ehemaliger australischer Premierminister Malcolm Turnbull
AP/Lukas Coch
Machtkämpfe

Australiens Premiersamt als Schleudersitz

Scott Morrison ist neuer Premierminister Australiens. Er ist der siebente Regierungschef in nur elf Jahren. Er löst Malcolm Turnbull ab, der eine parteiinterne Revolte nur kurz parieren konnte. Doch der Machtkampf bei den regierenden Konservativen ist noch nicht ausgestanden – und Morrisons Tage im Amt sind vielleicht gezählt.

Turnbull hatte das Land seit September 2015 regiert, nachdem er seinen Parteikollegen vom Premiersposten geputscht hatte. Wegen der schlechten Umfragewerte geriet er aber in den vergangenen Monaten immer mehr in die Kritik. Auch der klassische Zankapfel der australischen Politik spielte eine tragende Rolle: die Klima- und Energiepolitik. Schon etliche Politiker bissen sich beim Versuch, eine fortschrittliche Umweltpolitik zu machen, an der mächtigen Bergbaulobby die Zähne aus.

Erste Abstimmung noch überstanden

Insbesondere der konservative Flügel begehrte gegen Turnbull auf. Eine erste Kampfabstimmung in der Fraktion gegen den Innenminister und Hardliner Peter Dutton konnte Turnbull am Dienstag noch gewinnen. Dutton trat daraufhin wie weitere Minister zurück und erhöhte damit den Druck auf den Premier. Am Freitag warf Turnbull das Handtuch.

neuer australicher Premierminister Scott Morrison
Reuters/David Gray
Der neue Regierungschef Morrison gilt als Kompromisskandidat der konkurrierenden Lager seiner Partei

Damit hat seit 2007 kein australischer Premierminister mehr eine volle Amtszeit durchgehalten. In einer Kampfabstimmung der Liberalen Partei musste sich Dutton dann jedoch dem bisherigen Schatzkanzler Morrison geschlagen geben. Für Morrison stimmten 45 Abgeordnete. Der ehemalige Polizist Dutton erhielt 40 Stimmen.

Heftige Grabenkämpfe

Turnbull gelang es zumindest, einen Sieg seines parteiinternen Gegners zu verhindern. „Die Aufständischen wurden nicht belohnt“, sagte er. Er sprach auch von einer „gezielten Revolte“ mit Hilfe bestimmter Medien, womit er das konservative Medienimperium Rupert Murdochs meinte. Morrison hingegen sei ein „sehr loyaler“ Schatzkanzler gewesen und habe gute Arbeit geleistet.

Der neue Premier gilt im Vergleich zu Dutton als gemäßigt – und das obwohl Morrison in seiner Zeit als Innenminister als Architekt der australischen Abschreckungspolitik gegen Flüchtlinge gilt. In seiner Amtszeit wurde begonnen, Geflüchtete auf Booten nicht mehr nach Australien zu lassen, sondern sie auf Inseln zu internieren.

Hauchdünne Mehrheit könnte verloren gehen

Nun muss Morrison versuchen, die zerstrittenen Liberalen wieder zu einen. Der Machtkampf um den Posten des Regierungschefs hat viele Gräben aufgerissen. Der unterlegene Dutton versicherte dem neuen Premierminister seine „absolute Loyalität“. Mit Interesse wird nun abgewartet, ob der Hardliner wieder ins Kabinett eingebunden wird.

Eine erste Bewährungsprobe für den neuen Partei- und Regierungschef Morrison dürfte die Nachwahl für einen Parlamentssitz in Sydney sein, der durch den erwarteten Rückzug Turnbulls aus dem Parlament nötig werden dürfte. Derzeit regieren die Liberalen gemeinsam mit der Nationalen Partei. Das Bündnis hat nur eine Stimme Mehrheit, geht die Nachwahl verloren, gibt es keine Regierungsmehrheit mehr.

Wahldesaster droht

Die nächste reguläre Wahl ist für das Frühjahr 2019 vorgesehen. In seiner ersten Rede als Regierungschef betonte Morrison, keine vorgezogene Parlamentswahl anzustreben – und das ist ein logischer Schritt: In allen Umfragen liegt derzeit die Labor-Opposition von Oppositionsführer Bill Shorten klar voran, und mit dem Chaos der vergangenen Tage dürfte das Ansehen der Regierungspartei weitere Patzer abbekommen haben.

„Senkt Eure Köpfe in Scham“ titelte die Zeitung „Northern Territory News“. Die Australier hätten die Nase voll von „Politikern, die ihre Eigeninteressen über die des Volkes stellen“. Morrisons Amtszeit könnte damit eine der kürzesten in der australischen Geschichte werden.