A man fills a tank truck with drinking water to be distributed during a running water cut off due to maintenance tasks in Mexico City on October 31, 2018. – Officials announced a cut off of four days starting Wednesday due to major maintenance operations. (Photo by ALFREDO ESTRELLA / AFP)
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Zufuhr gekappt

Millionen in Mexiko-Stadt ohne Wasser

Bei Millionen Einwohnern von Mexiko-Stadt kommt seit Mittwoch kein Wasser mehr aus der Leitung. Grund sind Wartungsarbeiten bei der wichtigsten Wasserzufuhr – ein gigantisches Projekt, auf das die Menschen schon seit Wochen vorbereitet wurden. Dennoch habe sich inzwischen eine regelrechte „Psychose“ entwickelt.

Seit Wochen herrscht ein Run auf Wasser in Flaschen, die Preise für Wasser stiegen ins Astronomische. Viele Einwohner und Einwohnerinnen füllten alle Behälter, die sie finden konnten. Betroffen sind alle, die von dem dringend wartungsbedürftigen Leitungssystem Cutzamala, das die Millionenmetropole mit Süßwasser aus den Bergen versorgt, abhängen – das sind mehr als die Hälfte der über acht Millionen Hauptstadt-Einwohner sowie drei Millionen weitere Bewohner aus dem benachbarten Bundesstaat Michoacan.

Ihnen riet der Leiter des städtischen Wassersystems, Ramon Aguirre, in den kommenden Tagen keine Wäsche zu waschen und auf Duschen oder Baden zu verzichten. Vorsorglich blieben die Schulen geschlossen, und viele Einwohner zogen es vor, die Stadt zu verlassen: Mexiko begeht am Freitag den „Tag der Toten“, und viele Unternehmen in der Hauptstadt genehmigten ihren Angestellten bereits für Donnerstag einen freien Tag.

Keine Wäsche waschen

Die Bewohner der Stadt müssen nach Angaben der Behörden bis mindestens 4. November mit keinem oder weniger Wasser auskommen. In manchen Stadtteilen kann der Wasserstopp auch bis zum 8. November dauern. Die Verwaltung der Hauptstadt des lateinamerikanischen Landes rief die Bevölkerung auf, während dieser Tage keine Wäsche zu waschen und Wasser zu rationieren.

Tanklastwagen mit Wasser in Mexico City
APA/AFP/Alfredo Estrella
Viele müssten mit dem Wasser auskommen, das ihnen Tanklaster der Stadt liefern

Die Stadtverwaltung forderte rund 500 Tanklaster an, die frisches Wasser nach Mexiko-Stadt bringen. Außerdem verfügen viele Wohnhäuser Wassertanks auf dem Dach, die für mehrere Tage reichen. Auch die Einkaufszentren sind dank eigener Reserven für die nächsten Tage nicht auf die städtische Versorgung angewiesen. Krankenhäuser erhalten kostenlos Wasser, und in einigen Gebieten haben die Behörden Notfallzisternen installiert.

Wasserknappheit an der Tagesordnung

Der Wasserstopp ist nicht der erste, der Mexiko-Stadt trifft. Diesmal sind aber besonders viele der rund 8,8 Millionen Einwohner der Stadt betroffen. Zudem fällt der Wasserstopp mit dem Feiertag „Dia de los Muertos“ („Tag der Toten“) zusammen, zu dem sich viele Touristen in Mexiko-Stadt befinden.

Das Cutzamala-System

Auf einer Länge von 162 Kilometern mit 940 Metern Höhenunterschied versorgt das System Millionen Menschen in Mexiko-Stadt und den umliegenden Bezirken mit Frischwasser. Der älteste Teil wurde 1982 eröffnet, wobei das Netz kontinuierlich erweitert wurde. Heute ist es eines der größten Trinkwassersysteme der Welt.

Wasserknappheit ist in Mexiko-Stadt ohnehin keine Premiere. 20 Prozent der Stadtbevölkerung werden nur unzuverlässig und mit krankmachendem Wasser aus der Leitung versorgt; Lieferungen mit Tankwagen sind teuer. Rund 40 Prozent des Trinkwassers gehen zudem Schätzungen zufolge durch undichte Wasserrohre verloren. Auch im Umland bekommen 500.000 der 2,5 Millionen Haushalte nur unregelmäßig Wasser – und 45.000 Haushalte haben überhaupt kein fließendes Wasser.

Ökologische und ökonomische Folgen

Neben dem Cutzamala-System nutzen die Behörden seit Jahrzehnten einen Grundwasserspeicher, der auf den Sümpfen der ehemaligen Azteken-Hauptstadt Tenochtitlan errichtet wurde. Das hat Konsequenzen: In einigen Gebieten sinkt seitdem der Boden. Zudem belasten Klimaerwärmung und eine allfällige Abnahme der Niederschläge die Versorgungssicherheit. Ein nachhaltiger Umbau der Wasserversorgung würde 200 Milliarden Pesos (knapp neun Milliarden Euro) kosten, weshalb die aktuelle Regierung im Jahr 2017 zur Privatisierung der Wasserversorgung tendierte.

Luftbild von Mexico City
Reuters/Jorge Lopez
Die Millionenmetropole Mexiko-Stadt bei Sonnenaufgang

Seit Jahren verschärft das rasche Bevölkerungswachstum das Wasserproblem im ganzen Land. In Mexiko hat sich die Zahl der Einwohner in den vergangen 50 Jahren mehr als verdreifacht. Ein Sechstel der knapp 125 Millionen Mexikaner lebt in der Hauptstadt, die bereits auf Wasser aus weit entfernten Regionen zurückgreifen muss. Die oberirdischen Wasservorräte seien „praktisch aufgebraucht“, hieß es in einer Studie der Nationalen Wasserkommission (CNA). Sie bezeichnete den Umgang mit Wasser als ein „Thema der nationalen Sicherheit“.