Interkontinentalrakete bei der Militärparade in Moskau
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Weltkriegsgedenken

Putin wettert gegen „Heuchelei“ des Westens

Am Gedenktag zum Sieg über Deutschland im Zweiten Weltkrieg hat der russische Präsident Wladimir Putin die Kampfbereitschaft seines Landes beschworen und auch mit Atomstreitkräften gedroht. Diese seien „immer in Alarmbereitschaft“, sagte Putin am Donnerstag zum Auftakt der jährlichen Feierlichkeiten zum 79. Tag des Sieges bei der großen Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau. Dem Westen warf er „Heuchelei“ und „Revanchismus“ vor.

Russland werde „alles tun, um eine globale Konfrontation zu vermeiden“, versicherte Putin. „Gleichzeitig werden wir niemandem erlauben, uns zu bedrohen.“

Bei der Parade zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs marschieren traditionell tausende Soldaten über den Roten Platz, begleitet von Panzern, Kampfjets und Raketenwerfern. Laut russischen Medien nahmen mehr als 9.000 Soldaten an der Parade teil. Auch in diesem Jahr stand die traditionelle Militärparade im Zeichen des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine, den Putin im Februar 2022 angeordnet hatte.

Vladimir Putin
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„Unsere strategischen Streitkräfte sind in Kampfbereitschaft“, versicherte Putin

Der Zweite Weltkrieg war vor 79 Jahren durch die Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Europa zu Ende gegangen. In Westeuropa wird des Ereignisses am 8. Mai gedacht, in Russland und anderen ehemaligen Staaten der Sowjetunion am 9. Mai.

In der Vergangenheit hat Russland häufig Vertreter anderer Länder eingeladen, um der Militärparade beizuwohnen. Doch bereits vor der Offensive in der Ukraine war das weniger geworden. Am Donnerstag waren unter anderen die Staats- und Regierungschef aus Belarus, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan, Kuba, Laos und Guinea-Bissau anwesend.

Knips-Witting (ORF): „Putin schickt Drohung an Westen“

ORF-Korrespondentin Maria Knips-Witting spricht unter anderem über die Militärparade in Moskau und welche Signale der russische Präsident Wladimir Putin Richtung Westen sendet. Des Weiteren berichtet sie, dass Putin den Feiertag als Machtdemonstration seines Militärs nutzt.

Putin: Politik des Westens auf „Lügen aufgebaut“

Putin erhob bei der Militärparade einmal mehr Vorwürfe gegen den Westen. Dieser versuche, die Erinnerung an den sowjetischen Sieg zu verfälschen. Die Wahrheit störe „diejenigen, die ihre koloniale Politik auf Heuchelei und Lüge aufbauen“, sagte der russische Präsident. „Revanchismus, die Verhöhnung der Geschichte, das Bemühen, die heutigen Nachahmer der Nazis zu rechtfertigen – das ist Teil der allgemeinen Politik westlicher Eliten, immer neue regionale Konflikte zu entzünden, ethnische oder religiöse Konflikte.“

Den Vorwurf, den Nazis nachzufolgen, erhebt Putin gewöhnlich gegen die Ukraine, die er seit zwei Jahren mit Krieg überzieht. Als Zeichen für die angeblichen Nazi-Sympathien Kiews führt er die Verehrung der Ukraine für einige ihrer nationalistischen Führer an, die im Zweiten Weltkrieg mit den Nazis kooperiert hatten. Auch die Länder, die die Ukraine unterstützen, rückt er in diese Nähe. Putin beklagte, dass in vielen Ländern sowjetische Ehrenmale abgerissen würden.

Soldaten bei der Militärparade in Moskau
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An der Parade nahmen etwa 9.000 Soldaten teil, darunter rund 1.000, die in der Ukraine gekämpft haben

„Durch sowjetische Vergangenheit begrenzte Weltsicht“

Fachleute sehen Putins Fokus auf den Zweiten Weltkrieg als Teil seiner Bemühungen, die Schlagkraft und das Prestige der UdSSR wiederzubeleben. Im Rahmen seiner Bemühungen, das sowjetische Erbe aufzupolieren, hat Russland Gesetze eingeführt, die die „Rehabilitierung des Nazismus“ unter Strafe stellen, darunter die „Entweihung“ von Gedenkstätten und die Infragestellung der Kreml-Version der Geschichte des Zweiten Weltkriegs.

„Es ist die ständige Selbstidentifikation mit der UdSSR als Sieger über den Nationalsozialismus und das Fehlen einer anderen starken Legitimation, die den Kreml gezwungen hat, die ‚Entnazifizierung‘ zum Ziel des Krieges zu erklären“, sagte Nikolay Epplee in einem Kommentar für das Carnegie Russia Eurasia Center. Die russische Führung sei „in einer durch die sowjetische Vergangenheit begrenzten Weltsicht gefangen“.

Militärfahrzeuge bei der Militärparade in Moskau
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Das russische Waffenarsenal soll Putin zufolge modernisiert werden

Auf die Ansprache des Präsidenten folgte der Aufmarsch der Soldaten. An Technik gezeigt wurden unter anderem mobile Abschussrampen der strategischen Atomraketen RS-24 Jars. Anders als im Vorjahr gab es trotz kalten Wetters mit Schneegestöber auch einen Überflug russischer Kampfjets.

In Tonaufnahmen, die am Dienstag aufgezeichnet worden waren, aber erst nach der Militärparade vom Kreml veröffentlicht wurden, kündigte Putin eine Modernisierung des russischen Waffenarsenals an. „Die moderne Militärtechnologie verändert sich sehr schnell. Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir immer einen Schritt voraus sein“, sagte er bei einem Treffen mit Armeekommandeuren.