Der Militärkommandant Hans Hamberger
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Eurofighter-Ausschuss

Vorwürfe für Militär „unerträglich“

Der Eurofighter-U-Ausschuss hat am Donnerstag seine Arbeit aufgenommen. Er soll die Affäre endgültig aufklären. Die seit Jahren im Raum stehenden Vorwürfe seien für das Militär „unerträglich“, so der erste Befragte Hans Hamberger.

Hamberger, Leiter der 2012 eingesetzten „Taskforce Eurofighter“,
berichtete in einem Eingangsstatement über die Arbeit der Taskforce, die in eine Anzeige gegen den Hersteller des Kampfjets gemündet hatte. Die Republik Österreich erhob zwei Betrugsvorwürfe: Täuschung über den wahren Kaufpreis und über die wahre Lieferbarkeit der Flugzeuge.

Für das Militär sei es „unerträglich“, dass seit Jahren Vorwürfe im Raum stünden und kein Ende der Causa in Sicht sei. Man hoffe auf ein Ende durch die Justiz und fordere Schadenswiedergutmachung, so Hamberger, der an die Politik appellierte, das Bundesheer nicht ohne Luftraumüberwachungsflugzeuge zu lassen. Die Luftraumüberwachung dürfe nicht unterbrochen werden.

Der Militärkommandant Hans Hamberger
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Der Chef der „Taskforce Eurofighter“, Hans Hamberger, vor dem Ausschuss

Von Darabos eingesetzt

Der Militärkommandant leitete fünf Jahre lang die Taskforce. 2012 hatte der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) die Untersuchungsgruppe eingesetzt. Hamberger und sein Team sollten untersuchen, ob Österreich bei den Vorgängen um den Eurofighter-Kauf geschädigt wurde. 2017 präsentierte die „Taskforce Eurofighter“ ihren Abschlussbericht. Darin ist unter anderem von „Täuschungen“ durch die Hersteller Airbus und Eurofighter die Rede.

Der Bericht sei für die „Öffentlichkeit“ erstellt worden, so Hamberger. Das Papier sei deshalb bewusst kurz und einfach gehalten gewesen. Parallel dazu sei aber die deutlich längere und ausführliche Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft erstellt worden. Darin erstattete das Verteidigungsministerium unter Darabos’ Nachnachfolger Hans Peter Doskozil (SPÖ) Mitte Februar Strafanzeige wegen „arglistiger und betrügerischer Täuschungshandlungen“ um den Eurofighter-Kauf. Der Text der Anzeige sei damals geheim gewesen, so der Generalmajor.

Arbeit im Geheimen

Geheim und im Stillen arbeitete laut dem Kommandanten auch die Taskforce selbst. Man habe zu dem Zeitpunkt, als die Arbeit aufgenommen wurde, noch nicht gewusst, ob überhaupt etwas herauskommen werde. Am Ende seien dann aber zwei konkrete Betrugsvorwürfe gestanden.

Eine der zentralen Fragen der Taskforce waren die Kosten für etwaige Gegengeschäfte. In ihrer Arbeit sei die Taskforce auf Verkäuferseite auf zwei Arten solcher Kosten gestoßen. Zum einen sei Geld für jene vorgesehen gewesen, die die Nebengeschäfte abwickeln sollten. Zum anderen sei in den Aufstellungen auf Verkäuferseite aber noch eine zweite Kategorie genannt worden. Das „war für uns doch auch überraschend“, so Hamberger.

Dabei sei es um Zahlungen an Beraternetzwerke gegangen, die auf den Kaufpreis aufgeschlagen worden seien. Davon sei die Republik aber nicht informiert gewesen, worin Hamberger eine „arglistige Täuschung“ von Verkäuferseite sieht. Gegengeschäft sei nicht Gegengeschäft, so der Generalmajor. „Für einen Außenstehenden ist das schwer auseinanderzuhalten.“ Auch die Taskforce habe sehr lange gebraucht, um das auseinanderzuhalten.

Millionen an „Briefkastenfirma“

Schon früh habe man gesehen, dass die 183,4 Mio. Euro von Eurofighter an EADS Deutschland gezahlt worden seien, um die Gegengeschäftsverpflichtung weiterzugeben, sagte Hamberger. 114 Mio Euro gingen an Vector Aerospace – eine „Briefkastenfirma“ mit Sitz in London –, und verschiedene Zahlungen gingen direkt an Lobbyisten. Gefehlt habe aber lange Zeit der „Missing Link“, und der sei in den Konzepten gefunden worden. Diese enthielten nämlich bereits die genaue Planung für diese Konstrukte, so Hamberger.

Das Vector-Netzwerk sei geschaffen worden, da sich alle vier Herstellerländer in diesem wiederfinden sollten. Eingespeist worden sei das Geld über eine Serviceabteilung, aus dieser sei hervorgegangen, dass einerseits eine Dauerleistung zu erbringen ist, andererseits, dass für abgeschlossene Gegengeschäfte „im Sinne einer Provision Geld gezahlt wird“.

