Bericht mitverantwortlichen „Standard“-Journalistin, laut welcher der Artikel inhaltlich in allen Punkten belegbar sei, dass sie auf die Vorwürfe inhaltlich nicht weiter eingehen wolle.

Schilling sagte, sie habe – bezogen auf die Vorwürfe der Unterlassungserklärung – in ihrem engsten Umfeld über etwas gesprochen, da seien Kränkungen entstanden. Mit dem Vergleich sei das für sie „fertig“. Laut Grünen wurde die Unterlassungserklärung an mehrere Redaktionen herangetragen. Der Start der aktuellen „organisierten Kampagne“, so Maurer, liege aber woanders.

Von den anderen politischen Parteien reagierte nur die FPÖ: Generalsekretär Michael Schnedlitz meinte in einer Aussendung, das Wegwischen aller Vorwürfe als Kampagne werde nicht funktionieren. Der „grüne Anstand“ sei nun „endgültig Geschichte“. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) wollte sich vor dem Ministerrat nicht zu der Angelegenheit äußern.