Filmstill aus „Apfelmus“
Alexander Gratzer („Apfelmus“)
Animationsfilm

ORF.at-Publikumspreis an „Apfelmus“

Mit eindeutigem Votum ist „Apfelmus“ vom Publikum des Wiener Kurzfilmfestivals Vienna Shorts (VIS) zum besten österreichischen Kurzfilm unter zehn Minuten gekürt worden. Die Freude von Regisseur Alexander Gratzer am Sonntagabend im Stadtkino im Künstlerhaus war groß. Nun stellt er seinen siebenminütigen Animationsfilm dem Publikum von ORF.at eine Woche lang kostenlos zur Verfügung.

Manchmal sind es kleine Skizzen, die mehr zum Nachdenken anregen als so mancher Arthouse-Langfilm. Nur sieben Minuten lang dauert Gratzers „Apfelmus“. Er ist eine liebevolle Ode ans Herumpalavern – und an die Sinnlosigkeit. Ein Äpfelchen ist das Bindeglied zwischen drei verschiedenen Szenen mit ähnlichem Setting.

Der Hintergrund ist jeweils statisch und wunderschön gezeichnet. Jeweils zwei Figuren sind im Vordergrund, einmal sind das nistende Vögel, einmal zwei Wachmänner und einmal zwei Eisbären. Sie deklinieren die Schönheit der Sinnlosigkeit durch – auf jeweils unterschiedliche Weise.

„Wie’s wohl so als Eisbär wär’?“

Zwei Vögel sitzen im Nest. Der eine findet es unauthentisch, so weit oben herumzuhängen, so „gewollt“. Der andere sagt: „Was ich mag, ist diese Kombination aus Sicherheit und Gefahr.“ Der erste: „Irgendwie krieg ich das Gefühl nicht los, dass ich nur eine Rolle spiel. Kriegst du das Gefühl auch nicht los? Ich frag’ mich, wie’s wohl so als Eisbär wär’.“

Gefühlig und halbintellektuell

Das gefühlige, halbintellektuelle Herumgerede findet sich im Alltag heute überall wieder – Ratgebern sei Dank, entsprechenden Fernsehsendungen sei Dank, entsprechenden Artikeln in Magazinen sei Dank. Doch wer würde auf die oft ein bisserl sinnlose Küchenpsychologie und Alltagsphilosophie verzichten wollen? Und nach dem zweiten Bier hört sich das auch gar nicht mehr blöd an. Bei Vögeln wären das wohl vergorene Beeren.

Gehorsam um des Gehorsams willen

Zwei Soldaten in der Landschaft, ein bisschen wie angemalte Zinnsoldaten, die an Angehörige der Schweizer Garde erinnern sollen. Die beiden bewachen einen Höhleneingang. Einer von ihnen ist der Befehlsgeber, einer der Befehlsempfänger. Die Befehle sind herrlich sinnlos – „Und hop!“, „Wedel!“. Und der andere hopst und wedelt brav herum. Eine Metapher, die natürlich gut aufs Militär passt – aber bei weitem nicht nur. So sinnlos kann Gehorsam sein.

Der Arme Midlife-Crisis-Bär

In der lezten Szene dann die Eisbären. Allerlieblichste Gitarrenzupfmusik, eine bärig-warme Stimme: „Amelie, ich hab’ in letzter Zeit ein bisschen die Kontexte unser Dualität untersucht – und es offenbarte sich eine Wiederkehr des immer Gleichen. Tief drin, da ist ruinöses Eis, das verändert werden möcht’.“ Der arme Bär, er steckt in der Midlife-Crisis und will wieder hinaus auf die harte Scholle.

Filmhinweis:

„Apfelmus“ läuft beim VIS im Rahmen des Programms „Phantoms Of Liberty“ am Freitag um 18.00 Uhr im Stadtkino im Künstlerhaus.

Seine Liebste beweist Geduld, untersucht seine Rastlosigkeit, und hat auf all die komplexen Fragen, die sich Eisbärli stellt, die die fragile Konstruktion seiner spät-postadoleszenten Identität betreffen, eine bestechende, duftende, gut schmeckende Antwort: „Was du jetzt brauchst, ist ein Apfelmus.“ Aber dann muss sie raus, rein in die gute Luft, rein ins Rapsfeld. Der Twist am Schluss, der die Klammer schließt, oder, besser, den Loop des Films zu einem solchen macht, sei hier nicht verraten.

Ein wundervoller Film, den man eigentlich gleich mehrmals hintereinander sehen will.

Noch ein Tipp: Unbedingt auch Gratzers Filme „Im Wohnzimmer“ und „Espresso“ anschauen: