Kakaobohnen und Schokoladenstücke
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Hoher Kakaopreis

Saures für Süßwarenhersteller

Kakao hat sich in den vergangenen Monaten so stark und schnell verteuert wie noch nie. Im April betrug der Börsenpreis für eine Tonne Rohkakao über 10.000 Euro – im Jahresvergleich das Fünffache. Seither ging er zwar auf aktuell rund 7.000 Euro herunter, dennoch sieht sich die heimische Süßwarenindustrie unter Druck. Mit deutlichen Preissteigerungen im Schokoladebereich ist demnächst zu rechnen.

„Alle Hersteller von Kakaoerzeugnissen wie Schokolade oder Kakaogetränken sowie kakaohaltigen Lebensmitteln wie Dauerbackwaren (z. B. Schnitten mit Kakaofüllung) stehen derzeit bei der Beschaffung und Finanzierung von Kakao unter Druck“, hielt die Geschäftsführerin des WKO-Fachverbands der Lebensmittelindustrie, Katharina Koßdorff, am Mittwoch fest. Die Preisexplosion der vergangenen Monate komme zeitversetzt bei der Lebensmittelindustrie an, weil diese oftmals über länger laufende Verträge für Kakaomasse, Kakaopulver oder Kakaobutter verfüge.

Die Ursachen für den Kakaopreisanstieg sind laut Fachverband schlechte Ernten in Westafrika, Klimakapriolen, Pflanzenkrankheiten und starke Nachfrage. Hitze, Dürreperioden und ein bereits alter, wenig ertragreicher Kakaobaumbestand hätten ein knappes Angebot an Kakao verursacht.

Eine Grafik zeigt die bisherige Kakaopreisentwicklung im Jahr 2024
Grafik: APA/ORF; Quelle: finanzen.net

Weiterer Engpass befürchtet

Zudem wütet unter den Kakaobäumen eine Krankheit, das Cacao-Swollen-Shoot-Virus (CSSV). Längere Regenperioden fördern die Ausbreitung von CSSV, das von Blattläusen verbreitet wird und zum Absterben der Kakaobäume führt. Die einzig wirksame Bekämpfung besteht darin, infizierte Bäume zu fällen und neue zu pflanzen. Das führt zu Ernteausfällen und einer verzögerten Produktion, bis die Bäume wieder Kakaobohnen tragen. In Ghana sollen bereits 17 Prozent aller Anbauflächen betroffen sein, auch auf die Elfenbeinküste greift das CSSV über.

Andere Branchenexperten verweisen auch auf Lieferengpässe und Spekulationen sowie auf stark gestiegene Energiepreise und gestiegene Lebenshaltungskosten in Westafrika. Auf die Elfenbeinküste und Ghana entfielen zuletzt rund 60 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion.

Für die Kakaoernte im Herbst 2023 erhielten die Bauern noch vergleichsweise niedrige Preise, weil sie wie in Westafrika üblich zuvor staatlich festgesetzt wurden. „Bei den Bauernfamilien sind bisher kaum finanzielle Verbesserungen angekommen“, sagte Fairtrade-Österreich-Chef Hartwig Kirner. Fairtrade-Partnerschaften seien „in diesem wirtschaftlichen Umfeld besonders wichtig“. Die österreichischen Handelsketten und Produzenten würden „hier mit gutem Beispiel vorangehen“, lobte Kirner.

„Erhebliche Preisanhebungen“ erwartet

Der geschätzte Umsatz mit Fairtrade-Produkten in Österreich stieg im Vorjahr um zwölf Prozent auf 663 Mio. Euro. Mengenmäßig gab es ein Plus bei zertifiziertem Kakao (plus 13 Prozent), Rosen (plus acht Prozent) und Kaffee (plus 0,2 Prozent), wie Fairtrade am Mittwoch mitteilte. Das Mengenplus bei Kakao sei vor allem „auf zahlreiche neue Listungen von Handelspartnern und Schokoladeproduzenten“ zurückzuführen, sagte Kirner.

Obwohl sich die explodierenden Preise auf den Märkten zuletzt etwas beruhigt haben, werde es für Endkonsumenten und -konsumentinnen bald „erhebliche Preisanhebungen geben“, so Kirner. Fachleute gehen von einer Süßwarenverteuerung von bis zu 30 Prozent aus.

Ein Kakaofarmer trocknet in Satikran (Elfenbeinküste) Kakaobohnen
APA/AFP/Issouf Sanogo
Aus Westafrika stammen rund zwei Drittel des globalen Kakaos

Bei den meisten Händlern leeren sich die Lager. Viele, die bis jetzt noch Terminkontrakte hatten und Kakao deshalb noch zu günstigeren Preisen einkaufen konnten, müssten sich spätestens ab Herbst zu wesentlich höheren Preisen eindecken, sagte Kirner. Viele Kakaoverarbeiter würden auf leeren Lagern sitzen, weil sie die Preisrallye durchtauchen wollten, sagte auch ­Koßdorff. „Eine Entspannung der Lage scheint aktuell nicht in Sicht. Wir erwarten die nächste Kakaoernte im Oktober 2024.“

EU-Entwaldungsrichtlinie erhöht Kosten

Nicht nur der Kakao an der Börse ist in die Höhe geschossen, sondern laut Verband auch die darauf verrechneten Aufschläge für die Lebensmittelindustrie, etwa für den Transport, die Lagerung und Versicherung der Fracht oder für die Dienstleistungen der Zwischenhändler. Diese Aufschläge hätten sich innerhalb der letzten zwölf Monate verzehnfacht und seien von rund 250 Euro auf bis zu 2.500 Euro pro Tonne Kakao gestiegen.

Dazu kommt die ab Jahresende geltende EU-Entwaldungsrichtlinie. Damit soll verhindert werden, dass Wald für den Anbau von Kakao, aber auch von Soja, Kaffee, Palmöl sowie von Holzprodukten und Kautschuk gerodet wird. Hersteller haben somit künftig nachzuweisen, dass die Produkte in ihren Anbaugebieten bzw. entlang der Lieferkette „entwaldungsfrei“ hergestellt wurden. Dazu müssen sie Nachweise entlang der Lieferketten führen. Das bedeutet hohen administrativen Aufwand und Kosten für die Beschaffung der Rohstoffe und für den Herstellungsprozess.

Preisstreit zwischen REWE und Mondelez

Viele Supermarktketten führen derzeit intensive Preisverhandlungen mit Schokoladen- und Süßwarenherstellern. Laut der deutschen „Lebensmittel Zeitung“ verhängte der Milka-Hersteller Mondelez einen Lieferstopp gegen REWE (u. a. Billa, Billa Plus, Penny), da sich die Unternehmen in den Preisverhandlungen verkracht haben. Milka-Schokolade, Oreo-Kekse oder Tuc werden in Filialen des Handelskonzerns REWE zunehmend knapp. Mondelez will höhere Preise für seine Produkte durchsetzen, REWE lehnt ab.