Angesprochen auf den Bußgeldbescheid aus München sagte Hamberger, dass das Verteidigungsministerium nicht darüber verfüge, er kenne lediglich die Presseaussendung dazu. In dieser werde auf Vector und City Chambers Bezug genommen: „Es wäre ein großer Zufall, wenn City Chambers in diesem Beschaffungsvorgang ganz wo anders aufgetreten wäre.“

Enge Zusammenarbeit mit Finanzprokuratur

Die Taskforce im Verteidigungsministerium war nicht die einzige, die sich mit dem Thema befasste. Auch im Wirtschaftsministerium wurde eine solche eingesetzt. Denn für den Vertrag über die Gegengeschäfte, der parallel zum eigentlichen Beschaffungsvertrag geschlossen wurde, war ebendieses Ministerium verantwortlich. Die Arbeit zwischen den beiden Taskforces sei „unterm Strich sehr ordentlich gelaufen“, so Hamberger. Wenngleich er anmerkte: „Wo gehobelt wird, da fallen Späne.“

Noch deutlich intensiver arbeiteten Hamberger und sein Team aber mit der Finanzprokuratur zusammen. Alle – insgesamt drei – eingebrachten Sachverhaltsdarstellungen, also Anzeigen, seien gemeinsam mit der Finanzprokuratur verfasst und eingebracht worden, so der Leiter der Taskforce.

Plädoyer gegen Gegengeschäfte

Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, nahm denn auch nach Hamberger auf dem Zeugensessel Platz. Peschorn wird gerne als Anwalt der Republik bezeichnet – und ist ein erprobter U-Ausschuss-Gast. Bei der parlamentarischen Untersuchung der Causa Hypo stand er den Abgeordneten ebenso Rede und Antwort wie beim Eurofighter-Ausschuss im vergangenen Jahr.

Peschorn machte sich in seiner Befragung am Donnerstag dafür stark, „Beschaffungsvorgänge von potenziellen Beeinflussungen freizuhalten, dazu gehören auch Gegengeschäfte“. Laut Peschorn war er es, der Darabos 2007 vorschlug, eine Taskforce im Verteidigungsministerium einzurichten. Seit diesem Zeitpunkt sei die Finanzprokuratur „in wechselhafter Geschichte und wechselhafter Intensität“ mit dem Ministerium in Verbindung gestanden.

Aber „Gegengeschäfte in concreto haben wir uns nicht angeschaut“, so Peschorn auf eine entsprechende Nachfrage. „Da hätte es einen Auftrag des zuständigen Ministers (des Wirtschaftsministers, Anm.) gebraucht ,und den hat es nicht gegeben“, so Peschorn. Bereits zuvor hatte der Präsident der Finanzprokuratur ausgeführt, dass die obersten Entscheidungsgremien der Republik auf die Beratung seiner Behörde zurückgreifen könnten, aber eben nicht müssten. So war die Finanzprokuratur auch rund um den Beschaffungsvertrag Anfang der Nullerjahre nur „ganz punktuell zu einzelnen ganz konkreten Fragestellungen eingebunden“.

Sobotka: Guter Zeitplan

Nationalratspräsident und Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) will für einen „ordentlichen Ablauf“ sorgen, wie er am Donnerstag zu Beginn vor Journalisten und Journalistinnen sagte. Mit allen Fraktionen gemeinsam sei ein „guter Zeitplan“ vereinbart worden, mit einem Ergebnis sei daher im nächsten September zu rechnen. Sollten neue Themen auftauchen, gebe es situationsangepasste Änderungen, meinte Sobotka.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka
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Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka führt den Vorsitz

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Ottenschläger will aus dem Ausschuss für künftige Beschaffungen lernen, „damit wir es nächstes Mal noch besser machen“. Ottenschläger forderte im Ausschuss eine sachliche Aufarbeitung und betonte, er werde kein Vorab-Resümee wie manche andere ziehen.

Pilz mit Tafel

FPÖ-Fraktionsführer und Wehrsprecher Reinhard Bösch will die aus dem letzten, vorzeitig beendeten Eurofighter-U-Ausschuss offen gebliebenen Fragen klären. „Wir werden die im Dunkeln gebliebenen Ecken ausleuchten“, so Bösch. NEOS-Fraktionsführer Michael Bernhard will die Arbeit der „Taskforce Eurofighter“ im Verteidigungsministerium kritisch beleuchten. Diese habe in fünf Jahren nur einen 30-Seiten-Bericht zustande gebracht. Die SPÖ monierte, dass aus der Finanzprokuratur keine Unterlagen vorliegen. Die NEOS-Kritik, dass die Taskforce schlecht gearbeitet habe, konnte Rudolf Plessl (SPÖ) nicht nachvollziehen.

Liste-Pilz-Abgeordneter Peter Pilz setzte indes auf kleinen Aktionismus. Er stellte bei seinem Pressestatement eine Tafel mit „Schmiergeld-Netzwerk“ auf. Ziel des Ausschusses sei es, die „der Republik gestohlenen 183 Mio. Euro zurückzuholen“, so Pilz. Auch soll das Unternehmen nicht mehr an Ausschreibungen in Österreich teilnehmen dürfen. Pilz will auch das „Bußgeld“ von 80 Mio. Euro aus Bayern für Österreich holen.

Eurofighter-Ausschüsse kosteten rund 2,1 Mio.

Unterdessen berichtete der „Standard“ am Donnerstag über die Kosten der Aufklärung. Die bisherigen Untersuchungsausschüsse in der Causa hätten rund 2,1 Mio. Euro gekostet. Die Kosten für den ersten, von der rot-schwarzen Koalition abgedrehten U-Ausschuss beliefen sich auf 425.000 Euro, die zweite Runde, die im Vorjahr aufgrund der Neuwahl ihre Arbeit einstellen musste, kam laut Parlamentsdirektion auf 1,7 Mio. Euro.